Abtei Mariawald: Ort geistlicher Erneuerung

10. Mai 2012 in Aktuelles


Aus einem Gespräch mit Abt Dom Josef Vollberg OCSO über das Trappistenkloster, das seit 2008 wieder die strenge Regel der Zisterzienser eingeführt hat und die Liturgie in der überlieferten Form feiert. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Ein Trappistenabt stützt sich in Rom auf dem Petersplatz auf eine der hölzernen Schranken, die von je her für die Umgrenzung von Abschnitten und Wegen auf der riesigen Fläche benutzt werden. Durch die so entstandenen Gänge bewegt sich der Papst während der Generalaudienzen, wenn er auf dem Papamobil segnend und grüßend durch die Menge der Pilger fährt, damit ihn so viele wie möglich aus der Nähe sehen können. Ein Trappistenmönch vor den den Platz Tag um Tag bevölkernden Massen. Ein Abt vor der Fassade der Petersbasilika unter dem Appartamento des Papstes, im prunkvollen und institutionellen Mittelpunkt der Weltkirche. Sein einfaches und ein wenig verschlissenes Gewand „stört“. Der Mönch hat sich nicht rausgeputzt, obwohl er einigen wichtigen Persönlichkeiten aus der Römischen Kurie begegnen sollte oder musste.

Am 11. November 2011 feierte die Abtei Mariawald das Jubiläum des 500. Jahrestages der Kirchweihe. Mariawald, die einzige Trappistenabtei Deutschlands, liegt am Rande des Nationalparks in der Eifel. In den Wirren einer wechselhaften Geschichte wurde das Kloster mehrfach aufgehoben und zerstört, aber immer wieder wurde auch ein Neuanfang gewährt.

Das Gewand „stört“ umso mehr, da es das Gewand des Oberen eines Klosters ist, das zur strengen Regel des Zisterzienserorden zurückgekehrt ist. Papst Benedikt XVI. gewährte der Abtei im Jahr 2008 dieses Privileg. Seither wird im Trappistenkloster die heilige Liturgie wieder in der überlieferten Form gefeiert, die seit dem Motu proprio „Summorum Pontificum“ die „außerordentliche Form des einen Römischen Ritus“ genannt wird. Nach den Verunsicherungen und Umbrüchen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, die auch Mariawald nicht verschont hatten, war dies ein Ereignis von außerordentlicher Bedeutung.

Der Abt Dom Josef Vollberg, der gerade am 29. April die erste feierliche Profess eines Mitbruders feiern konnte, der nach der erneuernden Rückkehr zur alten Ordnung in das Kloster eingetreten war, weiß, dass seine Anliegen und der unter ihm vollzogene Schritt vor allem auch in seinem Orden keine einmütige Zustimmung finden. Dies hindert ihn nicht daran, zusammen mit seinen Mitbrüdern den Weg der geistlichen Erneuerung fortzusetzen.

Seit 2008 ist wieder das Lateinische die Sprache der Liturgie. Es gehört nicht nur zur heiligen Messe, berichtet Dom Josef, sondern auch zum Stundengebet mit seinem altehrwürdigen gregorianischen Gesang. An ausgewählten Sonntagen unterstützt eine Schola von sechs versierten Enthusiasten die Mönche. Das gesamte Leben der Mönche ist im Sinne der Tradition neu strukturiert worden – eine nicht leichte Aufgabe. So beginnt das Offizium um 3 Uhr in der Nacht. Täglich wird eucharistische Anbetung gehalten.

Es findet Unterricht in den ordensrelevanten Fächern statt, z. B. Einführung in die Heilige Regel, Einführung in die Heilige Schrift, Ordens- und Hausgeschichte, Spiritualität und natürlich auch in Latein. Regelmäßige Kapitelansprachen des Abtes dienen der Formung des Konvents. Daneben ist die Handarbeit wieder belebt worden, vor allem in der Pflege des ausgedehnten Gartens. Ein Unternehmen besonderer Art ist das 2010 eingeführte Hausstudium im Fach Theologie mit allen ihren Teilgebieten. Es unterrichten hier renommierte Professoren aus dem In- und Ausland, um auf diese Weise Studenten zu ermöglichen, während der Ausbildung das mönchische Leben beizubehalten, also nicht das Kloster verlassen zu müssen.

Um der Würde der Liturgie auch äußerlich zu entsprechen, wurden – bei aller zisterziensischen Bescheidenheit, deren Ziel jedoch allein der Gottesdienst ist – neue Messgewänder erworben, u. a. eine Kasel. Der Kelch des Abtes wurde restauriert. Für den Altar wurden neue Antependien hergestellt und neue Leuchter beschafft. Es besteht die Hoffnung, dass demnächst auch ein neuer (tatsächlich alter) Altar aufgestellt werden kann, eine fromme Stiftung. Mit diesem soll der außerordentlichen Liturgie eher entsprochen werden als durch den vorhandenen Felsentisch.

Das Kloster muss die Kosten der Lebenshaltung, die seiner großen Anlage und die des Hausstudiums tragen, Kosten, die nicht vom kleinen Konvent allein bestritten werden können, weiß der Abt auch mit besorgtem Blick. Deshalb sind die ehemals selbstbestellten Ländereien verpachtet, deshalb unterhält das Kloster ein Restaurant (welches bei gutem Wetter bisweilen überfüllt ist), deshalb werden im Klosterladen eigene Erzeugnisse angeboten, etwa Klosterlikör und Bienenhonig, deshalb versucht die Buch- und Kunsthandlung Käufer zu finden für Artikel eines ausgesucht gutkatholischen Sortiments. In Kürze wird eine Veranstaltungsreihe des Buchladens beginnen, in der durch besondere Lesungen etwas vom charakteristischen Geist Mariawalds bekannt gemacht werden soll. Weiterhin sind Spenden eine unverzichtbare Quelle für die materielle Existenz der Abtei.

Ein Kloster, eine Abtei war in der Vergangenheit stets Ort geistlicher Ausstrahlungskraft. Man denke nur an die mittelalterliche geistliche Erneuerung der Universalkirche, deren Mittelpunkte stets die geistliche Ordnung der Klöster war, unter denen ein Name wie „Cluny“ herausragt. Schön wäre es daher auch, wenn es gelänge, für Mariawald das Bewusstsein wiederzubeleben, dass die Abtei über Jahrhunderte ein blühender Wallfahrtsort war. Das Gnadenbild, eine Pietà aus dem späten 15. Jahrhundert, sichtbares Ziel der Wallfahrer, musste während der Säkularisation ins benachbarte Heimbach gerettet werden, wo dadurch ein neuer Wallfahrtsort entstand. In Mariawald befindet sich nur noch eine Kopie, was aber die Gottesmutter nicht hindern dürfte, die Huldigung ihrer Kinder auch am ursprünglichen Ort anzunehmen.

Ein besonderes Ereignis war die schon erwähnte Feierliche Profess von Bruder Johannes am 29. April 2012. Aus der eindrucksvollen, an Zeichen reichen Liturgie sei das zweite der Vier Gebete zitiert. Während sie gesprochen wurden, lag der Professe zum Zeichen der in Demut vollzogenen inneren Erneuerung vor dem Altar hingestreckt auf dem Boden. Übersetzt aus dem lateinischen Original, lautet es: „O Gott, Du hast durch Deinen gleichewigen Sohn alles erschaffen. Du hast die Welt, die in Sünde heillos verstrickt war, durch das Geheimnis seiner Menschwerdung erneuert. Wir bitten Dich demütig, möge die Gnade unseres Herrn Jesus Christus auf diesen Deinen Diener herabkommen, der nun die Absage an diese Welt gelobt. Durch Deine Gnade ist sein Geist erneuert worden, und er zieht den alten Menschen mit seinen Werken aus. So möge er erlangen, dass er sich mit dem neuen Menschen bekleiden kann, der in Gott erschaffen ist. Durch unseren Herrn …“.

Das Geschenk der Profess und der vor Monaten erfolgte Eintritt eines Postulanten sind Anzeichen einer Konsolidierung. Sie beleben die Hoffnung von Dom Josef, dass sich der auf 13 Mitglieder reduzierte Konvent verjüngen und kräftigen wird. (Unter den 13 sind drei Extraterritoriale, ein Einsiedler in der Schweiz, ein Bruder in Belgien und ein Pater in einer anderen Zisterzienserniederlassung). Ein Mittel auf dem Weg zur Stärkung des Konvents ist auch die 2011 beschlossene Verwaltungsreform, die durch Einführung eines von Laien geführten Prokuratoriums den Abt von weltlichen Geschäften entlasten und den Mönchen die Erfüllung ihrer ureigenen Berufung erleichtern soll.

Zentrum des Lebens der Trappistenabtei aber ist wie von jeher die Verehrung Gottes in der heiligen Liturgie, in Gebet und Opfer: „Nichts darf, wie der Mönchsvater Benedikt sagt, dem ‚opus Dei’ vorgezogen werden“, so der Abt. Die Freude, dass in Mariawald diese Verehrung in der durch die Jahrhunderte und das Leben zahlloser Heiliger geadelten tradierten Form vollzogen wird, zeigt sich an manchem Festtag, wenn die Kirche die Zahl der mitfeiernden Gläubigen nicht fassen kann.

„Jahr des Glaubens“, „Neuevangelisierung“: so lauten die Stichworte, die Benedikt XVI. dem Leben der Kirche für die kommenden Jahre vorgegeben hat. Die Abtei Mariawald ist ein kleiner Ort, der im großen Meer der Kirche vor wichtige Bezugspunkte dieser großen Aufgaben stellen kann. Gerade auch, weil sie „stört“ wie ein Trappistenmönch auf dem Petersplatz.

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