Wiener Diözesansprecher: "Viri probati" für Europa keine Hilfe

9. November 2019 in Chronik


Schönborn-Pressesprecher Prüller in Kirchenzeitung "Der Sonntag": Leichte Verfügbarkeit von Priestern würde Versuchung stärken, in Gemeinden "alles so lassen, wie es ist".


Wien-Graz (kath.net/KAP/red)
Durchaus unterschiedliche Einschätzungen gibt es in Österreichs Kirche zur Frage, ob es eine katholische Priesterweihe für verheiratete Männer ("viri probati") geben soll. Während etwa der umstrittene Theologe Paul M. Zulehner diesen Vorschlag - den eine Bischofssynode im Oktober als Ausnahmefälle in der Amazonien-Region befürwortet hatte - auch in Europa rasch umsetzen will und danach den Priestermangel beendet sähe, warnt der Kommunikationschef der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, vor solchen Rückschlüssen. "Wir sind nicht Amazonien", so der Sprecher von Kardinal Schönborn in der Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 7. November). Die Weihe Verheirateter könnte hierzulande den Schrumpfungsprozess der Kirche sogar noch begünstigen.

Obwohl auch in Österreich Priestermangel beklagt werde, sei die hiesige Situation nicht mit jener Amazoniens vergleichbar, legte Prüller dar. So sei etwa die Diözese Xingu viermal so groß wie Österreich und habe nur 33 Priester für 15 riesige Pfarren mit 850 Basisgemeinden. Jeder Priester habe dort zehnmal mehr Katholiken zu betreuen als in Österreich mit seinen 4.000 Priestern, wo derzeit einer auf rund 1.100 Katholiken kommt. Im Unterschied zu Österreich wachse die Kirche in Amazonien zudem noch, habe eine weit kürzere Geschichte und sei heute einer enormen Konkurrenz durch priesterlose Freikirchen ausgesetzt.

Verheiratete Priester seien in dieser speziellen Situation "noch nicht der Weisheit letzter Schluss", könnten aber immerhin zu Stabilisierung und Wachstum der Gemeinden beitragen, befand Prüller. Nicht jedoch in Europa: Gelockerte Zugangsbestimmungen für das Priesteramt würden hierzulande nur dazu führen, "dass man immer jemanden hat, den man zum Ortspriester weihen kann". Die Grundhaltung, dass es dann "eh immer irgendwie weitergehen" könne, und somit auch die "Versuchung, alles so zu lassen wie es ist", würden dadurch bestärkt. Dies sei bedenklich, da die Kirche derzeit "nicht wirklich ein Erfolgsmodell" sei, bekannte Prüller. Seine Einschätzung: "Unsere eigenen Probleme brauchen schon ihre eigenen Antworten."

Von Lateinamerika lernen könne Europas Kirche laut dem Diözesansprecher aber allemal, wenngleich auf anderer Ebene: Dass die Menschen dort in einer seriösen Umfrage des Jahres 2014 als Hauptgrund für ihren Wechsel von der katholischen Kirche zu einer Freikirche angegeben hatten, sie hätten eine "persönlichere Beziehung zu Jesus Christus" gewünscht, "könnte auch uns auf eine gute Spur bringen, wenn wir über das Bewahren hinaus die Kirche wirklich erneuern wollen", so Prüller.

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