"Eine klare, kirchenpolitische Kriegserklärung an die traditionelle Hl. Messe"

26. Juli 2021 in Interview


kath.net-Interview mit Alexander Tschugguel über das Papst-Schreiben "Traditionis custodes" und mögliche Proteste in Wien und in Rom


Wien (kath.net)

kath.net: Wie ist Deine Einschätzung zum Dokument "Traditionis custodes nach einigen Tagen Nachdenken?

Alexander Tschugguel: Zuerst einmal muss ich sagen, dass mich dieses Dokument einerseits nicht und andererseits doch sehr schockiert hat. Einerseits nicht, da es ja schon seit langem die Gerüchte um so ein Schreiben gab und andererseits schon, da es ungemein harsch geschrieben ist und viele Gläubige vor den Kopf gestoßen hat. Meiner Meinung nach handelt es sich bei diesem Schreiben um eine klare, kirchenpolitische Kriegserklärung an die traditionelle Hl. Messe. Es stellt sich daher die legitime Frage: Darf der Hl. Vater das überhaupt? Kann der Papst die Form der Hl. Messe abschaffen, die sich seit Christus organisch entwickelt hat und die von den meisten großen Heiligen, die wir kennen und verehren, genau so gefeiert worden ist? Kann er sie zugunsten einer am Schreibtisch erstellten Form einfach für sozusagen illegal erklären? Ich denke nicht, aber ich glaube, dass diese Frage von guten Kirchenrechtlern jetzt geklärt werden sollte. Meiner Meinung nach widerspräche das völlig dem wichtigen Grundpfeiler unseres Glaubens, der Tradition.

kath.net: Wie ist eine erste Einschätzung über die Reaktionen der Bischöfe weltweit? Man hat fast das Gefühl, dass inbesonders in den USA sich in der Praxis kaum was ändern wird, auch im deutschen Sprachraum ist es relativ ruhig. Also viel Lärm um nichts?

Alexander Tschugguel: Egal wie oft wir davon lesen, dass ein Bischof angeblich oder tatsächlich eher konservativ oder eher liberal ist, so zeigt diese Reaktion doch deutlich, dass vielen Bischöfen klar ist, welche Aufgabe sie eigentlich haben: Sie müssen sich um ihre Schafe kümmern. Daher verwundert es auch nicht, wenn wir nun sehen, dass viele Bischöfe das wichtige Anliegen der Gläubigen und auch der Priester, die traditionelle Hl. Messe weiterhin besuchen beziehungsweise zelebrieren zu dürfen, ernst nehmen und dementsprechend handeln. Natürlich war zu erwarten, dass einige Bischöfe anders handeln, doch muss ich, Hand aufs Herz, doch zugeben, dass mich das überhaupt nicht überrascht hat.  Viel Lärm um nichts kann es insofern nicht sein, als dass die Hl. Messe niemals als „nichts“ bezeichnet werden kann.

kath.net:  In der Erzdiözese Wien hat der Kardinal angeordnet, dass in einer bekannten Wiener Pfarrei die Messen im überlieferten Ritus nicht mehr in der Kirche stattfinden dürfen? In den USA haben Bischöfe hingegen genau diesen Punkt durch einen Dispens entschärft. Wirkt dieses Verhalten des Kardinals nicht ziemlich bizarr, wenn gleichzeitig im Stephansdom Conchita Wurst auftreten darf und sogar ab August das Impfen in der Kirche ermöglicht wird?

Alexander Tschugguel:  Natürlich wirkt das sehr bizarr, wobei mich offen gestanden weniger die Tatsache verwundert, dass Kardinal Schönborn gemäß dem neuen Motu Proprio handelt, als viel eher, dass er kein Problem damit hat, den Dom zu einer Impfstraße umzuwandeln. Man darf niemals vergessen, dass es sich fast ausschließlich um Impfungen handelt, die abtreibungsbefleckt sind. Doch selbst wenn das nicht der Fall wäre, frage ich mich, weshalb das notwendig ist. Die Kirche ist ein Gotteshaus und keine Einrichtung für derlei Aktivitäten, besonders nicht, wenn sie so klar gegen unseren Glauben verstoßen. Ich protestiere dagegen aufs allerschärfste und freue mich, dass es bereits eine Petition dagegen gibt. Meine Freunde und ich erwägen,  auch darüber hinaus aktiv zu werden.

kath.net: Wie kann man als Katholik damit umgehen? Sind Proteste in Wien geplant?

Alexander Tschugguel: Zuerst einmal müssen wir jetzt die Priester unterstützen, die die traditionelle Hl. Messe feiern. Wir sollten alle diese wunderschönen Messen regelmäßig besuchen. Das hat zwei Gründe: Einerseits können wir uns so immer vor Augen führen, dass die Hl. Messe ein echter Gottesdienst ist und eine wahre Opferfeier und wir Zeugen des größten Liebesaktes auf Erden werden dürfen. Andererseits lernen wir so die Gemeinden kennen und können uns ein eigenes Bild von ihnen machen.  Proteste sind derzeit viele geplant, aber nur eine wirkliche Liebe zur Liturgie und vor allem zu Gott ist ausschlaggebend. Die Hl. Messe ist ein Geschenk des Herrn und muss dementsprechend sorgfältig behandelt werden. Die Kirche ist außerdem keine Demokratie in der man durch Mehrheitsfindung entscheidet. Wir müssen unserer Liebe zu Hl. Messe Ausdruck verleihen und bereit sein, in naher Zukunft deshalb viele Opfer für sie zu erbringen.

kath.net:    Sind auch Proteste in Rom vorstellbar?

Alexander Tschugguel: Es wird derzeit natürlich viel über Proteste in Rom nachgedacht, wobei ich diese Gedanken eben nicht als Protest, sondern eher als Ausdruck des Glaubens bezeichnen würde. Die unzählbaren Gläubigen, denen die traditionelle Hl. Messe am Herzen liegt, wurden durch das Motu Proprio so vor den Kopf gestoßen, dass es sicherlich gut wäre, wenn sie mit vereinter Stimme in Rom ihrer Liebe zur Tradition und zur Kirche Ausdruck verleihen würden.  Es ist meine Überzeugung, dass die traditionelle Hl. Messe nicht nur dieses Pontifikat überleben wird, sondern schneller als wir glauben sogar wieder die einzige Form des römischen Ritus darstellen wird. Wenn ihr der Krieg erklärt wird, dann steht meiner Meinung nach der Sieger bereits seit 2000 Jahren fest.


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