Leichenfunde in Kanada: Publizist spricht von "Geschichtsfälschung"!

30. Juli 2021 in Chronik


Autor und Geisteswissenschaftler Pablo Munoz Iturrieta widerspricht im Kathpress-Interview Darstellung eines "Völkermords" der katholischen Kirche an Kanadas Indigenen - Bereits 52 Kirchenbrände


Ottawa/Wien (kath.net/KAP) In Kanada gab es Anfang des 20. Jahrhunderts an kirchlichen Schulen keinen "Völkermord" an indigenen Kindern, die von Ordensleuten systematisch ihrer Kultur beraubt, missbraucht, mittels schlechter Behandlung umgebracht und in Massengräbern verscharrt worden seien: Mit dieser Kritik an jüngsten Medienberichten lässt der kanadische Publizist und Wissenschaftler Pablo Munoz Iturrieta aufhorchen. Wie der gebürtige Argentinier am Donnerstag im Interview mit Kathpress dargelegt hat, sprächen die historischen Fakten klar dagegen. Eine "Geschichtsfälschung" mit bereits jetzt verheerenden Folgen werde betrieben, so der Autor.

Seit Ende Mai hatten Berichte über Funde von insgesamt über tausend Kinderleichen im Umfeld sogenannter "Residential Schools" - vorwiegend von der katholischen Kirche geführte Internate für Indigene, die vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1980er-Jahre existierten - die Nachrichtenwelt in Aufruhr gebracht. Dass es diese namentlich nicht gekennzeichneten Gräber gab, wusste man schon länger: Um eine Aufarbeitung hatte sich in Kanada eine staatliche Kommission gekümmert, die ihren Abschlussbericht 2015 verfasste, betonte Munoz. Alle jetzigen Funde seien darin schon verzeichnet gewesen.
Erneut ins Gespräch gebracht habe diese Leichenfunde nun Justin Trudeau, um seiner Indigenen-Politik Nachdruck zu verleihen. Der kanadische Premier hatte auch Papst Franziskus aufgefordert, nach Kanada zu kommen und im Namen der Kirche die Angehörigen der als "First Nations" bezeichneten Ureinwohner um Vergebung für in der Geschichte zugefügtes Leid zu bitten. Nicht vergessen dürfe man dabei, dass der kanadische Staat für das Bildungswesen zuständig und Auftraggeber der kirchlichen Schulen war, bemerkte der Philosoph und Theologe.

Keine erzwungene "Umerziehung"

Was der Kirche vorgeworfen werde, sei großteils nicht haltbar, betonte Munoz. Ein "Überstülpen" der christlichen Kultur habe es sicher nicht gegeben, da die Ureinwohner zuallermeist schon lange zuvor Christen gewesen seien, mit einem eigenen indigenen Klerus bereits ab Mitte des 17. Jahrhunderts. "Die Missionare gingen äußerst behutsam mit der Kultur der Indigenen um. Dass diese bis heute ihre Sprache sprechen, verdanken sie vor allem katholischen Priestern", so der Wissenschaftler. Ebenso sei an katholischen Residential Schools vorwiegend in den Indigenen-Sprachen unterrichtet worden.

In den Anfängen der Indigenen-Schulen hätten die Familien die Kinder dorthin freiwillig gesendet, wobei besonders die bessere Ernährung, der Schutz vor der Kälte in den Wintermonaten sowie auch das Erlernen eines Handwerks eine Rolle gespielt habe. 1920 habe Kanada dann die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Eine Kindeswegnahme mit Polizeigewalt wie von manchen behauptet habe die Kirche auch danach nicht betrieben, sagte Munoz. "Wohl aber gibt es Berichte, dass einzelne Schüler an Tuberkulose erkrankten und die Stämme ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken wollten aus Angst vor Infektionen." Eine medizinische Aufnahmsprüfung für neue Schüler sei daraufhin eingeführt worden.

Todesursache vor allem Infektionen

Die Tuberkulose - für die in Kanada erst um 1950 die Impfung kam - und insbesondere die Pandemie der Spanischen Grippe von 1918 bis 1920 seien jedenfalls auch die wichtigste Todesursache der Kinder, um deren Leichen es nun gehe, betonte der kanadische Publizist. Statt in "Massengräbern" seien die Toten in jeweils eigenen Gräbern mit jeweils einem eigenen Kreuz bestattet worden. Dass die Namen darauf nicht verzeichnet wurden, sei aus Respekt vor einer entsprechenden indigenen Tradition geschehen, sagte Muñoz. Wohl aber seien die Verstorbenen namentlich in den Akten verzeichnet worden - "was im Fall eines tatsächlichen Genozids nie geschehen wäre".

Dass es an Residential Schools neben aus heutiger Sicht höchst fragwürdiger Gewalt in der Erziehung - die früher in allen Schulen weitverbreitet war - auch Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch gab, stellte Munoz nicht in Abrede. Eine Aufarbeitung sei hier wichtig, man müsse aber auch hier differenzieren: "Die heute bekannten Missbrauchsfälle in Kanadas katholischer Kirche betreffen vor allem die 1970er und 1980er Jahre, als die Indigenen-Schulen schon am Auslaufen waren." Direkte Verbindungen zu den Kinderleichen zu ziehen sei dabei nicht angebracht.

Bereits 52 Kirchenbrände

Große Sorge bereitet dem in mehreren Universitäten in Kanada, der USA und Argentiniens lehrenden Wissenschaftler, Blogger und katholischen Autor die Folgen des auf Übertreibungen gestützten Narrativs zu den Kinderleichen. So seien in den vergangenen beiden Monaten in Kanada bereits 52 Kirchen angezündet worden und teilweise ganz niedergebrannt, darunter historische Kirchen in Indigenen-Reservaten sowie Gotteshäuser von Migranten-Gemeinden verschiedener Konfessionen. "Die Regierung hat bisher nichts unternommen, um dies aufzuhalten oder um die Vorgänge zu untersuchen und die Täter auszuforschen", klagte Muñoz.

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Foto: Indigene in Kanada - Museumsszene in Banff/Alberta


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