Papst Franziskus: "Abtreibung ist ein Mord, wer eine Abtreibung durchführt, tötet!"

16. September 2021 in Aktuelles


Klare Worte von Papst Franziskus gegen Abtreibung und gegen ein Ehesakrament für homosexuelle Paare - „Bitte lasst die Kirche ihre Wahrheit nicht leugnen“, Kirche „hat keine Macht, die Sakramente zu ändern, der Herr hat sie so eingesetzt“


Vatikan (kath.net) kath.net dokumentiert einige Passagen aus einem Pressegespräch von Papst Franziskus (Archivfoto) mit mitreisenden Journalisten beim Rückflug von Bratislava (Slowakei) nach Rom in eigener Übersetzung nach dem Transkript des italienischsprachigen Interviews, das Vatican News veröffentlicht hat.

Papstaussagen zum Thema „Ungarn“ und „Europa“:

Istávan Károly Kuzmányi (Magiar Kurir): Heiliger Vater, wir danken Ihnen für Ihren Besuch in Budapest, wo Sie Kardinal Mindszenty zitierten, der sagte: "Wenn es eine Million Ungarn gibt, die beten, habe ich keine Angst vor der Zukunft ...". Warum haben Sie sich nach 21 Jahren für die Teilnahme am Eucharistischen Kongress in Budapest entschieden und wie sehen Sie das Christentum in Europa?

Papst Franziskus: Jemand hat sich schlecht über den Besuch in Budapest Gedanken gemacht, er war so [kurz]geplant, aber ich habe Ihrem Präsidenten versprochen, nächstes Jahr oder ein übernächstes Jahr zu versuchen, dass ich kommen kann.

Es gibt viele Werte der Ungarn, mich hat der Sinn für Ökumene mit einer großen, großen Tiefe berührt.

Im Allgemeinen muss Europa, wie ich immer sage, die Träume seiner Gründerväter wieder aufnehmen. Die Europäische Union ist kein Treffen, um irgendwelche Dinge zu tun, sondern es gibt einen Geist als Grundlage EU, von dem Schuman, Adenauer, De Gasperi geträumt haben ... kehren wir  zu diesen Großen zurück.

Es besteht die Gefahr, dass die Europäische Union nur ein Verwaltungsbüro ist, aber das ist nicht stimmig, sie muss ins Mystische gehen, sie muss die Wurzeln Europas suchen und weitertragen. Und alle Länder müssen vorankommen.

Es stimmt, dass einige Interessen, vielleicht nichteuropäische, versuchen, die Europäische Union zur ideologischen Kolonisierung zu nutzen, und das ist nicht gut. Nein: Die Europäische Union muss unabhängig und alle Länder müssen auf Augenhöhe sein, inspiriert vom Traum der großen Gründer. Das ist meine Idee. Und ihr Ungarn: Ich bin mit euch nach Siebenbürgen gefahren, diese Messe auf Ungarisch war schön!

Daniel Verdú Palai (El Pais): Am Sonntagmorgen haben Sie sich mit Orban getroffen und können einige der Unterschiede verstehen. Wir möchten fragen, wie das Treffen gelaufen ist, ob es die Themen der Migranten aufgegriffen hat und wie Sie zu den Homosexuellengesetzen stehen, die Ungarn promulgiert hat.

Papst Franziskus: Ich wurde besucht, der Präsident kam zu mir, er hatte diese Höflichkeit, das ist das dritte Mal, dass ich ihn traf und er kam mit dem Premierminister und dem stellvertretenden Premierminister, es waren drei von ihnen. Der Präsident sprach. Das erste Thema war Ökologie, wirklich, ich ziehe den Hut vor euch Ungarn, euer ökologisches Bewusstsein ist beeindruckend. Er erklärte mir, wie sie Flüsse reinigen, Dinge, die ich nicht wusste.

Dann habe ich nach dem Durchschnittsalter gefragt, weil mir der demografische Winter Sorgen macht: In Italien liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren, in Spanien ist es, glaube ich, noch schlimmer, viele Dörfer sind leer oder mit vielen älteren Menschen gefüllt. Wie soll das gelöst werden?

Der Präsident erklärte mir das Gesetz, das jungen Paaren helfen muss, damit sie heiraten und Kinder bekommen können. Interessanterweise ist es ein Gesetz, das dem französischen Recht sehr ähnlich sieht, aber weiter entwickelt ist. Deshalb haben [auch] die Franzosen nicht die Dramatik, die Spanien hat und die wir [in Italien] haben. Sie erklärten mir dies und das und der Premierminister und der stellvertretende Premierminister fügten noch etwas Formales über dieses Gesetz hinzu. Zur Migration, nein, dieses Thema wurde nicht erwähnt. Dann ging es zurück zur reinen Ökologie und zur Familie, im Sinne meiner Frage, dass es so viele junge Leute gibt, so viele Kinder ... Genauso auch in der Slowakei: Ich war erstaunt, so viele Kinder und so viele junge Paare, und darin liegt ein Versprechen. Jetzt besteht die Herausforderung darin, nach Jobs zu suchen, denn sonst gehen sie im Ausland auf die Suche. Das waren die Dinge [über die wir gesprochen haben] ... Der Präsident hat immer gesprochen, beide Minister haben einige Details hinzugefügt. Das Treffen dauerte ziemlich lange, etwa 40 Minuten.

Im Zusammenhang mit der Frage, ob man abtreibungsbefürwortenden Politikern die Hl. Eucharistie reichen soll, betonte der Papst: „Das zweite Problem, das der Abtreibung: Es ist mehr als ein Problem, es ist ein Mord, wer eine Abtreibung durchführt, tötet, um es ohne Schönsprecherei zu sagen. Nehmen Sie ein Embryologiebuch für Medizinstudenten: In der dritten Woche nach der Empfängnis sind alle Organe bereits angelegt, alle, auch die DNA [ist vorhanden] ... Es ist ein Menschenleben! Dieses Menschenleben muss respektiert werden, dieses Prinzip ist so klar! An diejenigen, die es nicht verstehen können, möchte ich diese Frage stellen: Ist es richtig, ein Menschenleben zu töten, um ein Problem zu lösen? Ist es richtig, einen Auftragskiller [italienisch: Messerstecher) anzuheuern, um ein Menschenleben zu töten? Wissenschaftlich gesehen ist es ein Menschenleben. Ist es in Ordnung, es herauszunehmen, um ein Problem zu lösen? Deshalb geht die Kirche in dieser Frage so hart um, denn wenn sie Abtreibung akzeptiert, ist es, als würde sie den täglichen Mord akzeptieren. Ein Staatsoberhaupt erzählte mir, dass der demografische Niedergang damit begann, dass es in jenen Jahren ein Abtreibungsgesetz gab, das so stark war, dass sechs Millionen Abtreibungen durchgeführt wurden und dies zu einem Rückgang der Geburten in der Gesellschaft dieses Landes führte.“

Gleichzeitig legte Papst Franziskus Wert auf den pastoralen Aspekt der Frage und erklärte: „Ich habe nie jemandem die Eucharistie verweigert, ich weiß nicht einmal, ob jemand unter solchen Bedingungen [der ausdrücklichen politischen Förderung der Abtreibung] zu mir gekommen ist! Dies bezieht sich auf meine Zeit als Priester. Mir war allerdings nie bewusst, einen Menschen wie den, den du mir beschreibst, vor mir zu haben, das stimmt“, so der Papst und stellt damit fest, dass er auch niemals wissentlich und bewusst einem Pro-Choice-Politiker die Hl. Eucharistie gereicht habe.

Das Problem der Exkommunikation sei kein theologisches, sondern ein pastorales Problem, so Franziskus. Ein Hirte sei auch der Hirte der Exkommunizierten, er muss ihm ein Hirte sein nach Gottes Art, „und Gottes Stil ist Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit“. „Seelsorge ist Theologie und es ist der Heilige Geist, der dich dazu führt, dies im Stil Gottes zu tun, wage ich hier zu sagen. Wenn Sie mich fragen: Kann die Kommunion gereicht werden oder nicht?, dann ist das ist Kasuistik, wie das die Theologen nennen. Sie erinnern sich an den Sturm, der sich mit Amoris laetitia erhob, als dieses Kapitel der seelsorgerlichen Begleitung von getrennten und geschiedenen Ehegatten veröffentlicht wurde ... Häresie, Häresie! Gott sei Dank war da Kardinal Schönborn, der ein großer Theologe ist und die Dinge klärte. Aber immer diese Verdammung, Verdammung… Genug mit der Exkommunikation, bitte keine Exkommunikation mehr …. Arme Menschen, sie sind Kinder Gottes … und sie wollen und brauchen unsere pastorale Nähe. Deshalb regelt der Hirte die Dinge, wie der Hl. Geist [ihn] darauf hinweist.“

Ein anderer mitreisender Journalist meldete sich zu Wort: Meine Frage betrifft die Familie: Sie haben mit ungarischen Behördenautoritäten darüber gesprochen – und gestern kam die Nachricht von einer Entschließung des Europäischen Parlaments, in der die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen und damit verbundener elterlicher Beziehungen gefordert wird. Was sind Ihre Gedanken dazu?

Papst Franziskus: Dazu habe ich deutlich gesprochen. Die Ehe ist ein Sakrament, die Kirche hat keine Macht, die Sakramente zu ändern, der Herr hat sie so eingesetzt. Es gibt [staatliche] Gesetze, die versuchen, den Lebenssituationen vieler Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung zu helfen. Deshalb ist es wichtig, den Menschen zu helfen, aber ohne Dinge aufzuzwingen, die ihrer Natur nach nicht in die Kirche integriert [werden können]. Wenn also ein homosexuelles Paar zusammenleben möchte, haben die Staaten die zivile Möglichkeit, sie zu unterstützen, ihnen Sicherheit in Erbschaftsdingen, Gesundheitfürsorge usw. zu geben. Aber Ehe ist Ehe. Das bedeutet nicht, sie [die Homosexuellen] zu verurteilen, sie sind unsere Brüder und Schwestern, wir müssen sie begleiten. Leute, die so sind, bitte, sie sind unsere Brüder und Schwestern. Wir müssen sie begleiten, aber die Ehe als Sakrament ist klar, ganz klar. Dass es Zivilgesetze gibt... Drei Witwen zum Beispiel, die sich dank eines Gesetzes zur Gesundheitswesenabsicherung zusammentun wollen, und um sich gegenseitig beerben zu können. ... Es gibt die französischen Pacs [Anm.d.Ü.: Zivilrechtliche Partnerschaften, die leicht kündbar sind], aber dies hat nichts mit den homosexuellen Paaren zu tun. Homosexuelle Paare können diese [Pacs] gebrauchen, sie können sie gebrauchen, aber die Ehe als Sakrament besteht zwischen Mann und Frau und manchmal wird, wie gesagt, Verwirrung geschaffen. Ja, wir müssen alle gleich respektieren – der Herr ist gut und wird alle retten (...), der Herr will das Heil aller – aber bitte lasst die Kirche ihre Wahrheit nicht leugnen. Viele, viele Menschen homosexueller Orientierung nähern sich dem Sakrament der Buße und suchen Rat bei den Priestern, und die Kirche hilft ihnen, in ihrem Leben voranzukommen, aber das Sakrament der Ehe ist eine andere Sache.“

Transkript des Interviews in voller Länge auf Vatican News, siehe Link.


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