Nuntius bei DBK: Es geht um „die kirchliche Gemeinschaft, den katholischen Glaube und Heiligkeit“

21. September 2021 in Deutschland


Apostolischer Nuntius Eterović spricht bei der DBK-Vollversammlung Klartext und erinnert an Aussagen von Papst Franziskus zum Synodalen Weg – Nuntius mahnt die Einheit mit dem Papst an


Fulda (kath.net/DBK) kath.net dokumentiert das Grußwort von Erzbischof Dr. Nikola Eterović, Apostolischer Nuntius in Deutschland, zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 20. September 2021 in Fulda, in voller Länge:

„Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). Eminenzen, Exzellenzen, liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst! Mit diesen Worten in Cäsarea Philippi hat der Herr Jesus den Heilsplan offenbart, seine Kirche auf den Glauben des Simon Petrus zu errichten. Diesem voraus geht das Bekenntnis des Ersten der Apostel: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16). Im Bewußtsein der Rolle des Petrus und seiner Nachfolger in der Kirche möchte ich kurz bei folgenden drei Begriffen verweilen: die kirchliche Gemeinschaft, der katholische Glaube und die Heiligkeit.

Die kirchliche Gemeinschaft

Am 1. September 2021 gab der Heilige Vater dem Radiosender COPE der spanischen Bischofskonferenz ein Interview, wo er auch nach dem Synodalen Weg befragt wurde: „Raubt Ihnen der Synodale Weg, wie ihn die katholische Kirche in Deutschland eingeschlagen hat, den Schlaf, Heiligkeit?“ Der Papst gab zur Antwort: „Ich habe mir die Freiheit genommen, einen Brief darüber zu schreiben (vgl. Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland). Einen Brief, den ich selbst auf Spanisch geschrieben habe. Einen Monat habe ich hierfür gebraucht, ihn zu schreiben, zu beten und darüber nachzudenken. Und ich habe ihn seinerzeit geschickt: im spanischen Original und in deutscher Übersetzung. Und so habe ich all das zum Ausdruck gebracht, was ich über die deutsche Synode denke. Hier ist alles.“ Angesichts der Beobachtung des Journalisten: „Die deutsche Synode ist kein neuer Protest. ... Geschichte wiederholt sich. ...“ sagte Seine Heiligkeit: „Ja, aber so tragisch würde ich es auch nicht sehen. Bei vielen Bischöfen, mit denen ich gesprochen habe, gibt es keinen bösen Willen. Es ist ein pastorales Verlangen, das aber manches von dem nicht berücksichtigt, was ich in dem Brief als notwendig zu beachten erkläre.“

Eines dieser Dinge, das im Brief des Heiligen Vaters Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom 29. Juni 2019 behandelt wird, hat der Kardinalstaatssekretär, Seine Eminenz Pietro Parolin, in seiner Predigt in der Johannesbasilika in Berlin am 29. Juni 2021 aus Anlass der 100 Jahre diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland unterstrichen. Der Kardinalstaatssekretär wies mit den Worten des Bischofs von Rom auf die Bedeutung der Einheit in der katholischen Kirche hin: „Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten“ (a. a .O., Nr. 6). In der Folge rief er dazu auf, die kirchliche Gemeinschaft im katholischen Sinne zu schätzen, nämlich universal, wobei er mahnt, „die Gemeinschaft mit dem ganzen Leib der Kirche immer lebendig und wirksam zu erhalten. Das hilft uns, die Angst zu überwinden, die uns in uns selbst und in unseren Besonderheiten isoliert“. Er fährt mit den Worten von Papst Franziskus fort: „Das bedeutet nicht, nicht zu gehen, nicht voranzuschreiten, nichts zu ändern und vielleicht nicht einmal zu debattieren und zu widersprechen, sondern es ist einfach die Folge des Wissens, dass wir wesentlich Teil eines größeren Leibes sind, der uns beansprucht, der auf uns wartet und uns braucht, und den auch wir beanspruchen, erwarten und brauchen. Es ist die Freude, sich als Teil des heiligen und geduldigen treuen Volkes Gottes zu fühlen“(a. a. O., Nr. 9). Diese Ermahnung, fest verbunden in der Einheit der katholischen Kirche zu bleiben, ist Teil des Petrusdienstes, seine Brüder im Glauben zu stärken (vgl. Lk 22,32).

Credo Ecclesiam – Ich glaube die Kirche

Um die katholische Dimension der Kirche zu beschreiben, ist hilfreich, an das Credo des Gottesvolkes des hl. Papstes Pauls VI. zu erinnern, das er feierlich am Ende des Glaubensjahres 1968 und zur 1900 Jahrfeier des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus zum Ausdruck brachte. Papst Franziskus hat schon mehrfach seine Wertschätzung für Paul VI. zum Ausdruck gebracht und sagte über ihn: „Während sich eine säkularisierte und feindliche Gesellschaft abzeichnete, hat er es verstanden, weitblickend und weise – und manchmal einsam – das Schiff Petri zu steuern, ohne jemals die Freude am Herrn und das Vertrauen auf ihn zu verlieren“(Predigt zum Abschluss der Bischofssynode über die Familie und zur Seligsprechung von Papst Paul VI. am 19. Oktober 2014).

Was die Kirche angeht, hat „dieser große Papst“ bekannt: „Wir glauben an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die von Jesus Christus auf den Felsen gegründet wurde, der Petrus ist. Sie ist der mystische Leib Jesu Christi, von ihm sowohl als sichtbare Gesellschaft mit hierarchischem Aufbau wie auch als geistige Gemeinschaft eingesetzt; sie ist die Kirche hier auf Erden, das pilgernde Gottesvolk, und sie ist die Kirche, die beschenkt ist mit himmlischen Gütern, der Same und keimhafte Anfang des Reiches Gottes, durch das sich Werk und Leiden der Erlösung in der Geschichte fortsetzen und das seine Vollendung finden wird jenseits aller Zeitlichkeit, in der ewigen Herrlichkeit. Der Herr Jesus Christus lässt seine Kirche in der Zeit Gestalt annehmen durch die Sakramente, die aus seiner göttlichen Fülle hervorgehen.

Durch sie haben die Glieder der Kirche Anteil am Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung, in der Gnade des Heiligen Geistes, der Leben und Tun verleiht. Die Kirche ist deshalb heilig, auch wenn sich in ihrer Mitte Sünder befinden, weil sie selbst kein anderes Leben besitzt, als das der Gnade. Das heißt, dass sich ihre Glieder heiligen, wenn sie an ihrem Leben teilnehmen, und dass sie, wenn sie ihr Leben preisgeben, der Sünde und Unordnung verfallen, die den Glanz ihrer Heiligkeit verdunkeln. Deshalb leidet und büßt die Kirche für diese Verfehlungen; sie hat die Gewalt, ihre Gläubigen davon zu heilen durch das Blut Christi und die Gabe des Heiligen Geistes“ (Credo des Gottesvolkes vom 30. Juni 1968). Der heilige Papst, „mutiger Christ und unermüdlicher Apostel“, hat die Sendung der Katholischen Kirche so beschrieben: „Sie ist dem Geiste nach Erbin der göttlichen Verheißungen und Tochter Abrahams, durch jenes Israel, dessen Heilige Schriften sie in Liebe bewahrt und dessen Patriarchen und Propheten sie in Ehrfurcht gedenkt; sie ist auf die Apostel gegründet und gibt im Nachfolger des heiligen Petrus und in den Bischöfen, die sich in Gemeinschaft mit ihm befinden, deren immerdar lebendiges Wort und deren Hirtengewalt durch die Jahrhunderte weiter. Unter dem immerwährenden Beistand des Heiligen Geistes hat die Kirche die Aufgabe, jene Wahrheit zu bewahren, zu lehren, auszulegen und in der Welt zu verkündigen, die Gott in verhüllter Weise durch die Propheten und in ihrer ganzen Fülle durch unseren Herrn Jesus Christus geoffenbart hat. Wir glauben alles, was im geschriebenen oder überlieferten Gotteswort enthalten ist, und was die Kirche als von Gott geoffenbarte Wahrheit zu glauben vorlegt, entweder durch eine feierliche Glaubensentscheidung oder durch das ordentliche und allgemeine Lehramt. Wir glauben an die Unfehlbarkeit, die dem Nachfolger des heiligen Petrus zukommt, wenn er ex cathedra als Hirte und Lehrer aller Gläubigen spricht; diese ist auch dem Kollegium der Bischöfe verheißen, wenn es gemeinsam mit dem Papst das höchste Lehramt ausübt“ (a. a. O., ebd.).

In seiner Predigt bei dieser feierlichen Eucharistie wollte Papst Paul VI. mit dem genannten Credo des Gottesvolkes seine Brüder stärken. „Wenn Wir dies tun, sind Wir Uns dabei der Unruhe bewusst, die gewisse moderne Kreise im Hinblick auf den Glauben ergriffen hat. Sie können sich nicht dem Einfluss einer Umwelt entziehen, die sich in einer tiefgehenden Wandlung befindet, und in der so viele Dinge, die als sicher galten, bestritten oder zur Diskussion gestellt werden. Wir sehen sogar Katholiken, die sich von einer Art Veränderungs- und Erneuerungssucht erfassen lassen. Die Kirche hat freilich immer die Pflicht, sich ständig zu bemühen, tiefer einzudringen in die unergründlichen Geheimnisse Gottes, die so reich sind an Segnungen des Heiles, und diese Geheimnisse in einer Weise darzulegen, die sich immer besser dem Verständnis der Menschen anpasst, die ihr folgen. Aber gleichzeitig muss man auch die größte Sorge tragen, wenn man sich ganz der unerlässlichen Pflicht der Forschung hingibt, an den Wahrheiten der christlichen Lehre keine Abstriche zu machen. Denn das würde sonst bedeuten, wie man es heute leider wahrnehmen muss, bei vielen gläubigen Seelen Verwirrung und Bestürzung hervorzurufen“ (Predigt vom 30. Juni 1968).

Der heilige Papst hat die Bedeutung des rechten Glaubensverständnisses, wie auch einer richtigen Hermeneutik unterstrichen. „Dabei ist der Hinweis von Bedeutung, dass der Verstand, den Gott uns gegeben hat, von allem wissenschaftlich Feststellbaren bis zur Realität der Dinge an sich und nicht nur bis zu den subjektiven Bewusstseinsabläufen vordringen kann. Andererseits muss man darauf hinweisen, dass es die Aufgabe der Schrifterklärung ist – der Hermeneutik – in Ehrfurcht jenen Sinn zu verstehen und zu deuten, den ein Text ausspricht, aber in keiner Weise diesen Sinn umzudeuten nach Belieben willkürlicher Hypothesen“(a. a. O., ebd.).

Durch den Glauben zur Heiligkeit

Das Ziel jeder Reform und kirchlichen Erneuerung ist die Heiligkeit der Glieder der Kirche. Papst Franziskus hat in seiner Predigt zur Heiligsprechung des seligen Paul VI. unterstrichen, dass jener nach dem Beispiel des Apostels lebte, dessen Namen er angenommen hatte. „Wie dieser lebte er ganz für das Evangelium Christi, indem er Grenzen überwand und Neuland betrat sowie durch Verkündigung und Dialog sein Zeuge wurde, Prophet einer hinausgehenden Kirche, die Weitblick hat und sich um die Armen kümmert. Paul VI. hat, manchmal unter Mühen und von Unverständnis umgeben, ein leidenschaftliches Zeugnis von der Schönheit und Freude einer totalen Nachfolge Jesu abgelegt. Noch heute mahnt er uns, zusammen mit dem Konzil, dessen weiser Steuermann er war, unsere gemeinsame Berufung zu leben: die universale Berufung zur Heiligkeit. Nicht zum Mittelmaß, sondern zur Heiligkeit“ (Predigt zur Heiligsprechung der seligen Paul VI., Oscar Romero, Francesco Spinelli, Vincenzo Romano, Maria Katharina Kasper, Nazaria Ignacia March Mesa, Nunzio Sulprizio am 18. Oktober 2018).

Im erwähnten Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland ermahnt Papst Franziskus die Christen: „Deshalb achtet aufmerksam auf jede Versuchung, die dazu führt, das Volk Gottes auf eine erleuchtete Gruppe reduzieren zu wollen, die nicht erlaubt, die unscheinbare, zerstreute Heiligkeit zu sehen, sich an ihr zu freuen und dafür zu danken. Diese Heiligkeit, die da lebt im geduldigen Volk Gottes: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln. In dieser Beständigkeit eines tagtäglichen Voranschreitens sehe ich die Heiligkeit der streitenden Kirche. Oft ist das die Heiligkeit ,vonnebenan‘, derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind. Das ist die Heiligkeit, die die Kirche vor jeder ideologischen, pseudo-wissenschaftlichen und manipulativen Reduktion schützt und immer bewahrt hat“ (a. a. O., Nr. 10).

Das Ideal der Heiligkeit lässt uns die marianische Dimension der Kirche erblicken: „Diese Heiligkeit regt uns an, erinnert daran und lädt ein, diesen marianischen Stil im missionarischen Wirken der Kirche zu entwickeln, die so in der Lage ist, Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit, Kontemplation mit Aktion und Zärtlichkeit mit Überzeugung auszudrücken. Denn jedes Mal, wenn wir auf Maria schauen, glauben wir wieder an das Revolutionäre der Zärtlichkeit und der Liebe. An ihr sehen wir, dass die Demut und die Zärtlichkeit nicht Tugenden der Schwachen, sondern der Starken sind, die nicht andere schlecht zu behandeln brauchen, um sich wichtig zu fühlen“ (a. a. O., ebd.).

Mit Worten von Papst Franziskus, mit denen er die Gläubigen in Deutschland einlädt, den Glauben zu erneuern und somit die katholische Kirche im Einsatz für die Evangelisierung zu stärken, komme ich zum Schluss: „Die Evangelisierung ist ein Weg der Jüngerschaft in Antwort auf die Liebe zu Dem, der uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4,19); ein Weg also, der einen Glauben ermöglicht, der mit Freude gelebt, erfahren, gefeiert und bezeugt wird. Die Evangelisierung führt uns dazu, die Freude am Evangelium wiederzugewinnen, die Freude, Christen zu sein. Es gibt ganz sicher harte Momente und Zeiten des Kreuzes; nichts aber kann die übernatürliche Freude zerstören, die es versteht, sich anzupassen, sich zu wandeln und die immer bleibt, wie ein wenn auch leichtes Aufstrahlen von Licht, das aus der persönlichen Sicherheit hervorgeht, unendlich geliebt zu sein, über alles andere hinaus. Die Evangelisierung bringt innere Sicherheit hervor, eine hoffnungsfrohe Gelassenheit, die eine geistliche Zufriedenheit schenkt, die für weltliche Maßstäbe unverständlich ist“ (a. a. O., Nr. 7).

Diese Überlegungen mögen uns erinnern, dass die Worte des Herrn Jesus uns fortwährend und insbesondere unter den drängenden alten und neuen kirchlichen und sozialen Herausforderungen auf den Weg der kirchlichen Gemeinschaft, des katholischen Glaubens und zur Heiligkeit in unseren Tagen rufen: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18).

 


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