Der Erste sein

8. Jänner 2023 in Spirituelles


„Dienen, wer will das heute noch. Wenn wir aber unsere Aufgabe gut erfüllt haben, wenn der Chef mit uns zufrieden ist, erfüllt uns dann nicht eine Zufriedenheit, welche uns auch ein erster Platz nicht zu geben vermag?“ Von Stefan Fleischer


Grenchen (kath.net) «Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.» Mk 9,35 – Der Erste, das wären wir alle gern. Und das ist nicht von vornherein schlecht. Das gehört irgendwie zum Selbsterhaltungstrieb. Denn wer zuletzt kommt, kommt oftmals zu kurz. Das ist nun einmal so in dieser Welt. Die Frage aber ist immer, worin wir die Ersten sein wollen einerseits und andererseits mit welchen Mitteln wir das zu erreichen versuchen.

Worin wir Menschen dieser Welt der Erste sein wollen, damit ließen sich ganze Bücher füllen, und genauso welche Mittel alle dafür eingesetzt werden. Wir wissen aber auch genau, dass nicht alles, was wir wollen, Gottes Willen ist, dass manches sogar den klaren Weisungen Gottes widerspricht. Was will uns also der Herr mit dieser Schriftstelle sagen?

Die Einheitsübersetzung titelt diesen Abschnitt mit «Der Rangstreit unter den Jüngern». Ja, der eigene Rang, der eigene Vorteil, die eigene Würde, das eigene Wohlbefinden, das ist oft unsere erste Sorge. Das eigene ICH steht allzu oft im Vordergrund. Dabei sind wir nicht auf Erden, nur damit es unserem lieben ICH wohl ergehe. Das können wir vielleicht bis zu einem gewissen Grad erreichen. Doch nur, wenn wir uns bemühen, dass es allen gut geht, dass alle sich wohl fühlen, beginnt jene ewige Seligkeit, zu der wir unterwegs sind, schon hier und jetzt aufzuleuchten. Wenn wir nun dieses Bemühen als dienen verstehen, werden zwar in den Augen dieser Welt die Letzten sein. In den Augen Gottes aber sicher nicht.

Dienen, wer will das heute noch. Wenn wir aber unsere Aufgabe gut erfüllt haben, wenn der Chef mit uns zufrieden ist, erfüllt uns dann nicht eine Zufriedenheit, welche uns auch ein erster Platz auf dem Podest nicht zu geben vermag? Und wenn der Auftrag viel von uns verlangt hat, ist dann die Zufriedenheit nicht einfach nur noch grösser? Wenn wir uns also als Diener Gottes und unserer Nächsten verstehen und unseren Auftrag in dieser Welt in diesem Sinn und Geist angehen, wenn wir uns als Jünger des Herrn bewusst sind, «wir sind nicht gekommen, um uns dienen zu lassen, sondern um zu dienen» (vgl. Mk 10,45) können wir hoffen und vertrauen, dass wir einst auch «mit ihm herrschen werden.» vgl. (2.Tim 2,12)


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