Ein Argumentarium gegen den Synodalen Ausschuss

11. Dezember 2023 in Kommentar


Nicht nur nicht mitmachen, sondern auch gut begründen, warum eine Mitwirkung nicht gut wäre. Der Bischof von Passau liefert einen Text zum Nachdenken für Bischöfe. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Man muss es sich ehrlich eingestehen, der Synodale Ausschuss ist eine schlüpfrige Rampe, auf Englisch: „slippery slope“, in Richtung Schisma. Auch wenn der Synodale Ausschuss möglicherweise nur so eben an der Kante eines Rechtsbruches entlang schrammt, ist er in sich schon problematisch genug. Auf Grund seines Auftrags, einen hier nun unzweifelhaft untersagten Synodalen Rat zu gründen, kann man die Mitarbeit von Bischöfen darin ehrlicherweise nicht gutheißen. Mag man zugestehen, das man rein formal zu einer anderen Rechtsauffassung zu kommen könnte, dann stellt sich immer noch die Frage, was das Gremium nützen soll. Den Vorstellungen des Papstes von Synodalität entspricht so ein Zuschnitt ganz sicher nicht.

Vier von 27 deutschen Diözesanbischöfen haben erklärt, im Synodalen Ausschuss nicht mitwirken zu wollen. Trotzdem beharrt der Vorsitzende der DBK, Georg Bätzing, im Gleichschritt mit der obersten Laienfunktionärin, Irme Stetter-Karp, nicht nur darauf, den Ausschuss ins Leben zu rufen und zu betreiben. Mehr noch, man beharrt auch darauf, dass DBK und ZdK gemeinsam Träger dieser Veranstaltung sind. In übergriffiger Weise stand sogar am Tagungsort auf der Beschilderung der Verband der Deutschen Diözesen als Veranstalter, obwohl eben gerade dem Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz die Finanzierung untersagt worden war. Man erkennt an vielen Punkten den gewaltigen Druck, mit dem die Agenda des Synodalen Weges, die sich längst sehr weit von dem ursprünglichen Anspruch entfernt hat, den Sexuellen Missbrauch in der Kirche aufzuarbeiten, durchgepaukt werden soll.

Nun waren vier deutsche Diözesen vakant. Für die beiden vakanten Erzbistümer darunter wurden am Samstag neue Erzbischöfe ernannt. Es ist verständlich, dass sich in der Vakanz die Diözesanadministratoren der Teilnahme am Synodalen Weg nicht ohne weiteres entziehen konnten. Das gilt im Kern sogar für dessen mutmaßlich rechtswidrige Fortführung im Synodalen Ausschuss. Da die Entschlüsse, weder des Synodalen Weges noch des Synodalen Ausschusses, von sich aus irgendeine Rechtskraft entfalten, wurde der künftige Bischof auch durch Abstimmungen des Diözesanadministrators in keiner Weise festgelegt. Ihm steht jederzeit offen, alle Beschlüsse zu verwerfen.

Allerdings, das ist hier festzuhalten, wäre es im Sinne der Einheit mit dem Papst wirklich wichtig, dass die künftigen Bischöfe spätestens nach Ihrer Amtseinführung eine klare Position einnehmen. Keine Frage, hier zu einer guten Entscheidung zu kommen, ist mindestens eine Herkulesaufgabe. Angesichts dessen, dass die Vorgänger der nun ernannten brav bei allem Getöse des Synodalen Weges mitgemacht haben, wird ein Widersagen schwer. In Anbetracht des Gehorsams gegenüber dem deutschen Funktionärskatholizismus mit dem die Vorgänger der jetzt neu ernannten Erzbischöfe allen Häresien zugestimmt haben, erfasst einen das Grauen vor den Anstehenden Gewissensentscheidungen. Das kann kein Mensch aus sich heraus leisten und darum ist – nicht nur heute sondern über die ganze Amtszeit – das Gebet um den Heiligen Geist für die neuen Erzbischöfe wichtig. Wie schon einmal geschrieben, seinen Bischof möglichst täglich der Gottesmutter zu weihen, kann nicht schaden.

Weil sich aber Glaube und Vernunft nicht widersprechen, weil Frömmigkeit und sauberes Denken keinen Gegensatz bilden, soll hier an dieser Stelle auf ein Argumentarium – besonders für Bischöfe, die ihre Entscheidung fällen müssen oder eine gefällte Entscheidung noch mal prüfen möchten – hingewiesen werden. Der Passauer Bischof Stefan Oster gehört zu den vier Bischöfen, die beim Synodalen Ausschuss nicht mitmachen. Auf seiner persönlichen Webseite hat der Bischof eine Begründung veröffentlicht, warum er nicht am Synodalen Ausschuss teilnimmt. Er bezieht sich dabei auf den Brief, den Papst Franziskus an die Theologieprofessorinnen Katharina Westerhorstmann und Marianne Schlosser, die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz sowie die Journalistin Dorothea Schmidt. Völlig zu Recht verweist Bischof Oster auf die Übergriffigkeit, ihn und seine drei Mitbrüder trotzdem als Mitglieder aufzufassen. Ferner verwahrt sich der Bischof dagegen, dass die Konferenz, der und seine drei Mitbrüder ebenfalls angehören, als Träger des Ausschusses firmiert. Obwohl dies nur sehr äußerliche Faktoren sind, erkennt man schon daran, dass man Minderheiten einfach gar nicht mehr wahrnimmt.

Inhaltlich orientiert sich die Begründung des Bischofs, nicht teilzunehmen vor allem den zahlreichen Interventionen aus Rom. Da ist zunächst der Brief, den Papst Franziskus an das Volk Gottes in Deutschland geschrieben hat. Bei einem Treffen mit den deutschen Bischöfen in Rom hatten drei Kurienkardinäle ihre Bedenken offengelegt. Bereits 2022 hatte die Kurie deutlich gemacht, der Synodale Weg in Deutschland sei „nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtung der Lehre und der Moral zu verpflichten.“ Ferner bezieht sich Bischof Oster auf eine Antwort aus Rom auf Nachfrage von fünf Bischöfen. Es gebe, so der Brief, „keine Verpflichtung für die Bischöfe in neue Leitungsgremien.“ Die Antwort habe in ihrer Deutlichkeit wenig zu wünschen übriggelassen, schreibt Bischof Oster. „Die Kardinäle Pietro Parolin, Luis Francisco Ladaria SJ (Dikasterium für die Glaubenslehre) und Marc Ouellet (Dikasterium für die Bischöfe) unterzeichneten gemeinsam einen Brief, in dem es wörtlich heißt: Wir ‚möchten klarstellen, dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten.‘“, schreibt Stefan Oster wörtlich. Der Brief trägt, wie inzwischen hinlänglich bekannt, den Zusatz: „Der Heilige Vater hat vorliegendes Schreiben in forma specifica approbiert“. Das bedeute, so Oster, der Papst habe sich dieses Schreiben so zu eigen gemacht, als wäre es sein eigener Akt.

Es folgen noch einige formale und rechtliche Hinweise, die hier den Rahmen sprengen würden. Die vorgetragenen Auszüge aus und Hinweise auf den Aufsatz von Bischof Oster, der durchgehend mit Quellen gut belegt ist, scheint in der Tat bestens geeignet, jedem Bischof als Entscheidungshilfe zu dienen. Es wäre tatsächlich ein Zeichen von Synodalität, würde man diesen Text einmal zu einer Grundlage eines Gesprächs über die Synodalität machen. Es fällt übrigens auf, dass bislang noch kein Bischof in Länge, Form und Tiefe vergleichbar, sowie unter Würdigung der Interventionen aus Rom, begründet hat, warum er trotzdem am Synodalen Ausschuss teilnimmt. Nachdem nun die Kirche im Westen keine nennenswerte synodale Tradition verfügt, scheint ein gewisses Lernen, was denn Synodalität in der römischen Kirche sein kann, durchaus angezeigt. Das II. Vatikanische Konzil hatte mit der Errichtung der Bischofssynode einen Aufschlag gemacht, der sich schon deutlich von der Synode in den Ostkirchen unterschied. Schon hier wurde möglicherweise der Aufschlag für eine synodale Tradition des Westens gemacht.

Papst Franziskus wünscht sich eine Weiterentwicklung durch stärkere Einbeziehung der Laien. Das kann man als Laie kritisch sehen. Der Laie, dessen Auftrag die Verkündigung im Weltdienst ist, ist nicht beauftragt mit der Leitung der Kirche. Der Bischof, dem die Leitung der Kirche obliegt, hat mir allerdings auch nicht in den Weltdienst hinein zu reden. Politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Äußerungen aus episkopaler Quelle sind stets mit Vorsicht zu genießen. Alles, was hier über Leitlinien für ein Handeln aus dem Glauben hinausgeht, ist übergriffig. Denn in den Dingen der Welt gibt es keine absoluten Wahrheiten, hier ist die Debatte der Weg der Annährung an die Wahrheit. Umgekehrt gilt in lehrmäßigen Fragen, dass es hier keine Debatte (mehr) gibt, hat die Kirche verbindlich gesprochen. Es erscheint mir sonderbar, wenn man in der Kirche – insbesondere in Deutschland - derzeit so tut, als könne man Fragen der Ökologie oder Ökonomie mit dogmatischen Aussagen versehen, die nicht zu hinterfragen sind, dagegen aber alle verbindlichen Lehrentscheidungen der Kirche in Frage stellen. Wir werden abwarten müssen, wie sich eine möglicherweise eigene westliche synodale Tradition entwickelt, falls sie nicht mit dem nächsten Pontifikat schon wieder gestorben ist. Mittels umstrittener Gremien derweil schon mal ein Schisma zu riskieren, kann keine gute Entscheidung sein. Diese Einsicht wird sich hoffentlich bei vielen, alten und neu ernannten, Bischöfen durchsetzen.

 

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