Frankreich: Katholiken werden immer konservativer

14. Februar 2024 in Weltkirche


Französischer Historiker Guillaume Cuchet plädiert für eine „innerkirchliche Ökumene“: „Es ist notwendig, dass Katholiken unterschiedlicher Befindlichkeit miteinander reden können“.


Paris (kath.net) Prof. Guillaume Cuchet verweist in einem Interview für die katholische Wochenzeitung Famille Chréteinne auf die im vergangenen Jahr veröffentlichten, aber kaum bekanntgewordenen Forschungsergebnisse des Nationalen Instituts für demografische Studien (INED), die den drastischen Rückgang der Kirche in Frankreich belegen. Sie zeigen, dass der Anteil der Katholiken im Alter von 18 bis 59 Jahren zwischen 2008 und 2020 von 43 auf 25 Prozent gesunken ist. Darüber berichtet „VaticanNews“ in seiner polnischsprachigen Ausgabe.

Dabei sei es Fakt, dass in dieser schrumpfenden Kirche der konservative Katholizismus und der Traditionalismus eine immer wichtigere Rolle spielen. Ein Grund dafür sei die Enttäuschung über das Zweite Vatikanische Konzil, erläuterte der Historiker. Viele Katholiken seien der Meinung, dass viele Anstrengungen unternommen wurden, um sich an die konziliaren Veränderungen anzupassen, diese Bemühungen jedoch nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht hätten. Das Konzil sollte die Gläubigen wieder der Kirche zuführen, was jedoch nicht geschah, vielmehr ging die Zahl der Gläubigen radikal zurück. Daher bestehe das Gefühl, dass die pastoralen Ziele des Konzils nicht erreicht wurden.

Prof. Cuchet erinnert gleichzeitig daran, dass die heute wachsende Spaltung zwischen Traditionalisten und Liberalen in der Kirche seit dem 19. Jahrhundert besteht. Auf der einen Seite habe man Katholiken, die antagonistische Beziehungen zur modernen Welt pflegen und großen Wert auf die Weitergabe legen Glauben, auf die Gefahr hin sich zu verbunkern. Auf der anderen Seite gibt es Gläubige, die sensibler auf die aus ihrer Sicht notwendigen Veränderungen in ihrer Religion reagieren, aber Gefahr laufen, in der Welt zu verschwinden.

Der französische Historiker erinnerte gleichzeitig daran, dass, obwohl derzeit die konservative Strömung den Wind in den Segeln hat, auch der Katholizismus einer gewissen Öffnung bedarf, denn er sei kein Fundamentalismus, er ist nicht in einer festen Form vom Himmel gefallen, sondern der Katholizismus habe sich im Laufe der Geschichte entwickelt. Seiner Meinung nach brauche die Kirche beide Trends. Daher fordert er als externer Beobachter des kirchlichen Lebens eine größere gegenseitige Offenheit: „Nach dem Konzil wurde viel über Ökumene mit Protestanten und orthodoxen Christen gesprochen. Das ist eine sehr gute Sache, aber ich denke, es muss auch intern angewendet werden. Es ist notwendig, dass Katholiken unterschiedlicher Befindlichkeit miteinander reden können.“


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