Es gibt keine Vollmacht zur Frauenweihe

18. März 2024 in Kommentar


Es gibt jedoch immer noch Pressuregroups, die es erzwingen wollen und es gibt Protagonisten, die die Kirche rein politisch betrachten. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Der Vatikan hat es mal wieder getan. Die Frage der Frauenweihe ist aus dem weltweiten synodalen Prozess ausgekoppelt. Große Aufregung bei BetroffenInnen. Aber es ist nun einmal so: In der Kirche laufen Entscheidungen natürlich top-down. Da es sich bei der Kirche um eine göttliche Stiftung handelt, sind die Rahmenbedingungen nun einmal nicht von uns und von unserem Willen abhängig. Die Kirche auf Erden, die Ecclesia militans, ist eine Kirche von Menschen. Sie wird in ihrer konkreten Sozialgestalt von Menschen geprägt. Leicht zu erkennen ist dies daran, dass die Volkskirche, eine mehrere Jahrzehnte anhaltende und durchaus schöne Sozialgestalt der Kirche einfach untergeht. Die Menschen machen nicht mehr mit.

Niemand mache sich Illusionen, die Volkskirche war kein Himmel light. Mit ihrer sozialen Normenkontrolle, einer überstarken Fixierung auf Moral und Regeln und nicht zuletzt einem kaum zu leugnenden Klerikalismus, hatte die Volkskirche tiefe dunkle Schatten. Keine Frage, hatte ein volkskirchlich geprägtes Dorf einen guten Pfarrer, fand man dort oft genug eine gesunde geistliche Atmosphäre mit Messbesuch, Rosenkranz, Beichte und Anbetung vor, die schon sehr himmlisch anmutete. Doch warum brach das mit dem nächsten Pfarrer oft schon wieder zusammen? Die Antwort ist einfach. Das Christentum dringt nie tiefer in die Menschheit ein als für eine Generation. Jede Generation muss neu missioniert, katechetisiert und mystagogisiert werden. Jede. Jede. Jede.

Gute Seelsorger wissen das und handeln danach. Das gibt es übrigens auch heute noch. Manchmal findet man so etwas völlig überraschend in größeren Städten. Da lagert sich über die Jahre um ein geistliches Zentrum eine Gruppe Menschen an, die genau das suchen und leben: Messe, Rosenkranz, Anbetung, Beichte und am Ende eben nichts weniger als eine tiefe, ganz persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Die geistlichen Früchte solcher Gemeinden und Gemeinschaften sind erstaunlich. Während die Dekonstruktivisten der diversen synodalen und pastoralen Prozesse die Abrissbirne gegen die christliche Moral und Anthropologie schwingen, wachsen Moral und eine gesunde Sicht auf den Menschen in einer guten geistlichen Atmosphäre von selbst.

Nein, das sind dann nicht ad hoc alles Heilige. Oder doch? Es kommt darauf an, wie man Heiligkeit definiert. Setzt man Heiligkeit gleich Perfektion, wird man keine finden. Setzt man aber Heiligkeit gleich unstillbare Sehnsucht danach Gott zu lieben, dann findet man in einem geistlich gesunden Klima erstaunlich viele kleine Heilige. Das Attribut „klein" darf hier im Sinne der Heiligen Therese von Lisieux verstanden werden. Wenig erstaunlicherweise wächst dann dort eine tiefgründige Form der Caritas in Gestalt einer Sorge um die Geringsten der Brüder Jesu, die jener selber eben viel wichtiger findet als die Großen, die Promis und die Säulenheiligen aller Couleur. Als Außenstehender darf man staunen, wenn man das sieht. In der Regel bekommen es Außenstehende allerdings nur selten zu sehen, denn der Wunsch nach Verborgenheit ist tatsächlich auch eine Frucht des Geistes. Fällt man nämlich zu sehr auf, wird man sehr schnell Ziel der Welt, die Christus hasst.

Es gibt sie, diese Inseln – nicht der Seligen aber der Gläubigen – inmitten einer untergegangenen Volkskirche. Es gibt sie und es wird sie immer geben, weil der Kirche von ihrem göttlichen Stifter Bestand verheißen ist. Es gibt sie mitten in der Verfolgung, mitten in der Säkularisierung, mitten im Krieg, mitten in Untergang und Chaos. Es gibt sie auch inmitten einer Kirche, die Christus vergisst und nur noch um sich selber kreist. Das ist leider der aktuelle Zustand der Kirche in Deutschland und in vielen anderen Teilen der westlichen Welt. Technologischer und wirtschaftlicher Fortschritt in Verbindung mit einem Glauben an die Allmachbarkeit durch Menschenhand führten uns in eine Dekadenz, die uns vergessen lässt, wem wir uns verdanken. In diesem Klima ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir auch die Kirche machen dürfen. Da wir in weltlichen Kontexten längst alle Moral über Bord geworfen haben, soll auch die Kirche nicht mehr querstehen dürfen. Beziehungen für alle, Sakramente für alle, Ämter für alle – damit wären die Anliegen des synodalen Weges beschrieben. Damit nicht genug, will man künftige Anpassungen an die Welt deutlich erleichtern und den Bischöfen die Verantwortung und das Wächteramt aus der Hand nehmen und politischen Händen übereignen, die ohne jeden Skrupel die Lehre geschmeidig an die Welt anpassen.

Es ist kaum zu erklären, wie auch nur noch ein Bischof an einer Laienfunktionärin festhalten kann, die flächendeckende Möglichkeiten zur vorgeburtlichen Kindstötung fordert. Doch genau hier zeigt es sich, die Mehrheit der Bischöfe möchte das Wächteramt nicht mehr. Den guten Salär, die schöne Wohnung, das Büro, den Fahrer, ja auch zuweilen den liturgischen Kopfputz nimmt man recht gerne, doch den Kampf um den Glauben will man nicht mehr kämpfen. Es ist doch gar keine Frage, dass eine säkulare Gesellschaft, in der eine Frau politisch und wirtschaftlich in höchste Ämter aufsteigen kann, auch in der Kirche die Spitzenjobs für Frauen einfordert. So ein altorientalisch-patriarchaler Anachronismus eines nur Männern vorbehaltenen Amtes, ist einfach nicht mehr vermittelbar. Nun ist es aber so, dass die Kirche keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Jeder Bischof weiß das. Jeder Bischof kann es auch erklären. Aber jeder Bischof, der es in der gebotenen Klarheit täte, hätte man nächsten Tag den Shitstorm. Darum verwundert es gar nicht, wenn sich ein Bischof dann Rat bei einer Theologin sucht, wie man es denn vielleicht doch hinbekäme. Die Strategie heißt „Aufweichen“. Das macht man in der Politik so, wenn man eine Rechtsnorm nicht ad hoc durchsetzen kann, wählt man eine mildere Form, die vielleicht kompromissfähig ist. In der Politik (weltweit!) ist die Ehe für alle das beste Beispiel. In der abendländischen Tradition ist die Ehe eine dauerhafte Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die für Kinder offen ist. Der Weg zur Ehe für alle ging politisch über niederschwellige Regelungen und endete in vielen Ländern nun in der Ehe für alle. Äquivalent dazu streben gute Strateginnen in der Kirche nun zunächst den Diakonat an. Viele könnten sogar primär mit einer nichtsakramentalen Beauftragung leben. Letztendlich sieht man ja auch die pastorale Beauftragung von Pastoralreferentinnen als Vorstufe zur Weihe an. Sind die Damen erst man im Altarraum, dann kommen sie auch dem Altar immer näher. Das ist ein Irrweg und ein Irrtum. In der aufgeheizten Atmosphäre und unter dem Druck, der immer weiter zunimmt, ist nicht auszuschließen, dass irgendwann ein Bischof die Nase voll hat und einfach ein paar Frauen weiht. Weder der Bischof noch die betroffenen Frauen werden anschließend ihre vorgeblichen Ämter in der Kirche ausüben dürfen. Unter Papst Franziskus wurde sogar das Kirchenrecht verschärft. Die Vornahme einer Weihesimulation an einer Frau führt direkt zur Exkommunikation als Tatstrafe.

Darum ist es richtig, dass Rom nun die Frauenweihe, über deren Unmöglichkeit man dem Grunde nach durchaus im Lichte von „Ordinatio sacerdotalis“ ruhig und gelassen meditieren könnte. Denn die Rolle der Frau in der Kirche in der modernen Gesellschaft ist in der Tat eine offenen Frage. Pastoralreferentinnen, die sich selber als Priesterinnen light verstehen oder Kommunionhelferinnen mit möglichst stolaähnlichen Schals und Überwürfen sind die schlechtesten denkbaren Antworten. Könnte man die Frage der Rolle der Laien endlich mal von der Frage der geweihten Amtsträger abkoppeln, dann bestünde zumindest eine grundsätzliche Option klarzustellen, dass eine Frau in der Kirche alles werden kann, was auch ein Mann in der Kirche werden kann, der keine Weihe empfangen hat. Sehr viel wesentlicher wäre es, [Kampfbegriff on] endlich mal das II. Vatikanische Konzil umzusetzen [Kampfbegriff off]. Jenes hatte diesen wunderbaren Begriff vom Weltdienst der Laien geschaffen und mehr noch festgestellt, dass der Weltdienst der Laien der Ort ist, an dem sich die Laien heiligen. Das allgemeine Priestertum stellt den Laien in ganz andere Lebenszusammenhänge als den sakramental geweihten Priester.

Freche Frage: Ist es vielleicht sogar so, dass Laien, die zu viel in Altarräumen herumhängen, ihrer eigenen Heiligung im Wege stehen? „Zu viel“ darf gerne als eine leicht polemische Floskel aufgefasst werden und meint eindeutig nicht die rechte Laienassistenz bei der Heiligen Messe oder anderen liturgischen und nichtliturgischen Gottesdiensten. Stellt man sich dieser kleinen Polemik und erdet sie kommt man sehr schnell zu der Frage, ob der priesterliche Dienst eines Laien nicht viel eher im Zeitraum von Montag bis Samstag statt von Samstag bis Sonntag seinen Kern und seine Mitte hat. Die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche ist eng verbunden mit der Frage der Rolle der Frau in einer modernen Gesellschaft, die die modernen Frauen mit zahlreichen Zumutungen konfrontiert. Ist die smarte kinderlose Topmanagerin oder die Erstgebärende mit 45 oder das ewigschlanke Model wirklich das ideale Frauenbild? Gibt es etwas, was die Tradition den Frauen geben kann, um einen bessere Rolle in der Kirche und der Gesellschaft zu finden. Ist die Frage nach der Mutterschaft, der natürlichen Mutterschaft ohne reproduktionsmedizinische Hilfe, im zweiten Lebensjahrzehnt einer Frau wirklich so schädlich für Frauen? Gibt es zwischen dem Heimchen am Herd und der Topmanagerin wirklich keinen gangbaren Mittelweg. Die weißgestärkt-gebügelte Hausfrau, die mit gedecktem Tisch in der blitzblanken Meister-Proper-Wohnung den Göttergatten zum Feierabend erwartet, war ohnehin nichts als eine 50er-Jahre-Fantasie. Anfang des vergangenen Jahrhunderts haben Frauen selbstverständlich auf dem Hof, im Handwerksbetrieb oder im Geschäft gearbeitet und auch ihre Kinder großgezogen. Die Trennung von Wohn- und Arbeitsort war eindeutig zum Nachteil von Frauen. Homeoffice und neue Formen von Arbeit drehen hier das Rad wieder etwas zurück. An diesen wenigen Beispielen sieht man schon, dass es reichlich Bedarf – auch für die Kirche – gibt, über die Rolle von Frauen nachzudenken. Augenmaß und Wirklichkeitsbezug täten auch deutschen Laienfunktionären in dieser Hinsicht wirklich gut.

 

Foto: Nick Castelli/Unsplash

 


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