Expertin empfiehlt Psychotherapie statt Transgender-Behandlungen

2. April 2024 in Familie


Psychiaterin Reiter sagt Ethikinstitut IMABE: Besorgniserregender "Trans-Trend" vor allem unter jungen Mädchen - "Geschlechtsdysphorie oft Folge einer psychischen Vorerkrankung" - Besser verständnisvolle Begleitung als "körperzerstörende" Eingriffe


Wien (kath.net/KAP) Wenn man Kinder und Jugendliche, die sich mit dem eigenen Geschlecht nicht identifizieren, psychotherapeutisch begleitet, aber nicht hormonell oder operativ eingreift, kann man den allermeisten den "körperzerstörenden Transitionsprozess" bei Transgender-Behandlungen ersparen. Darauf hat die Wiener Psychiaterin Bettina Reiter im Gespräch mit dem kirchlichen Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) am Mittwoch hingewiesen. Studien würden belegen, dass viele betroffene Jugendliche psychische Probleme wie Depressionen, Angstzustände, ADHS, Essstörungen oder Suizidgedanken aufweisen. "Aus meiner Sicht ist Geschlechtsdysphorie oft eine Folge oder Erscheinung einer psychischen Vorerkrankung", so Reiter. Daher sollte letztere prioritär behandelt werden.

Geschlechtsdysphorie - also der Zustand, bei dem sich Personen nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren - sei bereits seit knapp hundert Jahren bekannt, wies die Fachärztin und Mitbegründerin der Europäischen Gesellschaft für Geschlechtergerechtigkeit (EGGÖ) in dem am Mittwoch veröffentlichten Interview hin. Früher seien jedoch hauptsächlich erwachsene Männer davon betroffen gewesen, mit einem äußerst geringen Vorkommen von etwa 1 zu 10.000. Seit ungefähr zehn Jahren gebe es allerdings eine völlig neue Entwicklung: Von Geschlechtsdysphorie betroffen seien heute vor allem Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 25 Jahren und da wiederum mehr als 80 Prozent Mädchen.

Die sprunghaft angestiegenen Fälle in Ländern wie den USA, Großbritannien, Schweden oder Finnland sind laut Reiter "sehr besorgniserregend". Die Psychiaterin, die kürzlich ein umfangreiches wissenschaftliches Dossier zum Thema Geschlechtsdysphorie im Jugendalter für die EGGÖ verfasste, sprach von einer Steigerung in den letzten Jahren um 3.000 bis 4.000 Prozent. "Wir haben es meines Erachtens mit einem Trans-Trend zu tun", der durch die sozialen Medien angeheizt werde. Vor allem junge Mädchen fühlten sich im eigenen Körper nicht zu Hause, litten darunter, wie ihr eigener Körper ist und sehnten sich danach, dem anderen biologischen Geschlecht anzugehören.

Aus Österreich gebe es keine genauen Daten über die Häufung der Diagnose Geschlechtsdysphorie, bekannt sei allerdings die Zahl operativer Eingriffe. Bei jungen Frauen zwischen 12 und 25 Jahren wurden laut der Expertin im Jahr 2022 in - "meiner Meinung nach erschreckend vielen, nämlich" - 151 Fällen gesunde Brüste entfernt.

Wissenschaftlich fragwürdig

Die Wiener Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie warnte auch vor den gängigen Behandlungsmethoden mit Pubertätsblockern und "gender-affirmativer" Hormon- und chirurgische Therapie. "Die ganze Idee der sogenannten Gender Affirming Care" basiere auf fragwürdigen wissenschaftlichen Grundlagen, das 2006 in den Niederlanden entstandene "Dutch Protocol" diene als "Blaupause für Transgender-Behandlungen in der ganzen westlichen Welt" - auch wenn sich in Europa zuletzt eine etwas kritischere und vorsichtigere Sichtweise auf diese Behandlungen entwickelt habe. In Österreich seien die Behandlungsempfehlungen jedenfalls "nicht auf dem Stand der Wissenschaft", so Reiter.

Pubertätsblocker hätten eine Reihe von Nebenwirkungen, die bisher nicht gut untersucht seien. So gebe es Bedenken hinsichtlich der intellektuellen Entwicklung des behandelten Kindes, es bestehe die Gefahr von Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Unfruchtbarkeit. In den österreichischen Behandlungsempfehlungen heiße es zwar, die Wirkung der Pubertätsblocker könne jederzeit rückgängig gemacht werden, doch führten diese fast immer zu weiteren Transgender-Behandlungen wie etwa gegengeschlechtliche Hormonbehandlung. Statt einer "Nachdenkphase, die man dem Kind gewährt", müsse vielmehr von einer "Autobahn, von der man kaum mehr abfahren kann" gesprochen werden, warnte die Psychiaterin. Unter die "weit verbreiteten Mythen" reihte sie auch die Behauptung ein, wonach nur ein Prozent der behandelten Personen die Eingriffe bedauern.

"Tote Tochter oder lebender Sohn?"

Eltern von betroffenen Kindern würden immer wieder werden mit dem Satz konfrontiert: "Wollen Sie lieber eine tote Tochter oder einen lebenden Sohn?", heißt es weiter in dem Gespräch. Behauptungen, wonach die Suizidrate bei geschlechtsdysphorischen Kindern sinkt, wenn sie auf den Transitionsweg geschickt werden, seien aber nicht überzeugend und ein "Gerücht". Das Geschäftsmodell von Medizinern, die Gender Affirming Care anbieten, mache den genannten bedrohlichen Satz für Eltern "zu einem erpresserischen, manipulativen Bild".

Es gebe keine wissenschaftliche Evidenz, "dass Gender Affirming Care das Unbehagen bei den Betroffenen, Depressionen und sonstige Begleiterscheinungen mindert". Im Gegenteil, wie Reiter darlegte: Untersuchungen zeigten, dass sich Geschlechtsdysphorie bei den meisten Kindern, wenn man ihnen mit "Watchful Waiting" - also beobachtendes, begleitendes Abwarten - begegnet, von selbst legt. Es gehe darum, den Heranwachsenden ein therapeutisch-beratendes Setting anzubieten, bei dem alle Fragen, die auftauchen, gestellt werden können und mit dem sie in dieser schwierigen Zeit begleitet werden.

Die Psychiaterin berief sich auf Sigmund Freud, wonach man aus seinem Körper "nicht aussteigen" könne. "Es ist ein Teil unserer Lebensaufgabe, uns mit ihm anzufreunden, klarzukommen und eine Perspektive mit uns, so wie wir sind, zu entwickeln", sagte Reiter.

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