24. Juni 2024 in Kommentar
Die Kritik an der UNUM24 in München zeigt vor allem eines: Christen sind nicht mehr überall willkommen. Dabei achten Feinde und Kritiker nicht auf Konfessionen. Der Montagskick von Peter Winnemöller
Linz (kath.net)
Schon gemerkt? In Deutschland kühlt es sich ab. Nein, nicht das Klima und nicht das Wetter, obwohl wir ja gefühlt von den Eisheiligen über die Schafskälte gleich in den Frühherbst gehen. Doch der Regen wird gerade etwas wärmer, daran merkt man, dass Sommer ist. Kälter wird es in Deutschland für Christen. Das betrifft in gewisser Weise alle Christen, denn in keinem Teil der Welt wird jemand dafür verfolgt, gehasst oder beargwöhnt, weil der orthodox, protestantisch, orientalisch oder katholisch ist. Es betrifft immer den christlichen Glauben. Das sollte uns zu denken geben, wenn wir mal wieder diese oder jene Fraktion oder Konfession verächtlich oder stirnrunzelnd ansehen. Und obwohl unser Land die Grundlagen seines Rechtssystems aus dem Christentum herleitet und das Grundgesetz sogar in Verantwortung vor Gott und den Menschen verfasst ist, erleben wir einen antichristlichen Mainstream. Unzweifelhaft ist in der Präambel der Gott gemeint, den wir Christen gemeinsam im Credo von Nicaea bekennen. An der Abfassung des Grundgesetzes waren katholische und protestantische Christen beteiligt. Mithin sollte auch hier kein Zweifel gelten. Nun sind zudem wir definitiv kein säkulärer Staat in Reinkultur. Zahlreiche staats- und staatskirchenrechtliche Normen binden Staat und Kirche stark aneinander. In völkerrechtlichen Verträgen haben sich Bund und Länder gegenüber dem Heiligen Stuhl auf verbindliche Normen festgelegt.
Zur Zeit der Abfassung des Grundgesetzes war eine so große Mehrheit der Deutschen getaufte Christen, dass sich gar nichts anderes denken lässt, als dass ein Gesetzgeber auch eine Verantwortung vor Gott hat. Das ist heute, in einer Zeit, in der die Mehrheit der amtierenden Bundesminister ihren Amtseid abgelegt hat, ohne Gottes Hilfe zu erbitten – nichts anderes ist der Gottesbezug im Amtseid – definitiv so nicht mehr der Fall. Diese Regierung erlässt Gesetze, die vor Gott nicht zu rechtfertigen sind. Auch das verwundert nicht. Dennoch muss man angesichts der Präambel fragen, ob diese Gesetze wirklich einen verbindlichen Rechtscharakter entfalten können. In Verantwortung vor Gott und dem Menschen kann man weder die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen aufgeben, die natürliche Familie dekonstruieren und schon gar nicht ungeborene, Greise und Schwerkranke zum Töten freigeben. Exakt dies geschieht in unserem Land. Wehe dem, der das so und in dieser Schärfe öffentlich sagt.
Insgesamt wird das gesellschaftliche Klima für Christen kühler. Das bedeutet in einem weitestgehend linksliberalen Staatklima nicht aktive Verfolgung. Das zu behaupten wäre falsch und wenig sinnvoll. Im Großen und Ganzen interessieren sich dem Grunde nach christentumskritische Gruppierungen wie beispielsweise LGBT-Aktivisten nicht für christliche Events. Die nimmt man für gewöhnlich gar nicht wahr. Doch wenn man sich zeitlich oder räumlich zu nahe kommt, kann das schon einmal sehr anders werden. Für gewöhnlich sind sozialdemokratische Bürgermeister (m/w/d) völlig schmerzbefreit, wenn irgendwo ein Christenevent stattfindet, doch wenn ihnen jemand einflüstert, dass es gegen die Heilige Vielfalt und Diversität geht und sich stattdessen um die Einheit der Christen dreht, wird es brenzlich, wie man jüngst erleben durfte.
In München fand am vergangenen Wochenende der umstrittene Christopher Street Day statt. Hier wird auf den Straßen gefeiert und getanzt, alles eine große Fete. Es gibt einen Festumzug und es ist so, wie jedes westfälische Schützenfest auch, eine lustige alkoholschwangere Feier. OK, die Musik ist anders und es gibt – das muss man eingestehen - noch zwei wesentliche Unterschiede: Schützen sind in der Regel einigermaßen ordentlich angezogen und man präsentiert auf Schützenfesten seine sexuellen Präferenzen nicht in derart übergriffiger Weise. Die LGBT-Aktivisten, die den CSD in München organisierten, störten sich ganz plötzlich an der Christenkonferenz UNUM, weil dort der eine oder andere Redner auftrat, der ihnen nicht nach dem Mund redet oder vielleicht die eine oder andere Verhaltensweise als Sünde bezeichnet. Das ist streng verboten und ruft sofort die säkularen Moral- und Vielfaltswächter (m/w/d) aller politischen und amtskirchlichen Couleur auf den Plan. Die kirchenkritische Gruppe „Out in Church“ monierte sogar, dass ein katholischer Bischof an Konferenz teilnahm. Obwohl Bischof Timmerevers noch nie durch verächtliche Bemerkungen aufgefallen war, hängte man ihm flugs eine Kontaktschuld an. So geht das. Timmerevers blieb standhaft und das soll hier ausdrücklich lobenswert erwähnt werden.
Alles ging noch einmal gut. 100 Aktivisten kamen mit bunten Fahnen, um zu demonstrieren. Die dritte Bürgermeisterin von München weigerte sich zwar mit den Organisatoren der UNUM zu sprechen, sah aber auch keine Möglichkeit die Konferenz zu verhindern. Zwar nimmt jetzt die Partei „Die Linke“ einen Anlauf solche Christenkonferenzen künftig in München zu verhindern, aber die Aussicht auf Erfolg ist recht gering. Noch! Wie es in zehn Jahren aussieht, wird niemand sagen können. Es kann sich in die eine oder in die andere Richtung drehen. Denn Menschen, die mit Gläubigen auf Großevents konfrontiert werden, machen immer wieder – auch in den vergangenen Tagen in München – eine ganz besondere Erfahrung.
Es gibt da ein ganz erstaunliches Phänomen, das sich viele einfach nicht erklären können. Mal ein Blick etwas weiter zurück. Die Geschichte steht pars pro toto. Vor dem Weltjugendtag 2005 war in Paderborn ein großes Areal der Begegnung rund um den Dom aufgebaut. Ich musste Material in eine der Kirchen bringen, wollte also mit dem Auto in die gesperrte Zone einfahren, kannte aber das richtige Kennwort, damit der Sicherheitsmann mich hinein ließ. Wir plauderten einen Moment und der sichtbar schlechtgelaunte Muskelberg teilte mir mit, dass er jetzt schon den Kaffee auf hat bei dem Gedanken an fast 100000 Jugendliche, die hier in den kommenden zwei Tagen zusammenkommen sollten. Das konnte doch nur zu Chaos, Randale und Gewalt führen, war er sich sicher.
Am folgenden Tag ging es los. Diesmal zu Fuß ging ich an dem immer noch schlecht gelaunten Sicherheitsmann vorbei. Wir grüßten uns kurz und dann ging es los. Der Tag war ein Erlebnis. Feiernde, betende, singende Jugendliche aus allen Ländern. Das pfingstliche Sprachwunder ist bei Weltjugendtagen der Normalfall, jeder versteht jeden, auch wenn keiner des anderen Sprache spricht. Am Abend des zweiten Tages verließ ich das Gelände. Glücklich, müde und erschöpft wollte ich eigentlich nur noch zum Auto, nur noch nach Hause und nur noch schlafen. Da stürzte mir der Muskelberg mit jetzt ungefähr zwanzig Bändchen am Handgelenk entgegen. Er hatte Prachtlaune grinste von einem Ohr zum anderen. Ey, bist Du auch Christ? Ja. Schon folgen mir seine Pranken auf den Rücken. Er drückte mich: Alter, Euer Jesus ist ja ein Typ. Ich habe noch nie erlebt, dass so viele Menschen auf einem Haufen so friedlich sind. Alle haben mich in Taschen schauen lassen. Ich musste Gruppen fotografieren und mit ihnen aufs Foto und habe das hier geschenkt bekommen. Er griff in die Tasche und in seiner Riesenpranke lagen wohl zwanzig Rosenkränze, ein Dutzend Heiligenbilder, Medaillen und andere Devotionalien. Alles geschenkt bekommen. Und einen Pilgerhut hatte ihm ein Priester geschenkt. Der Mann hatte eine solch strahlende Laune und erzählte mir, das sei allen Kollegen so gegangen und sie hätten sich selten so überflüssig gefühlt, aber er würde diese beiden Tage in seinem Leben nie vergessen.
Solche und ähnliche Erfahrungen machen Menschen, die unvorbereitet und unvoreingenommen mit christlichen Veranstaltungen konfrontiert sind. Es geht friedlich zu, man ist freundlich zum Personal, man ist (meistens) gut gelaunt und es wird gesungen. Auch in München machte ein Reporter vom Deutschlandfunk diese Erfahrung mit der UNUM24. Seine Reportage zeigte sich zwar den christlichen Inhalten gegenüber durchaus kritisch, aber persönlich war er von der UNUM durchaus positiv überrascht und gab das in seinem Radiobeitrag zu erkennen.
Zu diesen persönlichen Begegnungen kommt es aber oft genug leider gar nicht. Sehr oft bleibt man auf Distanz zueinander und demonstriert lieber gegen die Christen mit ihren moralischen Vorstellungen. Dabei, das muss man einfach sagen, kommt im Christentum die Moral ziemlich weit hinten. Auch Jesus war bei weitem kein Moralprediger, auch wenn er in moralischen Fragen größte Klarheit an den Tag legte. Zuerst und als wichtigstes geht es für jeden Christen um eine persönliche Beziehung zu Jesus. Diese gilt es zu finden, zu pflegen, reifen zu lassen und in seinem Leben zur Wirkung zu bringen. Die Moral kommt da fast automatisch hinterher, ebenso wie die Erkenntnis, den vollen Anforderungen dieser Moral ohnehin nie ganz entsprechen zu können. Jeder Mensch ist ein Sünder, jeder ist es auf seine Weise und jeder braucht die Barmherzigkeit Gottes. Und mit dieser Erkenntnis können wir auch als Christen gerne etwas näher zusammenrücken. Da müssen wir Differenzen und auch theologischen Streit nicht ausblenden. Das gerade war es, was uns die Veranstalter der UNUM24 sagen wollten. Rückt mal etwas näher zusammen. Es wird kälter in Deutschland.
Anbetung und Lobpreis, wie hier auf unserem Bild, waren auch der bei der UNUM24 im Mittelpunkt. Foto: Pixabay
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