Katholischer Pfarrer schließt AfD-Funktionär von ehrenamtlicher Tätigkeit aus

25. Juli 2024 in Deutschland


Sind die Millionen von Christen, welche die AfD wählen, schlechtere Christen, die benachteiligt werden müssen, will der Betroffene vom Pfarrer wissen.


Hamm (kath.net/jg)
Die katholische Gemeinde St. Franziskus von Assisi in Hamm (Nordrhein-Westfalen) hat dem 20-jährigen Julian-Bert Schäfer untersagt, sich weiterhin in der Kirche zu engagieren. Grund ist die Tätigkeit Schäfers als Funktionär der Alternative für Deutschland (AfD), berichtet die Plattform NiUS.de.

Schäfer ist nach eigenen Angaben als Messdiener, Organist bei Beerdigungen und Lektor in der Pfarrgemeinde tätig. Seit vier Jahren ist er Mitglied der AfD. Er arbeitet als Büroleiter der AfD-Fraktion im Rat der Stadt Hamm. Er ist auch Beisitzer im Vorstand des AfD-Kreisverbandes Hamm und Bürgervertreter der AfD im Ausschuss für Familie, Kinder- und Jugendhilfe.

Gegenüber dem Westfälischen Anzeiger sagt der Pfarrer von St. Franziskus von Assisi, er sei „von zwei Mitgliedern aus der Gemeinde auf die Rolle Schäfers angesprochen“ worden. Nach Rücksprache mit dem Erzbistum Paderborn habe er Schäfer am 4. Juli mit dessen Engagement in der AfD konfrontiert und diesem mündlich mitgeteilt, dass er seine ehrenamtliche Tätigkeit einstellen müsse.

Der Pfarrer betont, es gehe nicht um die Parteizugehörigkeit Schäfers, sondern um dessen öffentliche und aktive Rolle. Würde der 20-jährige seine Funktionärstätigkeit aufgeben, könne er seine Tätigkeiten in der Pfarrgemeinde wieder aufnehmen.

Die Pfarrgemeinde beruft sich bei ihrer Entscheidung auf eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz vom Februar 2024. Dort heißt es, völkischer Nationalismus und Christentum seien unvereinbar. „Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar“, steht dort wörtlich.

Diese Erklärung ist nicht unumstritten. Prof. Dr. Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht und Institutsvorstand an der Universität Münster, hat mehrfach erklärt, dass die politische Einstellung kein Grund für einen Ausschluss von ehrenamtlichen Tätigkeiten sein kann. Wörtlich sagt er: „Man darf keinen Ehrenamtlichen in der katholischen Kirche wegen einer Parteizugehörigkeit ausschließen. Es muss faktisch ein antisemitisches oder rassistisches Verhalten dazukommen.“

Schäfer verweist darauf, dass er sich nie rassistisch oder antisemitisch geäußert habe. In einer Pressemitteilung der AfD, die der Redaktion vorliegt, beruft er sich außerdem auf das Grundgesetz, das eine Benachteiligung aus politischen Gründen untersagt. Er sei empört, dass ein Pfarrer willkürlich darüber entscheide, welche politischen Überzeugungen mit der Teilnahme am kirchlichen Leben vereinbar seien.

Schäfer überlegt, rechtliche Schritte gegen seinen Ausschluss von den ehrenamtlichen Tätigkeiten einzuleiten.

In einem Brief an den Pfarrer und die Gemeinde vom 6 Juli, welcher der Redaktion vorliegt, schreibt Schäfer unter anderem: „Mit 14 Jahren habe ich mich dazu entschlossen, als ich in einem Hammer Kinderheim gelebt habe, katholisch zu werden, weil ich in Christus und seiner Kirche ein Zuhause gefunden habe.“ Jetzt wolle ihn die Gemeinde vom kirchlichen Leben ausgrenzen. Schäfer möchte, dass der Pfarrer sechs Fragen beantwortet und damit seine Entscheidung schriftlich begründet. Unter anderem möchte er wissen, ob die „Millionen von Christen in Deutschland“, welche die AfD wählen, „schlechtere Christen“ seien, die „benachteiligt werden“ müssten.

Laut Angaben von Schäfer habe ihn der Pfarrer am nächsten Tag angerufen und ihm mitgeteilt, er werde schriftlich nicht zu dem Fall Stellung nehmen.

Er habe weiterhin Kontakt zu Mitgliedern der Pfarrgemeinde. Mit seinem Firmpaten, einem Priester, telefoniere er täglich, gibt Schäfer in einer Pressemitteilung bekannt.

Von den sechs Priestern, die in der Pfarre St. Franziskus von Assisi tätig seien, hätten vier mit ihm gesprochen und die Entscheidung des Pfarrers kritisiert. Die vier hätten sich ein Gespräch mit dem Pfarrer gewünscht, bevor eine Entscheidung über seine Verwendung getroffen worden sei. Stattdessen habe ihm der Pfarrer seine Entscheidung mündlich mitgeteilt, ohne dass er darauf reagieren oder seine Ansichten darlegen konnte, kritisiert Schäfer.

Die Gemeindemitglieder hätten auf seinen Ausschluss „bestürzt“ reagiert und das Verhalten des Pfarrers als „höchstpeinlich“ bezeichnet. Alle Mitglieder, mit denen er gesprochen habe, seien auf seiner Seite und würden die Entscheidung des Pfarrers ablehnen. Es gebe sogar Pläne, am Sonntag eine Versammlung vor der Kirche abzuhalten, bei der die Gemeindemitglieder auf Plakaten und Flugblättern mit ihm solidarisieren wollten, schreibt Schäfer.

 


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