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| Christen als Verwirrte und Verrückte, Freaks und Fundamentalistenvor 7 Tagen in Kommentar, 5 Lesermeinungen Eine Studie des Musikwissenschaftlers und Theologen Beat Föllmi zeigt, wie ARD-Vorabendkrimis antikirchliche Klischees verbreiten/Beitrag vom evangelischen Pfr. Jürgen Henkel München (kath.net/Auftrag und Wahrheit) In der beliebten bayerischen Krimiserie „Hubert und Staller“ gibt es einmal in der Episode „Der Flug des Phönix“ von 2015 einen kuriosen Dialog zwischen Polizeichef Girwidz und seinem Untergebenen Polizeimeister Riedel, der stets etwas vertrottelt gezeichnet wird. So fragt Girwidz: „Sagen Sie mal, Riedel, Sie gehen doch jeden Sonntag in die Kirche?“ – „Ich? Nein.“ – „Aber Sie glauben doch an den lieben Gott?“ – „Nein!“ – „Aber Sie sind doch katholisch?“ – Logisch.“ – „Ja, das muss reichen.“ Es ist nicht das einzige Mal, dass der durchgeknallte Polizeirat aus Wolfratshausen und sein nicht weniger spezielles Team bei Ermittlungen mit der Kirche zu tun bekommen und dabei Fremdheit wie Befremdlichkeit bis hin zu Respektlosigkeiten demonstrieren, etwa wenn Polizeihauptmeister Staller grundsätzlich seine Polizeimütze in Kirchen nicht abnimmt oder sich in einer Folge fröhlich und gedankenlos an Hostien und Messwein vom Altar labt. Der Schweizer Theologe und Musikwissenschaftler Beat Föllmi, der als Professor für Kirchenmusik und Hymnologie an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Straßburg lehrt und sich auch mit der Rezeption religiöser Themen in der zeitgenössischen Kultur beschäftigt, kommt in seinem 2023 erschienenen Buch „Kruzifix und Geisterbeschwörung. Religion in deutschen Vorabendkrimis“ zu kaum erstaunlichen, aber vielsagenden Ergebnissen. Er analysiert fast 900 Folgen von Krimiserien der ARD: dies sind „Hubert und Staller“/„Hubert ohne Staller“, „Großstadtrevier“, „Hauptstadtrevier“, „Alles Klara“, „Nordisch herb“, „Morden im Norden“, „Mord mit Aussicht“, „WaPo Bodensee“, „Zwischen den Zeilen“, „München 7“ und „Rentnercops“. Nach einer einführenden kurzen Charakteristik all dieser Vorabendkrimiserien der ARD untersucht Föllmi diese themenorientiert. Er fragt zunächst nach der Darstellung des religiösen Menschen („Homo religiosus“) und kommt aufgrund der Art und Weise wie religiöse Menschen hier vorgeführt werden zu dem Schluss: „Der religiöse Mensch wird einerseits von der nicht-religiösen Mehrheitsgesellschaft als lächerlich und randständig angesehen und andererseits ist das Urteil über ihn durchaus gerechtfertigt.“ (S. 40) Als nächstes fragt er nach den „institutionellen Vertretern: Priestern und Pastoren“. Er weist nach, dass „klerikale Stereotypen“ und natürlich auch die Frage des Zölibats immer wieder thematisiert werden. Dazu resümiert er: „Die Ehelosigkeit der katholischen Pfarrer weckt ein doppeltes Interesse. Einerseits wird das Zölibat als ein unzeitgemäßes Relikt dargestellt, das weder in die heutige Zeit gehört, noch überhaupt einzuhalten ist. Andererseits verdächtigt man den katholischen Priester stets, doch nicht so enthaltsam zu sein, wie er es seinem geistlichen Stand zufolge sein müsste. Interessanterweise spielt keine der Serienfolgen auf den Skandal um den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen an, der die katholische Kirche seit vielen Jahren erschüttert – ein Thema, das man nicht mit derselben Leichtigkeit ironisch hätte angehen können.“ (S. 52) Im folgenden Kapitel behandelt er die Darstellung von Freikirchen, Gurus und Sekten und betont, dass vor allem den Amischen mit erstaunlich viel Respekt begegnet wird. Selbstverständlich kommen auch esoterische „Lifestyle-Religionen“ mit Yoga, Aromatherapien, Gesundfasten etc. bei Föllmi in den Blick, oft vor dem Hintergrund des Stereotyps der etwas älteren Frau, die ohne Kinder und Beruf auf Sinnsuche ist. Hier tauchen auch immer wieder lächerliche Althippies auf. Höchst einseitig ist die Präsentation von Magie und Geisterbeschwörung, die wie alles, was sich zwischen Himmel und Erde abspielt, für Humbug und Clownerie erklärt wird, hat doch nach Ansicht der Drehbuchschreiber alles auf der Welt eine logische Erklärung. Föllmi dazu: „Das Übersinnliche ist eine einzige Quelle von Komik.“ (S. 84) Das Ergebnis seiner Analyse an dieser Stelle ist ernüchternd auch für Christen und christliche Theologie, wenn er festhält: „Es gibt in den Serienfolgen keinen Platz für die Wirklichkeit von Übersinnlichem und Paranormalem. Wo immer solche Phänomene auftauchen und solche Praktiken geübt werden, handelt es sich um Betrug, Täuschung, Klamauk oder, im besten Falle, um eine Tarnung, hinter der sich therapeutisches Handeln verbirgt.“ (S. 94) Aus gutem Grunde weist Föllmi darauf hin, dass in der Bibel magische und spiritistische Praktiken mehrfach erwähnt werden. Wobei davor natürlich gewarnt wird. Aber diese Realität wird ernst genommen. Es gilt: „Die untersuchten Vorabendserien (…) stellen sich alle auf einen nicht-religiösen Standpunkt: Funktionierende okkulte Praktiken gibt es innerhalb der Serienhandlungen nicht. Figuren, die daran glauben oder solches praktizieren, sind – wie religiöse Figuren im Allgemeinen – suspekt.“ (S. 96) Besonders spannend und wesentlich ist das Kapitel 6 („Religiöse Polemik und Antiklerikalismus“), in dem Föllmi dezidiert nachweist, wie sehr das Christentum und dessen Vertreter in stark polemischer Weise in diesen Serien angegriffen werden. Hier werden schlicht und ergreifend kirchenfeindliche und auch antikirchliche Klischees verbreitet, immer wieder auch unter Bezug auf Kreuzzüge, Inquisition und Hexenverbrennungen. „Die Aufzählung ist symptomatisch für eine pauschale und wenig differenzierte Kritik an der Kirche und ihren Vertretern.“ (S. 97) Dabei wird auch nicht berücksichtigt, dass die Hexenprozesse in der frühen Neuzeit größtenteils von der weltlichen Obrigkeit durchgeführt wurden. Besonders negativ kommt das Klosterleben weg: „Das Kloster als von der Welt abgeschlossener Ort dient besonders gut als antiklerikale Projektion.“ (S. 98) Dort herrschen „Obskurantismus, Heuchelei, Freudlosigkeit“ (S. 162) Es gibt böse und hämische Kommentare der Ermittler sowie aggressive Verhöre von Klosterangehörigen. „Die Ideale und die Lebensweise der Ordensleute werden abgelehnt und lächerlich gemacht. Verhaltensweisen wie Askese, Zölibat und Rückzug aus der Welt gelten als Feinde einer Gesellschaft, deren höchste Werte die freie Entfaltung des Individuums und die Erfüllung all seiner Wünsche darstellen.“ (S. 101) Föllmi erkennt zahlreiche terminologische und inhaltliche Irrtümer und spricht von einem „eklatanten religiösen Analphabetismus“. Das Zielpublikum nehme daran keinen Anstoß, weil es diese Fehler gar nicht mehr als solche erkenne. Föllmi nennt dies „die künstlerische Umsetzung dieser antiklerikalen Ideologie“ (S. 102). Auch Nonnen werden durchgehend als skurrile Personen vorgeführt. Als Motive für den Klostereintritt werden immer wieder schwierige soziale Milieus und eine krankhafte Persönlichkeit attestiert. Religion erscheint in den Serien durchgehend als Humbug und Fremdkörper in einer angeblich nur noch vernunftorientierten Gesellschaft, als rückständige bis gefährliche Praxis. Praktizierende Christen werden wahlweise als verwirrt, zurückgeblieben, naiv oder gefährlich dargestellt, als Fundamentalisten und Freaks oder als Heuchler mit rigiden Moralvorstellungen. Religiöse Menschen leben in Wohnungen voller Kitsch, Klöster sind in den Serien obskure Horte des Bösen, die Kriminellen Unterschlupf bieten und archaischen Kult praktizieren. Und bei jedem Pfarrer brennt durchgehend mindestens eine Kerze am Schreibtisch. Hinzu kommen gehässige bis bösartige Kommentare über Christus, Kreuz und Kirche, meist von den Polizisten und Ermittlern selbst. Die manische Ablehnung des Kreuzes geht soweit, dass einer der „Rentnercops“ in einem Übernachtungszimmer das Kreuz von der Wand abhängt und in einer Schublade über Nacht verwahrt, weil er sonst nicht (ein)schlafen kann, wenn ihn Christus vom Kreuz anblickt. Abgesehen von den vielen Fehlern in Bezeichnungen und Fachbegriffen, die vor allem vom religiösen Unwissen der Drehbuchautoren zeugen, toben sich hier seit Jahren viele Schreiber aus, die erkennbar selbst religiös völlig unbeleckt sind, mit dem Christentum nichts anfangen können und der Meinung sind, ihre eigene Ablehnung von Kirche und Christentum, die natürlich auch dem Zeitgeist entspricht, dem Fernsehpublikum beinahe schon missionarisch weitergeben zu müssen. Dass dies keine Einzelfälle sind, dokumentiert Beat Föllmi in diesem Buch. Der Band „spricht Bände“. Wie Föllmi weiter ausführt, kommt der Islam in den Serien übrigens so gut wie überhaupt nicht vor und wird nicht einmal mit Samthandschuhen angefasst, sondern meist gar nicht. Und wenn dann dient er als Folie, um vermeintliche islamophobe Vorurteile zu kritisieren. Die Radikalisierung von Muslimen wird als Folge von Ausländerfeindlichkeit vermittelt. Es kommen keine muslimische Religionsvertreter (Imam, Muezzin oder Prediger) vor; keine Szene spielt in einer Moschee oder religiösen Einrichtung. Warum wohl? Andere nicht-christliche Religionen werden sehr selten dargestellt oder sind völlig abwesend, wie etwa das Judentum oder der Hinduismus. Der Buddhismus wiederum wird als Religion der Gewaltfreiheit höchst positiv vermittelt. „Der Buddhismus wird hier im Wesentlichen auf Meditation und Gewaltfreiheit reduziert.“ (S. 112) Das Fazit von Beat Föllmi ist ernüchternd, wenn er schreibt: „Die säkulare Gesellschaft nimmt den religiösen Menschen als fanatisch und nicht dialogbereit wahr. Die untersuchten deutschen Vorabendserien bestätigen diesen Befund. Historische, autochthone Religionspraxis wird als kultureller Habitus inszeniert, als solcher wird sie allerdings in der säkularen Gesellschaft zunehmend in den Bereich des Folkloristischen abgedrängt und dort marginalisiert oder sogar abgewertet. (…) Der religiöse Mensch wird in den Vorabendserien wahlweise als verrückt, intellektuell eingeschränkt oder als gefährlich dargestellt“ (S. 159 f.). Als Christen wissen wir: die Botschaft vom Kreuz ist „den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit“, wie schon der Apostel Paulus schreibt (1 Kor 1,23). Mit den entsprechenden Anfeindungen und Spott werden wir als Christen in unserer zunehmend entchristlichten Gesellschaft künftig verstärkt zu leben haben, selbst wenn wir keine Verwirrten und Verrückten, Freaks und Fundamentalisten sind, als die uns die Krimiserien mittlerweile vorführen. Diese werden als öffentlich-rechtliche Produktionen natürlich von den Zwangsgebühren bezahlt, die auch die Christen entrichten. Ob die Drehbuchautoren sich hierbei willentlich und willfährig an der aktuellen Kulturrevolution gegen das Christentum in Deutschland und Europa beteiligen oder schlicht und ergreifend hier als Trendsetter des antikirchlichen Zeitgeistes agieren, sei dahingestellt. Es ist das bleibende Verdienst dieses Bandes und des Autors, diese massiv antichristliche Tendenz und kirchenfeindliche Ausrichtung dieser so harmlos wirkenden Vorabendserien dokumentiert und entlarvt zu haben. Dr. Jürgen Henkel ist Gemeindepfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern in Selb (Ober-franken), Schriftleiter der Zeitschrift „Auftrag und Wahrheit – Ökumenische Quartalsschrift für Predigt, Liturgie und Theologie“/AuW (Link zur neuen Ausgabe: https://www.vb-sabat.de/auftrag-und-wahrheit/4-jahrgang-2024-25/) und Prof. h.c. an der Fakultät für Orthodoxe Theologie der Babeş-Bolyai-Universität Cluj-Napoca/Klausenburg in Rumänien. Die Rezension ist in der aktuellen Nummer erstveröffentlicht (4. Jg. [2024/2025], Heft 1, S. 176-179). Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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