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Frei fluktuierende Kirchenbilder der Anderskatholischen

vor 3 Tagen in Kommentar, 9 Lesermeinungen
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Das Bistum Essen ist eines der Bistümer, die sich in Bezug auf die Agenden des Synodalen Weges sehr weit vorwagen. Immer wieder äußert sich der Generalvikar des Bistums auch zu fiktiven Kirchenbildern. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Die katholische Kirche in Deutschland ist in einer Umbruchsituation, die sich in wenigen Sätzen kaum beschreiben lässt. Sozialwissenschaften haben sich mehrfach in Studien damit beschäftigt. Theologisch ist nur unzureichend umschrieben, was sich gerade bewegt, wie es sich bewegt und vor allem die Ziele sind sehr unscharf. Umso mehr ein Grund, denjenigen auf die Feder zu schauen, die sich dazu äußern. Ein Protagonist des Kirchenumbaus ist der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer. Weniger wie ein Priester, mehr wie ein Manager gekleidet, meldet sich das Alter ego des Essener Bischofs sowohl in Interviews als auch in eigenen Beiträgen zu Wort. Vor nahezu zehn Jahren beschrieb der Generalvikar von Essen auf dem Blog „Futur2“ sein Bild einer Kirche der Zukunft. In einer Replik umschrieb ich dieses Kirchenbild als „rosa, fluffig, süß und klebrig“. Eine Kirche, die wie heute die Partei der Grünen in ihrer Eigenwahrnehmung eine coole, hippe, urbane, mit einem Wort „woke“ Gemeinschaft darstellen, die sich allerdings bei genauem Hinsehen stark nach außen hin abschottet. „Die Christen in der Zukunft sind keine überwältigende Mehrheit in der Gesellschaft. Dafür ist es zu anspruchsvoll, ein Christ zu sein.“ Ein exklusiver Zirkel, der zudem noch die Armut und das Leid ausblendet. Die christliche Kirche der Zukunft sei keine Volkskirche, stellte Pfeffer damals fest. An dieser Stelle ist der Link zu der zweiten, aktuellen Publikation Pfeffers. Doch zunächst noch dieses Zitat, mit dem Pfeffer damals seine Vision abschloss: „Die Kirche der Zukunft strahlt aus, ist sympathisch und dient den Menschen. Sie hat einen Platz in der Gesellschaft, weil sie aus überzeugten und überzeugenden Frauen und Männern, Mädchen und Jungen besteht, für die der christliche Glaube eine wirkliche Lebensquelle ist.“

In der aktuellen Ausgabe der Herder Korrespondenz schreibt der Generalvikar unter der Überschrift “Die Zukunft der Kirche hat schon begonnen: Die Erlaubnis zum Loslassen“ etwas realistischer und etwas weniger visionär. Die Wirklichkeit beginnt damit, dass sich die Kirche aus der Fläche zurückzieht. Pfeffer beschreibt eine von ihm selbst durchgeführte Profanierung einer ehemaligen Pfarrkirche im Sauerland. Ob die Schilderung der eigenen aufsteigenden Tränen beim Auszug mit dem Allerheiligsten, Pfeffer bezeichnet das Ziborium einfach als „Schale“, unangemessen emotional ist, sei dahingestellt. Pfeffer outet seinen eigenen Glaubensmangel so: „Gott verliert seinen Raum in unserer Welt, weil die Anzahl der Menschen rasend ansteigt, die ihn gar nicht mehr brauchen.“ Wer, so frage ich mich, bräuchte so einen Mikrogott, der sich zurückzieht, wenn man ein Kirchengebäude entwidmet und den Tabernakel ausräumt?


Die Antwort gibt Pfeffer gleich selbst. Es ist nichts weniger als das neue Dogma der KMU 6. Jene sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, an der sich erstmals die Deutsche Bischofskonferenz beteiligte, ist eine der Sozialstudien, die sich mit dem Wandel der Glaubenswelt der Deutschen befassen. Diese hatte festgestellt, dass 68 Prozent der Deutschen weder religiös noch spirituell sind. Man könne eben nicht mehr davon ausgehen, „dass Religiosität eine anthropologische Konstante ist, die nicht zurückgehen könne“ und damit wird induktiv der Beweis geführt, dass die Religion sogar aus einer ganzen Gesellschaft verschwinden könne. Damit sei es nicht verwunderlich, dass auch Kirchen einfach aus den Ortsbildern verschwänden. Ob damit auch die „woke“ Pfefferkirche aus Futur2 in das Reich der Phantasie zurückverwiesen wird oder ob dies gerade als Basis für die beschriebene superelitäre Minderheitenkirche gedacht werden soll, muss vorerst offen bleiben. Auch wenn im Aufsatz in der Herder Korrespondenz nun die Frage der praktischen Umsetzung im Fokus steht. Dabei geht es dann um Abschied von Glaubensinhalten, dem Aufgeben von alten Praktiken und letztlich dem Aufbau eines Konzerns „Kirche“ als Dachmarke für vor allem soziale Engagements. Hier, das sei angemerkt, liegt im Übrigen der wirtschaftlich aussichtsreichste Teil des Marke „Kirche“. Die angesprochenen Aspekte Konzentration und Reduktion, die bei der Entwicklung der zukünftigen Kirche nötig seien, verweisen durchaus wieder auf die „woke“ Kirche aus Futur2, gleichfalls die Aufgabe von Glaubensinhalten. Wirklich überzeugend, dass das Bild aus dem älteren Aufsatz noch gilt, ist der Schluss des Artikels in der Herder Korrespondenz. Es wird noch einmal emotional, und irgendwie kommt es auf die Menschen an, die Kirche irgendwie weitertragen.

Es geht darum, dass wir verstehen, was gerade passiert und dass wir eine Vorstellung entwickeln, wie damit umzugehen ist. Dabei sollte man das Bonmot des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz im Hinterkopf behalten, man wolle katholisch bleiben, anders katholisch. Die KMU 6 kommt den Anderskatholischen sehr entgegen. Da die Menschen nicht mehr religiös sind, muss man die Kirche von Religion reinigen. Die alten Glaubenssätze taugen in einer modernen Kirche nichts mehr. Wie sehr und wie tief dieser Gedanke auch in die Theologie eingedrungen ist, davon gibt der Freiburger Theologe Magnus Striet ein bewegendes Zeugnis. In seinem Buch über das Credo demontiert er den allmächtigen Gott und den Glauben an ihn in einer so beeindruckende Weise, dass ich mit dem Striet-Gott jede moderne Kirche, unter Aufgabe wesentlicher Glaubenssätze aber auch der Moral, begründen und etablieren kann. Die Diskussion um das Buch von Striet hat noch nicht begonnen, aber es wird sich zeigen, dass das Verständnis des Credo, wie er es darlegt, exakt die Basis für den Glauben einer anderskatholischen Kirche sein kann. Am Ende bleibt von der Kirche eine gesellschaftlich nützliche, politisch steuerbare NGO, deren stärkster Arm ihr Sozialkonzern ist. In einer solchen Kirche ist selbstverständlich auch der Ausschluss von Frauen vom Amt nicht mehr plausibel. Das Amt wird allerdings in einer solchen Kirche nicht mehr sakramental sein. Man hätte es schon merken können, was im letzten Absatz beschrieben ist, ist nichts anderes als das Schisma. Natürlich wird man – vor allem seitens der Amtsträger – ein solches bis zum ganz bitteren Ende leugnen und bestreiten, denn es geht um viel Geld.

Nimmt man sich den zum Kernsatz der KMU 6 gewordenen Satz von der Nicht-Religiosität der Mehrheit der Menschen vor, dann muss man den Sozialwissenschaftlern leider Kurzsichtigkeit bescheinigen. Dies ist leicht nachzuvollziehen, wenn man sich die Fragestellungen der KMU ansieht und erkennt, dass diese auf eine klassisch christliche Religiosität abzielen. Dabei muss man noch nicht einmal auf die wachsenden islamischen Gruppen im Land schauen. Ein Experiment in einem Firmkurs vor über 15 Jahren führte zu dem Ergebnis, dass keiner(!) der Teilnehmer des Kurses auch nur einen Satz des apostolischen Glaubensbekenntnisses teilte. Ich hatte einen Fragebogen so gestaltet, das verschiedene Sätze mit Ja oder Nein quittiert werden sollten. Darin waren die Glaubenssätze des Apostolicums versteckt. Alle wurden von allen mit „Nein“ quittiert. „Ich glaube irgendwie an irgendeinen Gott, von dem wir nichts wissen können“, wurde von der erdrückenden Mehrheit geglaubt. Das ist die Wirklichkeit! Woher rührt diese Wirklichkeit? Nun, die Frage lässt sich beantworten, wenn man sich nur die Schulbücher für das Schulfach „Katholische Religion“ ansieht. Wenn, wie Papst Benedikt XVI. das einmal sagte, Schüler nach zehn Jahren Religionsunterricht nicht einmal das Vater unser können, ist das Konzept an der Wurzel faul. Es ist keinesfalls so, dass schon eine Unterweisung den Glauben auslöst, aber ohne auch nur die geringste Kenntnis von dem, was die Kirche lehrt, kann sich ein Mensch weder dafür noch dagegen entscheiden.

Das Dogma der KMU ist mithin hausgemacht. Und auch hier gilt der alte Satz, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wem als Kind oder als Jugendlichem nicht vermittelt wurde, was die Kirche glaubt, wird vor allem den Feinden der Kirche glauben, was jene glauben, was die Kirche glaubt. Nachdem nun die Hexenverbrennung nicht mehr zieht, zieht vor allem der Skandal um den sexuellen Missbrauch, den vor allem Kleriker an männlichen Jugendlichen begangen haben und dessen Vertuschung durch Bischöfe. Mehr als das, so glauben auch die Architekten der anderskatholischen Kirche, braucht man über die Kirche gar nicht zu wissen. So können sie ihren neuen Glauben und ihre neue Kirche aufbauen. Dies ist umso mehr spannend, als es sich immer wieder zeigt, wie sehr diese anderskatholische Kirche sich auf die Basis der Katholischen Kirche setzt und voll und ganz an deren Stelle setzen will. Die Dorfkirchen – um die Generalvikar Pfeffer Krokodilstränen vergießt – brauchen wir nicht mehr, wenn wir die anderskatholischen „attraktive(n) Kirchenzentren“ (St. Hedwig Berlin ist ein gutes Beispiel) und die in ihrem Inneren modernisierten alten Kirchengebäude (Kirchencafe durch eine Glaswand vom Gottesdienstraum getrennt) haben, wo sich die hippen, woken Neuchristen unter gut ausgebildeten geistlichen Leiterinnen und Leitern treffen, wie es Klaus Pfeffer in Futur2 beschreibt.

Zum Ende hoffe ich, meinen Lesern nicht den Einstieg in die Woche komplett versaut zu haben. Doch unterm Strich bin ich sehr dankbar für solche klärenden Texte, die zeigen, was wir zu erwarten haben. Es werde uns ja nichts weggenommen, behauptete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Nun, es bilde sich jeder selbst sein Urteil, ob uns da nicht am Ende doch etwas ganz wesentliches genommen wird, nämlich die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Und wer das nicht glauben möchte, dem sei das Kapitel über die Kirche im jüngsten Buch von Magnus Striet wärmstens empfohlen. Wer danach noch glaubt, man wolle uns doch gar nichts wegnehmen, nunja, dem ist nicht zu helfen.

 

Bild oben: Schöne, neue, woke Kirchenwelt in einer bunt angemalten ehemaligen Kirche. Foto: Mit AI generiert.


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Lesermeinungen

 lakota vor 31 Stunden 
 

@Mensch#17

"ich war überrascht wieviele Männer da noch ein Kettchen mit einem Kreuz dran tragen!"

Leider hat das gar nichts zu sagen.
Schon vor Jahren trug mein Chef ein kleines goldenes Kreuz am Hals - und war aus der Kirche ausgetreten und völlig ungläubig.

Ansonsten stimme ich Ihnen zu.


0
 
 Stefan Fleischer vor 2 Tagen 

Die Frage, die mich immer mehr beschäftigt ist,

ob wir nicht immer mehr in ein unvollständiges und deshalb fragwürdiges Gottesverständnis abrutschen. «Der Herr sprach zu Mose: «Rede zu den Israeliten und sag zu ihnen: Ich bin der Herr, euer Gott.» (Lev. 18,1 u.a.m.). Fehlt nicht oft in unserer Verkündigung dieser Aspekt Gottes? Geht deshalb nicht heute das Bewusstsein verloren, dass Weihnacht nicht einfach «O du fröhliche, o du selige» ist, sondern auch der erste Schritt des Herrn auf seinem Kreuzweg zu unserer Erlösung aus Sünde und Schuld? «Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.» (Mt 16,24) Gehört nicht auch das zur wahren Jüngerschaft?


2
 
 Gandalf vor 2 Tagen 

Derzeit kath-tech-problem

Bitte um euer gebet


1
 
 Gandalf vor 2 Tagen 

ZUR INFO!

Derzeit kath.net-Tech-Probleme , seit gestern, noch nicht gelöst, bitte um euer Gebet


1
 
 antony vor 2 Tagen 

Ich kenne zwar GV Pfeffer nicht, aber aufgrund der Zitate scheint mir die Kritik unfair.

„Die Christen in der Zukunft sind keine überwältigende Mehrheit in der Gesellschaft. Dafür ist es zu anspruchsvoll, ein Christ zu sein.“
- Die Christen waren von Anfang an eine Minderheit. Ich stamme aus einer Welt, in der früher fast alle getauft waren. Sicher, die Leute kannten das Vater unser und einige Glaubenswahrheiten, aber ist eine Mehrheit Jesus nachgefolgt? Ich vermute nein. Insofern: GV Pfeffer liegt richtig. War vermutlich früher auch schon so.
Nächstes Zitat:
"Die Kirche der Zukunft strahlt aus, ist sympathisch und dient den Menschen. Sie hat einen Platz in der Gesellschaft, weil sie aus überzeugten und überzeugenden Frauen und Männern, Mädchen und Jungen besteht, für die der christliche Glaube eine wirkliche Lebensquelle ist.“
Eine großartige Vision! So funktionierte die Urgemeinde in Jerusalem. Und sie zog Tausende an. So funktionieren wachsende Kirchen fast überall auf der Welt.
Von daher: Wo ist das Problem mit dem, was der Essener Generalvikar sagt?


0
 
 Jothekieker vor 2 Tagen 
 

KMU steht für "Kleine und mittlere Unternehmen"

So wird die Kirche ganz sicher zu einem KMU.


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 Mensch#17 vor 2 Tagen 
 

Schwiendende Religiösität?

JA, mich hat auch schon jemand mit der "schwindenden Religösität" der KMU6-Studio zugetextet. Nur kann ich dem nicht zustimmen. Richtig ist, dass Formen der bisherigen christlich verorteten Frömmigkeit am verschwinden sind, aber zu Teil sind die ja auch durch das kirchliche "Bodenpersonal" nicht mehr gepflegt und vermittelt, sondern man hat sie einschlafen lassen. z.B. Wenn ich jüngeren Leuten nicht mehr lehre, wie man den Rosenkranz betet, dann ...
Ich denke, dass viel mehr Menschen eigentlich noch mit Jesus Christus zu tun haben wollen - man gehe nur mal im Sommer ins Freibad, wenn auch viele Familien da sind: ich war überrascht wieviele Männer da noch ein Kettchen mit einem Kreuz dran tragen! - aber wenn man sie mit irgendwelchen Belanglosigkeiten zutextet, dann erreicht man die normalen Menschen nicht ... nicht jeder mag Zuckerwatte!


2
 
 naiverkatholik vor 2 Tagen 
 

Essener Kirchenmagazin BENE ist niedrigschwellig, sehr niedrigschwellig

Das Essener Kirchen-Magazin Bene geht 4x jährlich an alle katholischen Haushalte,kostenlos,450.000x. Der Sinn ist es, sehr niedrigschwellig die Leute zu erreichen. Aber wohin führt man sie?? Jeder mag digital nachblättern, ob er im ganzen Jahr 2024 einmal den Namen Jesus Christus findet. Ist wohl zu hochschwellig. Bitte Mut zu mehr Substanz und auch mal zu katholischer Zumutung.


3
 
 Stefan Fleischer vor 2 Tagen 

Andernorts habe ich zu diesem Thema geschrieben:

Liegt es vielleicht daran, dass man unserer Kirche hier im "christlichen" Abendland wieder einmal klar machen müsste, was ich mir heute in meiner Aphorismensammlung notiert habe:
"Gott hat nicht dem Menschen zu dienen, sondern der Mensch Gott."
Wenn wir so weiter machen wie in den letzten Jahren, dann "Gute Nacht!"
"Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat."
"Besser, sich zu bergen beim Herrn, / als auf Fürsten zu bauen."


4
 

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