Leipziger Propstei kehrt in die Innenstadt zurück

11. Mai 2015 in Deutschland


Zur Überraschung der meisten Feiernden begann der Weihegottesdienst für den Neubau der Propsteikirche St. Trinitatis mit einer Grußbotschaft von Papst Franziskus


Leipzig (kath.net/pbl) Im Beisein des Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und zahlreicher weiterer Gäste wurde am Samstag in Leipzig der Neubau der Propsteikirche St. Trinitatis in einem feierlichen Gottesdienst geweiht. Zur Überraschung der meisten Gemeindemitglieder und Besucher begann der Weihegottesdienst mit einer an Gemeinde und Anwesende gerichtete Grußbotschaft des Papstes, die der Nuntius überbrachte.

Mit der Weihe der neuen Kirche geht ein lang gehegter Wunsch der Propsteigemeinde in Erfüllung. Die mehr als 300 Jahre alte zentrale katholische Gemeinde Leipzigs verlor im Jahr 1943 ihre 1847 errichtete neogotische Kirche bei einem Bombenangriff. Gegen das Versprechen der SED-Machthaber, den Bau einer neuen Kirche am alten Ort errichten zu dürfen, willigte die Gemeinde in die Sprengung der schwer zerstörten Kirche ein. Nach der Sprengung im Dezember 1954 zogen die SED-Behörden das Versprechen zurück. Erst Ende der 1970er Jahre wurde eine Baugenehmigung für ein sumpfiges Gelände außerhalb der Innenstadt erteilt. Die zweite Propsteikirche wies schon nach wenigen Jahren Schäden auf, die schließlich so untragbar wurden, dass der heutige Neubau notwendig wurde. Die Leipziger Pfarrei St. Trinitatis ist zudem in den letzten 20 Jahren von 1.934 auf 4.700 Mitglieder angewachsen zur inzwischen stärksten Pfarrei des Bistums Dresden-Meißen. Der Standort des Neubaus in der Innenstadt liegt unweit der ursprünglichen, ersten Propsteikirche. 4,2% der Einwohner Leipzigs sind katholisch. Ihr Anteil an der Bevölkerung ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen.

Besondere Beachtung des Nachhaltigkeitsgedankens – DBU half

Die neue Propsteikirche wurde entworfen von dem Leipziger Büro „Schulz & Schulz Architekten“. Der Bau umfasst die Kirche und ein Gemeindezentrum, dazu die Wohnungen für Priester und Hausmeister. Sie fällt auf wegen ihrer durchgehend aus „Rochlitzer Porphyr“ gemauerten Fassade. Der rote Vulkan-Stein ist in Leipzig und in Mitteldeutschland ein seit Jahrhunderten verwendeter Baustoff. Die Kirche entstand direkt gegenüber dem Leipziger Neuen Rathaus, bleibt jedoch mit ihrem 50 Meter hohen Turm deutlich unter der Höhe des weltlichen Nachbargebäudes. Ein besonderes Merkmal des Neubaus ist die konsequente Beobachtung des Nachhaltigkeitsgedankens, die in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) erfolgte. Schon beim Architektenwettbewerb wurden die Entwürfe an 20 ergänzenden Kriterien der Nachhaltigkeit gemessen.

Die Heizung und Kühlung erfolgt über 18 Erdsonden in 140 Metern Tiefe. Der erzeugte Strom entspricht dem Bedarf von 20 statistischen Musterhaushalten Ein eigener Brauchwasser-Kreislauf verringert den Trinkwasserverbrauch erheblich. Für die Beleuchtung wurden fast durchgängig LED-Leuchten verwendet. Das gesamte Gebäude ist vorbildlich und langlebig gedämmt. Mit einem Anteil regenerativer Energie von etwa 76% erzeugt es den Großteil der Energie, die es braucht, vor Ort selbst.

Orgel und Glocken erst in einigen Monaten fertig

Eine Orgel der baden-württembergischen Firma Vleugels wurde bereits eingebaut. Bis zur Orgel-Einweihung werden aber noch etliche Wochen vergehen. Am Tag der Weihe wurde ein mobiles Instrument verwendet. Die neue Orgel wird nach Fertigstellung 45 Register haben und 2.716 Pfeifen. Der Glockenstuhl steht ebenfalls noch für dieses Jahr aus. Er wird für ein Geläut von sechs Glocken ausgelegt sein, vorerst aber nur fünf Glocken tragen. Zwei dieser Glocken stammen aus der bisher genutzten Kirche. Eine kleine, noch aus der im Krieg zerstörten ersten Trinitatis-Kirche verbliebene c-Glocke hatte vor einigen Wochen Berühmtheit erlangt, weil ausgerechnet sie Schwingungen erzeugte, die auf Dauer den Turm zu beschädigen drohten. Sie soll nun einen eigenen Platz bekommen.

Für Propst Gregor Giele, der den gesamten Bau von Anfang bis zur heutigen Weihe zunächst als Pfarrer und seit Kurzem im neuen Amt begleitet hat, ist die Ausnahmesituation einer bauenden Gemeinde ohnehin noch nicht zu Ende: „Wir brauchen noch einige Wochen, bis die Orgel einsetzbar ist. Die Glocken werden wohl erst zum Jahresende gegossen sein. Und dann beginnt wieder eine Zeit, die vergleichbare Einsatzfreude von uns verlangt – die Mitwirkung an der Vorbereitung des Katholikentages in Leipzig im nächsten Jahr.“

Grußbotschaft von Papst Franziskus zur Propsteiweihe in Leipzig:

Meinem verehrten Bruder, Dr. Heiner Koch, Bischof von Dresden-Meißen

Die Weihe der neuen Propsteikirche in Leipzig ist ein besonderer Tag der Freude für die katholische Gemeinde wie auch für alle Menschen in dieser Stadt und über ihre Grenzen hinaus. Heute eine Kirche im Herzen einer großen deutschen Stadt zu bauen und so dem Glauben an den dreifaltigen Gott mitten im Leben sichtbaren Platz zu geben, ist ein Zeichen der Hoffnung und der Zukunft. Aus diesem Anlass übermittle ich Dir, lieber Mitbruder, und allen Anwesenden meine herzlichen Grüße und bitte den Herrn Jesus Christus, dass er die Augen unseres Herzens erleuchte, damit wir verstehen, zu welcher Hoffnung wir durch ihn berufen sind (vgl. Eph 1, 18).

In den letzten siebzig Jahren musste die Trinitatisgemeinde die Erfahrung eines mehrfachen Ortswechsels machen. Es fehlte zunächst ein eigenes Gotteshaus als lebendiger Mittelpunkt, als Stätte der Begegnung mit Gott und des Austauschs der Menschen untereinander. Zweimal wurde das Bestreben, Heimat zu finden, im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft gesprengt. Die Geschichte lehrt die Kirche aber gerade durch solche Erfahrungen, dass es oft die Situation der leeren Hände ist, die einen Weg zu religiöser Erneuerung und reicher geistlicher Frucht eröffnet. Die Dynamik der Wirklichkeit fordert die Menschen immer wieder auf, sich auf das Ungewohnte einzulassen und die Gemeinschaft mit Gott sowie den Brüdern und Schwestern als das eigentliche Geschenk zu erfahren. So ist es möglich, eine neue Dynamik der Liebe in der Gesellschaft zu erzeugen, die Menschen und Gruppen antreibt, Verantwortung zu übernehmen und Zukunft zu gestalten. Das haben Christen nicht zuletzt bei den Ereignissen des Jahres 1989 unter Beweis gestellt.

Nun darf sich die katholische Gemeinde auf ihre neue Kirche freuen. Diese wird kein Solitär in einer fremden Umgebung bleiben. Sie streckt ihre Arme der Stadt entgegen und gibt sich ihr als Geschenk. Zugleich weist sie mit ihrem schlanken Turm zum Himmel und ist so gleichsam in Gott verankert. Sie öffnet ihre Türen auch für die, welche Christus nicht kennen, und will allen immer wieder neu den größeren Horizont vor Augen führen, den die Auferstehung Christi in die Welt gebracht hat: „Jeden Tag wird in der Welt die Schönheit neu geboren, die durch die Stürme der Geschichte verwandelt wieder aufersteht. Die Werte tendieren dazu, immer wieder auf neue Weise zu erscheinen, und tatsächlich ist der Mensch oft aus dem, was unumkehrbar schien, zu neuem Leben erstanden. Das ist die Kraft der Auferstehung, und jeder Verkünder des Evangeliums ist ein Werkzeug dieser Dynamik" (Evangelii gaudium, 276).

Mit diesem Wunsch und in der Gemeinschaft des Gebetes füreinander erteile ich den Gläubigen der Pfarrei Sankt Trinitatis in Leipzig sowie allen, die an der Weihe der neuen Propsteikirche teilnehmen, von Herzen den Apostolischen Segen.


Grußwort von Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius

Exzellenz, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Tillich,
Exzellenzen, verehrter Bischof Heiner Koch und Bischof Joachim Reinelt,
verehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
lieber Herr Propst Giele,
sehr geehrte Repräsentanten des öffentlichen Lebens,
liebe Brüder und Schwestern!

„Wie freute ich mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern“ (Ps 122,1).

Diese Worte aus dem 122. Psalm beschreiben gut die Freude, die uns alle heute erfüllt, da die neue Propsteikirche in der Innenstadt von Leipzig nach langen Jahren des Planens und Bauens, aber auch des Bangens und der Mühen geweiht worden ist. Wir danken dem einen und dreifaltigen Gott für seine Gegenwart und verlässliche Treue durch alle Phasen der bewegten Geschichte der Propsteigemeinde.

70 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wird heute in Leipzig eine lange vergessene Wunde der Zerstörung durch einen Neubau geschlossen. Die katholische Propsteikirche, die der allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht war und ist, bezeugt den Menschen dieser Stadt, dass es besser ist, auf Gott zu bauen, als auf Menschen zu vertrauen. Die Ideologien des 20. Jahrhunderts, Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus, haben Zerstörung gebracht, der Glaube an den menschgewordenen Gott Jesus Christus aber zeigt den Weg zum Frieden, der gerecht ist und gut. Lange Zeit wurde diese Botschaft des Friedens, der von Gott kommt, an den Rand gedrängt. Auch in der modernen Gesellschaft will man diese Botschaft nicht unbedingt hören. Aber sie muss verkündet werden. Diese Kirche wurde im Zentrum einer weithin säkularisierten Stadt errichtet. In ihrer Architektur drückt sie die Wahrheit aus, daß auch der moderne Mensch nötig hat, sich zum Himmel, zu Gott hin auszustrecken wie der weithin sichtbare Turm. Der Bau der Kirche ist verbunden mit dem pastoralen Zentrum. Beides braucht es für den Aufbau einer christlichen Gemeinde, die sich versammelt, um die Eucharistie zu feiern, um das Wort Gottes zu reflektieren und gestärkt mit den Werten des Evangeliums das Leben zu gestalten – das persönliche, das familiäre und das soziale.

In diesem Sinne lassen wir uns vom auferstandenen Herrn Jesus Christus heute und für alle Zeit hier in Leipzig und überall in Deutschland und der Welt sagen: „Der Friede sei mit euch!“ (Lk 24,36). Im Licht dieser Worte des auferstandenen Herrn bekommt das Gebet des Psalmisten eine neue Bedeutung, wenn es heißt: „Erbittet für Jerusalem (Leipzig) Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen. Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit“ (Ps 122,6-7).


Predigt von Bischof Dr. Heiner Koch zur Weihe der Leipziger Propsteikirche am 9. Mai 2015

Verehrter Herr Nuntius,
lieber Bischof Joachim,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
verehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Schwestern und Brüder,
liebe Gäste,
liebe Mitfeiernden nah und fern!

In diesen Tagen feiern wir die erste urkundliche Erwähnung der Stadt Leipzig vor genau 1000 Jahren, ausgerechnet in einer die Kirche betreffenden Todesnachricht: Bischof Thitmar von Merseburg erwähnt in seiner Chronik, dass am 20. Dezember 1015 Bischof Eido „in der Burg Leipzig Christus seine treue Seele zurückgab“.

Wenn das nicht passt: genau 1000 Jahre nach dieser Nachricht vom Tod des katholischen Bischofs in Leipzig weihen wir im Herzen dieser Stadt ihre neue katholische Propsteikirche.
Nur wenige Meter vom jetzigen Standort entfernt wurde 1847 die erste katholische Trinitatiskirche dieser Stadt geweiht. Im 2. Weltkrieg wurde sie durch Bomben zerstört.

Es folgten fast 30 Jahre Auseinandersetzung mit den Machthabern der DDR über einen Neubau und schließlich die Verdrängung eines solchen Kirchbaus aus dem Stadtzentrum, Zeichen für die Bedeutung, die man der katholischen Kirche in dieser Stadt nur noch zubilligte.
Doch bereits kurz nach ihrer Fertigstellung zeigten sich erhebliche Schäden dieser Kirche wie der Gesellschaft, die sie umgab. 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution kehrt das Gotteshaus nun zurück in das Herz Leipzigs.

Wir haben in dieser Stunde zu danken: Gott, der die Propsteigemeinde auf dem Weg ihrer Geschichte geführt hat und ihr die Kraft gab, dieses Gotteshaus an diesem Platz zu errichten.
Ich danke meinem Vorgänger, Bischof Joachim Reinelt für den Startschuss dieses Bauvorhabens.

Ich danke der Gemeinde St. Trinitatis und denen, die in ihr Verantwortung trugen und tragen: Propst Lothar Vierhock und Propst Gregor Giele stehen für viele.

Ich danke denen, die mit ihrem Gebet und mit ihren Geldern diesen Bau ermöglichten: den Kirchensteuerzahlern und den deutschen Diözesen, dem Bonifatiuswerk und den vielen Spendern, die uns hier in Sachsen nicht allein ließen.

Ich danke den evangelischen Schwestern und Brüdern für ihr so glaubwürdiges Miteinander in vielen Jahrzehnten. Die Glocken der evangelischen Nikolai- und der Thomaskirche sind mit den Glocken unserer Trinitatiskirche abgestimmt. Ich freue mich schon sehr darauf, wenn sie zum ersten Mal zusammen ihre Stimmen in der Stadt Leipzig erheben.

Ich danke der Stadt Leipzig, ihren Verantwortlichen und ihren Bürgerinnen und Bürgern für ihre Solidarität. Ich danke den Architekten, den Künstlern, den Bauleuten.
Vergelt´s Gott ihnen allen!

Diese Kirche ist ein Haus der Gemeinschaft der Christen. Sie ist ein Bild für die hiesige Propsteigemeinde.
Jeder Stein dieser Kirche ist wichtig und jede und jeder fehlt uns, der nicht da ist, nicht mit uns lebt, feiert und Verantwortung trägt.

„Der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr“, schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth (1 Kor 3,17). Wir alle gehören zusammen und wir brauchen einander.

Gut, dass es diese Trinitatisgemeinde hier in Leipzig gibt, so lebhaft, so bunt, so vielsprachig. Ohne Sie, die Gläubigen, wäre der Neubau eine tote Hülle. Durch sie wird der Bau zu einem lebendigen Ort des Glaubens und der Gemeinschaft.

Miteinander sind wir als Volk Gottes unterwegs durch die Geschichte dieser Zeit, sein heiliges Volk, seine von ihm immer wieder neu geheiligte Kirche der Sünder und der Gnade.

Vor allem aber wurde dieses Gotteshaus hier erbaut als Zeichen der Nähe Gottes mitten unter uns Menschen.
Für diese Nähe steht Jesus Christus, für ihn legt dieser Bau Zeugnis ab:
Gott bleibt bei den Kindern und Jugendlichen dieser Stadt,
bei den Männern und Frauen, bei den Jungen und den Alten, bei den Kranken, Behinderten und Leidenden,
bei den Flüchtlingen und bei denen, die keine Hoffnung mehr haben,
bei den Glücklichen und bei den Trauernden.

Er, der nicht vom Kreuz herabstieg und die beiden Mitgekreuzigten dort nicht allein hängen ließ, er blieb auch bei Zachäus, wie das Evangelium uns heute verkündet, so klein wie dieser war und solch ein Außenseiter wie viele Menschen in unserer Gesellschaft, die wie er oft nicht durchkommen, denen der Blick verwehrt ist, die draußen am Rande stehen.

Doch das ist die Botschaft Jesu Christi:
Gott übersieht keinen von uns, er entdeckt uns, er ruft uns bei unserem Namen, so wie er Zachäus rief, in dessen Haus er einkehrte wie in dieses Gotteshaus hier,
mitten in das pulsierende Leben dieser lebendigen Stadt Leipzig.
Propsteikirche St. Trinitatis, Heilige Dreifaltigkeit, so der Name dieser Kirche, den schon ihre Vorläufer in langer Tradition trugen, ein zaghafter Versuch, in Begriffen die Unbegreiflichkeit Gottes zu umschreiben, der Liebe in Fülle ist, die in unser Herz einkehren will.

Für diese Botschaft von Gott, der ein Herz für jeden Menschen hat und der uns alle trägt, für diesen Gott steht diese Kirche und steht diese Gemeinde, die Gott hier mitten in Leipzig die Ehre gibt.

Die Fassade ist errichtet aus Rochlitzer Porphyr, einem schon seit vielen Jahrhunderten in dieser Region bei Bauten verwendeten heimischen Naturstein und damit Zeichen für die sächsische Heimat.

Diese Steine unserer Heimat sollen eine Bitte, ja eine Einladung an jeden Menschen hier in Leipzig sein:
Komm, mach dich mit uns auf den Weg, Gott in dieser Stadt und in deinem Leben zu entdecken!
Wir sind keine Kirche der Fertigen, die meinen, Gott begriffen zu haben, ihn im Griff zu haben.

Wir suchen ihn immer wieder neu, wir fragen nach ihm, wir helfen einander, ihn immer wieder neu zu entdecken, sind auf dem Weg in das Geheimnis seiner Liebe, die wie schon jede menschliche Liebe letztlich unbegreifliches Geheimnis bleibt.

Wir sind auch dankbar für Sie, die Ungetauften, die Sie mit Ihren Lebenserfahrungen, mit Ihrem Suchen und Ihrem Fragen für uns ein Reichtum sind, lebens- und glaubensbedeutsam.

Ich bitte Sie, gehen Sie mit uns mit! Wahrscheinlich sind wir einander viel näher, als wir es ahnen.

Vielleicht werden wir dann miteinander auf dem Weg erfahren, dass nicht nur wie die österlichen Jünger auf dem Weg nach Emmaus wir nach Gott fragen, sondern dass schon viel früher Gott nach uns fragt.

Nicht nur, dass wir Gott suchen, sondern dass er fragend nach uns sucht, so wie er Zachäus gesucht und gefunden hat.

Vielleicht werden wir miteinander diesen Gott entdecken, der schon im Paradies nach dem Menschen fragte: „Wo bist du?“ (Gen 3,9)
Hoffentlich werden wir miteinander das Licht des Auferstandenen wahrnehmen und uns von ihm aufklären lassen.

Für diese Hoffnung steht die Mystik dieser Propsteikirche, für diese Botschaft vom Licht Gottes, das die Welt erhellt, in das wir gerade am heutigen Tag hineingenommen, gleichsam eingeweiht werden sollen.

Wir haben eine Mitte, die uns trägt und manchmal erträgt, die uns zusammenhält, nach vorn bringt und Kraft gibt:
Jesus Christus, der hier gegenwärtig ist in den Sakramenten:
im Zeichen des Wassers in der Taufe,
im heiligen Öl, mit dem die Firmlinge und die Kranken gesalbt werden und das hier in einer in die Kirchenwand eingelassenen Vitrine aufbewahrt wird,
in Brot und Wein in der Feier der Eucharistie, für die der Altar steht,
und im Sakrament der Versöhnung mit Gott und miteinander, auf das der Beichtstuhl weist.
Gott ist hier gegenwärtig im Wort der Heiligen Schrift, für das der Ambo steht und unsere Kirchenfenster, die die Worte der Heiligen Schrift zum Strahlen bringen.

Und er ist zugegen in unserer Gemeinschaft, die sich um diesen Altar so eindrucksvoll versammelt hat.

Gott ist da im Zeichen des Kreuzes, das wie alle heiligen Orte dieser Kirche in ihrer Farbkomposition von der Lebenskraft der Liebe Gottes spricht, die auch zum Leiden mit und für die Menschen bereit ist.

Er ist da für jeden Einzelnen, der diese Kirche betritt, betend oder fragend, hoffend, trauernd, verzweifelt oder dankbar.

Immer wieder, wenn ich diese Kirche während ihres Baus besuchte, entdecke ich Neues.

Aber schon jetzt gibt es für mich ein Lieblingsstück in dieser Kirche: die kleine Glocke, die lange, bevor sie zum ersten Mal läutet, schon so viel Wirbel in der Presse ausgelöst hat, weil sie in ihrer Kleinheit nicht in den Turm zu passen schien, weil sie den ganzen Turm durcheinander wirbelt.

Diese kleinste und doch älteste Glocke unseres Glockenturms, die schon in der ersten Propsteikirche hing, ist der Heiligen Familie gewidmet, was mich als Familienbischof natürlich sehr freut.

Aber wenn sie noch keinen Namen hätte, so würde ich ihr den Namen Zachäus geben.

Sie kündet von der Erfahrung, die dem kleinen, am Rande stehenden Zachäus verkündet wurde und die hoffentlich viele Menschen hier in der Propsteikirche, in dieser unserer Stadt und überhaupt in ganz Deutschland auf dem Weg zum 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig im kommenden Jahr erfahren werden:

Dass da ein Gott ist, der in die Herzen der Menschen einkehren will.

Ist diese Botschaft nicht das schönste Geschenk für die Menschen in Leipzig,
deren Stadt sich in diesen Tagen ihrer tausendjährigen Geschichte erinnert und die in eine gottgesegnete Zukunft aufbricht?

Dresden, den 09.05.2015

+ Heiner Koch
Bischof von Dresden-Meißen

Katholische Propsteikirche in Leipzig wurde eingeweiht


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Foto: Segnung des Taufsteins © Bistum Dresden-Meißen


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