Gott straft nicht - oder doch?

4. April 2020 in Kommentar


«Dann können wir uns damit zufrieden geben zu wissen - das heisst zu glauben - dass er immer nur das Beste für uns will und tut, auch dort, wo er uns seine Gründe nicht erklärt.» Ein Beitrag von Stefan Fleischer.


Grenchen (kath.net)
In meiner Jugend fiel noch oft das Wort: "Gott straft schnell und gerecht" und auch das andere: "Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher". Heute heisst es meist: "Gott ist Liebe. Er versteht alles und verzeiht alles". Die Frage, ob Gott straft oder nicht, wenn ja, wann wie und wo, wenn nein warum nicht, dürfte die Menschen seit jeher beschäftigt haben. Für mich ist das Handeln Gottes in der Geschichte so unbegreiflich wie Gott selbst. Im Grunde ist dies eine Frage des Gottesbildes. Und so, wie jedes einseitige Gottesverständnis an Gott vorbei denkt, so dürfte auch jede einseitige Aussage in dieser Frage an der Wahrheit vorbeireden.

Sicher ist: "Gott ist Liebe, Gottes Barmherzigkeit ist grenzenlos" aber genau "Gott ist Gerechtigkeit" Wie er beides unter einen Hut bringt, das werden wir, das werde ich hier auf Erden nie wirklich begreifen.

Sicher ist auch: Gott hat dem Menschen die Freiheit gegeben bis hin zur Freiheit sich gegen ihn zu stellen, sich seinem Willen zu widersetzen. Diese Freiheit nimmt er nie zurück. Aber auch hier; wie Gott damit umgeht, dass wir unsere Freiheit missbrauchen und damit seine Pläne mit uns durchkreuzen, und nicht nur das sondern auch, dass wir damit seine Pläne mit unseren Nächsten und der ganzen Welt durcheinanderbringen, auch das werden wir hier und jetzt nie wirklich verstehen.

Der Schlüssel dürfte es sein, wenn wir uns wieder voll der ganzen unermesslichen und daher unbegreiflichen Grösse Gottes bewusst werden, wenn wir immer und überall daran denken, dass er allwissend, und allmächtig ist, unabhängig von Raum und Zeit und insbesondere auch davon, wie wir ihn uns vorstellen, was wir von ihm denken, was er in unseren Augen tun und lassen sollte. Dann leuchtet und hin und wenig etwas davon auf was es heisst: "Seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken und seine Wege sind nicht unsere Wege!» Dann können wir seine Selbstoffenbarung an uns annehmen als sein ungeschuldetes Geschenk an uns. Dann können wir uns damit zufrieden geben zu wissen - das heisst zu glauben - dass er immer nur das Beste für uns will und tut, auch dort, wo er uns seine Gründe nicht erklärt.

In dieser Sichtweise können wir ruhig auch vieles als "Strafe" Gottes ansehen oder zumindest als dringliche Mahnung zur Umkehr. Wir wissen, dass, selbst wenn Gott uns "straft", das nicht Rache oder Vergeltung, sondern dass auch das nur ein Akt seiner Liebe zu uns ist. Das ist unser Glaube. Auf diesem Glauben baut unsere Hoffnung auf ihn. Diese Hoffnung führt uns dann zur Dankbarkeit und damit zur Liebe ihm gegenüber in allen Situationen des Lebens, auch dort, wo wir sagen müssen: "Ich begreife Dich überhaupt nicht mehr, mein Herr und mein Gott. Aber ich muss ja Dich auch gar nicht verstehen, besonders dort nicht, wo das meine menschliche Begrenztheit übersteigt."

"Wir preisen Dich, Herr Jesus Christus und danken Dir, denn durch Dein (unbegreifliches) Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst!" Wer könnte schon behaupten, er hätte das Geheimnis unserer Erlösung auch nur ein bisschen verstanden?


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