"Wenn wir uns bekreuzigen, proklamieren wir den Sieg des Kreuzes über uns"

2. September 2020 in Jugend


Immer wieder können wir in der Heiligen Schrift lesen: „Fürchtet euch nicht.“ Genau das ist es, was uns auch Gott immer zuflüstert, wenn wir uns seiner erinnernd bekreuzigen - Die Jugendkolumne von kath.net - Von Magdalena Preineder


Linz (kath.net)

Ich mache das Kreuzzeichen, langsam und bedächtig. Dabei denke ich daran, dass Christus für mich  am Kreuz gestorben ist. Das ist zumindest ein mögliches Szenario. Die andere Möglichkeit ist ein Kreuzzeichen, das ich automatisiert mache. Die Worte „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ murmle ich dabei wie selbstverständlich vor mich hin.

 

Während dem Schreiben dieser Zeilen denke ich gerade an die prächtigen Kruzifixe, die noch vor wenigen Jahren in den Hörsälen der theologischen Fakultät an der Universität Wien vorzufinden waren. Während all der Jahre, die sie die Räume zierten, hörte ich kaum jemanden sagen, wie schön das sei. Erst als die Kruzifixe abgenommen wurden, wurden vereinzelt Stimmen der Empörung laut, die zeigten, dass das Zeichen des Kreuzes in den Hörsälen für die Studierenden von Bedeutung war. Warum erst dann? Meine These ist, dass diese wunderschönen Holzkruzifixe früher oder später als selbstverständliches Rauminventar, das es dementsprechend nicht mehr wert war zu betonen, wahrgenommen wurden.

 

Das Gefährliche an der Selbstverständlichkeit (des Bekreuzigens) ist, dass die wesensbestimmende Bedeutung (des Kreuzes) aus dem Blick gerät.

 

Ein weiteres Szenario an das ich soeben denken muss, spielte sich während meiner Führerscheinausbildung ab. Als mich der Fahrlehrer am viel befahrenen Universitätsring über die Kreuzung schickte und zum Spurwechsel aufforderte, meinte er im Scherz, da wir kurz zuvor über den Glauben gesprochen hatten, dass jetzt der richtige Moment wäre, um mich zu bekreuzigen. Ich tat es. Für ihn war es vielleicht nicht mehr als ein Scherz, aber für mich war es eine Proklamation von Segen, Schutz und Sieg.

 

In den letzten Wochen hat mich das Thema des Kreuzzeichens immer wieder beschäftigt. Oft habe ich mich dabei ertappt, wie ich die selbstverständliche, automatisierte Variante des Kreuzzeichens tätigte. Mich selbst im Geiste tadelnd, habe ich sodann den Akt des Bekreuzigens wiederholt, denn die Selbstverständlichkeit ist es nicht die dem Kreuz Christi gebührt.

 

Wenn wir uns bekreuzigen, proklamieren wir den Sieg des Kreuzes über uns. Wenn wir uns bekreuzigen, treten wir ein in einen Raum der Verbundenheit mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wir treten ein in die Historie des Sieges des Kreuzes über Krankheiten und Abhängigkeiten, Dämonen,  Ängste, Mordversuche und vieles mehr. Wir leben in einer Realität, in dem das Kreuz Christi Macht hat und wir tun gut daran uns immer wieder an den Sieg Christi am Kreuz zu erinnern und uns in diesen Siegesbund einzugliedern.

 

Das Kreuz ist Realität. Sowohl das individuelle, biographische Kreuz, das wohl der ein oder andere von uns zu tragen hat als auch das universelle Kreuz des Sieges. Immer wieder können wir in der Heiligen Schrift lesen: „Fürchtet euch nicht.“ Genau das ist es, was uns auch Gott immer zuflüstert, wenn wir uns seiner erinnernd bekreuzigen: „Hab keine Angst, denn ich habe die Welt überwunden.“ In diese Welt-Überwundenheit dürfen wir eintreten, wir dürfen Teil von ihr werden, wir dürfen Teil des Sieges Christi werden und uns daran erinnern, dass gilt: „Er hat dem Tod die Macht genommen und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht.“ (2 Tim 1,10)


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