‚Dem Vatikan droht eine langsame Pleite’ – Kardinal Pell

12. Dezember 2020 in Weltkirche


Wachsende Defizite und Einnahmenausfälle durch die Covid-19-Pandemie setzen dem Finanzhaushalt des Vatikan zu. Dank der Reformen der letzten Jahre sei die Situation aber trotzdem besser als früher, sagt Kardinal Pell.


Rom (kath.net/jg)

Der Vatikanstaat drohe langsam Pleite zu gehen, wenn er seine wachsenden Haushaltsdefizite nicht in den Griff bekomme, befürchtet Kardinal Pell. Er hoffe, dass sein Nachfolger mit weniger Widerstand gegen Reformen konfrontiert sein werde als er, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

 

Für das Jahr 2020 wird ein Minus von mehr als 50 Millionen Euro erwartet. Dazu kommt ein wachsendes Defizit beim Pensionsfonds des Vatikan, das sich erst in Zukunft bemerkbar machen wird. „So kann man nicht weitermachen“, sagte Pell wörtlich.

 

Die Covid-19-Pandemie hat den Finanzen des Vatikan massiv geschadet und die Verantwortlichen dazu gezwungen, Reserven aufzulösen und die Kosten scharf zu kontrollieren. Die vatikanischen Museen, die dem Vatikan jedes Jahr Millionen Euro erbracht hätten, seien monatelang geschlossen gewesen, berichtete Reuters.

 

Papst Franziskus hatte Pell 2014 zum Leiter des neu errichteten Wirtschaftssekretariats gemacht und ihm den Auftrag gegeben, die undurchsichtigen Finanzen des Vatikan zu ordnen.

 

Pell sei auf Widerstand von Mitarbeitern des Vatikan gestoßen, insbesondere von Angelo Kardinal Becciu. Becciu war damals Substitut des Vatikanischen Staatssekretariats und wollte, dass die Dikasterien selbst über Vermögenswerte verfügen können. Er habe verhindert, dass externe Wirtschaftsprüfer eine Prüfung der vatikanischen Finanzen durchführen und sei für das Ausscheiden des vatikaneigenen Generalrevisors verantwortlich gewesen, berichtete Reuters.

 

Im September 2020 hat Papst Franziskus Kardinal Becciu von seinem Amt als Präfekt der Heiligsprechungskongregation entbunden und ihm die Kardinalsrechte entzogen.

 

Pell ging 2018 nach Australien, um sich vor Gericht gegen die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs zu verteidigen und wurde zunächst verurteilt.

 

Die Zeit, die er im Gefängnis verbringen musste, sei hart gewesen, sagte Pell, der im April vom Obersten Gerichtshof vom Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen worden war, nachdem er zuvor 404 Tage im Gefängnis verbracht hatte. Er wolle nicht übertreiben, doch habe es viele dunkle Momente gegeben, sagte der Kardinal im Interview.

 

Nach seiner Rückkehr nach Rom im September 2020 hat sich Pell mit seinem Nachfolger im Wirtschaftssekretariat, dem Jesuitenpater Juan Antonio Guerrero Alves, getroffen. Der Vatikan befinde sich jetzt in einer viel besseren Situation als früher, betonte Pell und verwies auf Reformen im Finanzbereich, einschließlich dem Rechnungswesen und der Prüfung.

 

Guerrero sei ehrlich und für die Aufgabe qualifiziert, betonte Pell. Er hoffe, dass er weiterhin die Unterstützung von Papst Franziskus habe und seine Arbeit nicht so massiv behindert werde wie es bei ihm gewesen sei, sagte er abschließend.

 


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