Beethoven war "religiös mit fast missionarischem Anliegen"

13. Dezember 2020 in Kultur


Präsident der Kirchenmusikkommission, Praßl, verweist auf mit Akribie komponierte Missa Solemnis und Beethovens deklarierte Absicht, damit "religiöse Gefühle zu erwecken und dauernd zu machen".


Graz (kath.net/ KAP)

Der vor 250 Jahren geborene musikalische "Jahresregent" Ludwig van Beethoven (1770-1827) war trotz der auf ihn wirkenden aufklärerischen Einflüsse "religiös mit einem fast missionarischen Anliegen". Diese Einschätzung begründet der Präsident der Kirchenmusikkommission, Prof. Franz Karl Praßl, im Kathpress-Interview mit Briefzeugnissen des großen Klassik-Komponisten - etwa zu der von ihm selbst als sein gelungenstes Werk bezeichneten Missa solemnis in D-Dur. Bei diesem Opus Magnum sei es seine "Hauptabsicht" gewesen, "sowohl bey den Singenden als bey den Zuhörenden, Religiöse Gefühle zu erwecken und dauernd zu machen", schrieb Beethoven 1824 an einen Freund.

Für den in Graz lehrenden Professor für Gregorianik und kirchenmusikalische Werkkunde steht fest, dass Beethoven das Bedürfnis hatte, in seiner Sakralmusik seine religiösen Empfindungen mitzuteilen. Die Missa Solemnis sei überschrieben mit: "Von Herzen - möge es wieder - zu Herzen gehn!" Das zwischen 1819 und 1823 entstandene "Stück Liturgie - es war keine Konzertsaalmusik!" war begleitet von intensiven Forschungen Beethovens auf den Gebieten der Theologie, Liturgik und der Geschichte der Kirchenmusik, von der Entstehungszeit des Gregorianischen Gesangs über Palestrina bis Bach und Händel. "Arrogant", wie der seit seinem 22. Lebensjahr in Wien lebende Komponist auch gewesen sei, habe er schon bei seiner ersten Messe in C-Dur (1807) behauptet, er habe den Messtext auf eine Weise behandelt, "wie er noch wenig behandelt worden" sei, erinnerte Praßl.

Laut dem Kirchenmusikexperten war die Sakralmusik vor Beethoven "meist in nicht mehr hinterfragte formale Schemata hineingepresst", dennoch habe es Kompositionen gegeben, die neue Wege beschritten, wie die sechs späten, symphonischen Messen von Joseph Haydn, der dem jungen Beethoven nach seiner Übersiedlung aus Bonn Kompositionsunterricht erteilte. Dessen von Fürst Nikolaus II. von Esterházy beauftragte C-Dur-Messe weise unüberhörbare Anklänge an die "Paukenmesse" seines Lehrmeisters auf.

Für Beethoven - und auch Schubert - sind deren Messen "ein persönliches Bekenntnis, ein Ausdruck ihrer Gläubigkeit und persönlichen Religiosität", betonte Praßl. Damit verbunden habe sich ein Wandel hin zur Subjektivität des religiösen Ausdrucks vollzogen. Anders als Mozart, dessen kirchlich beauftragte Messen oftmals "intelligente Meterware" waren - wie Praßl sagte -, sei Beethoven als Komponist zu sehen, "der sich in den Dienst der Liturgie stellt". Dessen Spiritualität zeige sich nicht nur in seinem überschaubaren sakralmusikalischem Werk, sondern auch im "Heiligenstädter Testament" (1802) oder in seiner hymnischen Ode an die Freude, die musikalisch dem über dem Sternenzelt wohnenden Schöpfergott huldigt.

Die in Salzburg beheimatete Kirchenmusikkommission besteht neben Präsident Franz Karl Praßl aus den Leitern der zehn diözesanen Kirchenmusikreferaten in Österreich sowie aus dem Bischöflichen Referenten Weihbischof Anton Leichtfried (St. Pölten). Sie fungiert als Beratungsorgan der Bischofskonferenz in Kirchenmusikfragen und ist u.a. für das Gotteslob und dessen Begleitpublikationen zuständig. (Link: www.kirchenmusikkommission.at)

 

Biographisches zu Beethoven

Das Einzige, was über Ludwig van Beethovens Start ins Leben feststeht, ist sein Taufdatum, der 17. Dezember 1770. Geboren wurde er wohl schon am Tag davor, dennoch ist dieser Tag, an dem er in die katholische Kirche aufgenommen wurde, der terminliche Dreh- und Angelpunkt für die Feiern zu seinem 250. Geburtstag. Beethoven war ein musikalisches Wunderkind, dessen Begabung von seinem strengen Vater früh erkannt wurde und zu einer soliden Ausbildung führte. Bereits als Siebenjähriger trat Beethoven zum ersten Mal öffentlich als Pianist auf, als Mitglied der Hofkapelle in Bonn wurde er als Zwölfjähriger Stellvertreter des Hofkapellmeisters an der Orgel. Weltanschaulich beeinflusst wurde Beethoven vom aufklärerischen Gedankengut am Hof des Kurfürsten Maximilian Franz, wie Joseph II. ein Sohn der Kaiserin Maria Theresia und als Geistlicher Erzbischof von Köln sowie Fürstbischof von Münster.

1786/87 weilte Beethoven auf Veranlassung des Kurfürsten erstmals in Wien, wo er Kompositionsschüler Mozarts werden sollte. Eine Begegnung mit dem knapp 15 Jahre älteren Genius ist jedoch nicht belegt. Aus Beethovens zweiter Studienreise nach Wien 1792 wurde ein dauerhafter und endgültiger Aufenthalt, Kompositionsunterricht nahm er bis 1794 bei Joseph Haydn, später unterrichtete ihn u.a. Antonio Salieri. Adelige Gönner ermöglichten dem Komponisten in der Folge eine unabhängige künstlerische Existenz.

Beethovens wachsender Erfolg als Pianist und Komponist wurde von einer schwerwiegenden Beeinträchtigung überschattet: Etwa um 1798 zeigten sich erste Symptome jenes Gehörleidens, das schließlich zur fast völligen Taubheit führen sollte. Dessen Ursache ist ungeklärt. Die Krankheit stürzte Beethoven in eine schwere persönliche Krise, die ihn zeitweilig sogar an Suizid denken ließ. Zeugnis dieser Phase ist das erst nach seinem Tod 1827 aufgefundene "Heiligenstädter Testament" von 1802. Darin erklärt Beethoven, durch die Krankheit "muste ich früh mich absondern, einsam mein Leben zubringen".

Trotz dieser Beeinträchtigung folgten weitere 25 produktive Jahre, in denen Beethoven seine bedeutendsten Werke schuf. In Wien war er kein Kirchgänger, hatte aber Kontakt zu Geistlichen. Der seit seinem 30. Lebensjahr gesundheitlich beeinträchtigte Komponist starb am 26. März 1827 im Alter von 56 Jahren in Wien. Vor seinem Tod empfing Beethoven die Sterbesakramente und verlangte ausdrücklich eine katholische Beisetzung. Diese erfolgte auf dem Währinger Ortsfriedhof unter großer Anteilnahme der Wiener Bevölkerung; Franz Grillparzer verfasste die Grabrede, einer der 36 Fackelträger war Franz Schubert. Seit 1888 ist Beethovens letzte Ruhestätte ein Ehrenhain auf dem Wiener Zentralfriedhof.

 

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