Das Hohelied

10. April 2021 in Familie


Die Theologie des Leibes als Blog - Von C. Klaus - Dreizehnter Blog-Beitrag


Wien (kath.net)

Für alle Romantiker lohnt es sich dieses Buch aus dem Alten Testament zu lesen, das ein Liebeslied eines Brautpaares enthält. Es beschreibt die Schönheit der Liebe zwischen Mann und Frau mit den „Schmetterlingen im Bauch“ und dem Staunen darüber, wie wunderbar die geliebte Person vom Schöpfer geschaffen wurde. Dieses Staunen erinnert an die große staunende Bewunderung von Adam, als er Eva zum ersten Mal erblickte. Daher muss das Hohelied im Zusammenhang mit den ersten Kapitel der Genesis gelesen werden. Gott hat uns die „Sprache des Leibes“ geschenkt. Im Hohelied entsprechen die Worte der Brautleute, ihre Bewegungen, ihre Gesten und ihr ganzes Verhalten der inneren Regung ihres Herzens. So zeigt sich der ganze Reichtum der „Sprache des Leibes“.

Hier sind die ersten Verse des Liedes: 
„Mit Küssen seines Mundes bedecke er mich.
Süßer als Wein ist deine Liebe …
Zieh mich her hinter dir! Lass uns eilen! …“ (Hld 1,1 ff.)

Die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau ruft im Herzen Liebe hervor. Die gegenseitige Bewunderung bezieht sich aber nicht nur auf den Leib, sondern auf die ganze Person.

„Schön bist du, meine Freundin, ja, du bist schön.
Zwei Tauben sind deine Augen.“ (Hld 1,15)

Tauben waren zur damaligen Zeit ein Symbol für die Treue, da ein Taubenpaar sein ganzes Taubenleben lang zusammenbleibt. Die Taube ist auch ein Symbol für Frieden und Reinheit. Die Augen sind der Spiegel der Seele.

Das Liebesduett drückt nicht nur die Ekstase der Liebe, sondern auch gegenseitiges Lob, Wertschätzung, Einfühlsamkeit und Dankbarkeit aus. In einer Ehe sind gegenseitige Bewunderung, Anerkennung und Akzeptanz sehr wichtig. Das bedeutet, nicht alles besser zu wissen und den anderen nicht umerziehen zu wollen. Liebe ermutigt und baut auf. Lieben heißt, die wahren Bedürfnisse des anderen zu erforschen und versuchen sie zu stillen, auch wenn es den Verzicht auf eigene Bedürfnisse erfordert.

Manche Metaphern des Hoheliedes sind für uns ungewöhnlich, da sie z.B. dem Leben der Hirten entnommen sind.

„Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein,
wie die Zwillinge einer Gazelle,
die in den Lilien weiden.“ (Hld, 4,5)

Der Bräutigam nennt seine Braut „Schwester“. Dadurch wird ausgedrückt, dass beide Kinder Gottes und nach seinem Ebenbild geschaffen sind. Daraus ergibt sich ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Einheit im Menschsein wird ausgedrückt, aber auch die Unterschiedlichkeit des Geschlechts. Er nennt sie auch „Freundin“, da eine freundschaftliche Beziehung die beste Grundlage für eine Liebesbeziehung ist.

„Verzaubert hast du mein Herz, meine Schwester, meine Braut;
ja verzaubert hast du mein Herz mit einem Blick deiner Augen,
mit einer Perle deiner Halskette.
Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, meine Braut“ (Hld 4,9-10)

Die personale Würde der Braut wird auch dadurch ausgedrückt, dass sie der Bräutigam als einen „verschlossenen Garten“ und einen „versiegelten Quell“ bezeichnet. Sie ist die Herrin ihres eigenen weiblichen Geheimnisses und schenkt sich ihrem Bräutigam, für den sie sich entschieden hat. Beide sind sich bewusst, dass sie einander gehören und füreinander bestimmt sind. „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein“ (Hld 2,16). Liebe ist nicht primär ein Gefühl, sondern vor allem eine Entscheidung. Das Liebesgefühl kann in schwierigen Zeiten nicht spürbar sein. Dann wird das Paar durch seine Entscheidung füreinander zusammengehalten, bis die Krise überwunden und das Gefühl zurückgekehrt ist. Nur so kann die Liebe von Dauer sein.

„Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen;
Auch Ströme schwemmen sie nicht weg.
Böte einer den ganzen Reichtum seines Hauses,
im Tausch für Liebe,
nur verachten würde man ihn“ (Hld 8,7) .


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