Küng statt Konzil. Das Desaster der deutschen Kirche.

12. April 2021 in Kommentar


Wer die Partei von Hans Küng und seiner Nachbeter ergreift, der entfernt sich vom Konzil - Gastkommentar von Kommentar von Franz Norbert Otterbeck


Köln (kath.net)

Bislang hat noch kein Hans Christ ein Buch "Küngsein" veröffentlicht, wohl aber Hans Küng den Bestseller "Christsein" (1974). Die meisten deutschen Theologieprofessoren, die in den letzten Jahren in Pension gingen, werden es in ihrer Jugend "verschlungen" haben. Aber auch jüngere Fachvertreter wie Georg Essen (Berlin) sehen die dort versuchte "Christologie" als beispielhaft an. Im Interview hat derselbe allerdings irrtümlich gesagt, Küng beschreibe Jesus als "Stellvertreter Gottes" (arabisch wäre das: der Kalif). Küng allerdings schlug "Sachwalter Gottes" vor, um nicht mehr vom Sohn Gottes reden zu müssen. Der Begriff konnte sich nicht durchsetzen, vielleicht weil er zu juristisch klingt, wie: Konkursverwalter. Aber die Idee, die dahinter steckt, faszinierte die "Generation Error" in der damals noch katholischen Kirche der Bundesrepublik und darüber hinaus: Die "Botschaft des Evangeliums" verstehbar machen, einfach und bequem!

Auch eine komplizierte Ekklesiologie wird verzichtbar, wenn wie einfach von der "Kirche im Werden" reden. Bezugspunkt ist nicht mehr die Autorität der Tradition, sondern ein Stern in der Zukunft. Oder ein Unstern? Der Leitstern ist ja noch nicht sichtbar, aber die besten Theologen haben schon eine Ahnung davon, wohin die Reise der Kirche gehen wird, wie etwa Teilhard de Chardin oder Karl Rahner. So dachten viele. Wenn das Lebenslicht eines solchen "Star"-Theologen dann erloschen ist, überbieten sich die Fan-Clubs, wie jetzt bei dem Botschafter des Weltethos, ihre Ergebenheit zu bekunden. War also auch Küng ein Kalif, ein Sachwalter der 'Botschaft' oder sogar der 'Rezitation' Gottes? Johanna Rahner beispielsweise scheint ein "Tübinger Dogma" zu entwickeln: Küngsein und Christsein sind eins, aber nicht nur jesuanisch, überdies auch abrahamitisch! "Sachwalter" Kasper urteilte relativ fair, konstruierte aber auch eine Aussöhnung des lieben Verstorbenen mit der Kirche, wogegen der Weltethos-Generalsekretär prompt protestierte. Für den Fortgang des Projekts ist die Rolle des Kirchen-Rebells wahrscheinlich nützlicher.

Über die Qualität der späteren Werke des Erfolgsautors finden sich widersprüchliche Stimmen. Der christologische Entwurf von 1974 wurde von seriösen Zeitgenossen allerdings einhellig abgelehnt. Das belegt der Diskussionsband von 1976 mit Beiträgen von Balthasar, Grillmeier, Lehmann, Ratzinger u.v.a.m. Man muss allerdings einräumen, dass die katholische Kirche seit dem Zusammentritt des Konzils 1962 bis etwa zur Veröffentlichung des "Weltkatechismus" 1992 eine Phase der allgemeinen Verunsicherung über ihren "Lehrstand" durchgemacht hat. Die deutsche "Universitätstheologie" hat sich der Konsolidierung seither jedoch weitgehend verweigert, aus Gründen der Selbstimmunisierung. Georg Essen räumt sogar ein, dass der Kontakt zwischen der Universitätstheologie und der Lehramtstheologie nahezu abgebrochen sei. "Wir Theologinnen und Theologen führen, wenn wir ehrlich sind, weithin Sonderdebatten, an denen wir uns berauschen und mit denen wir vielleicht auch Leute auf Gemeindeebene begeistern können. Aber das römische Lehramt interessiert das nicht." Mit Recht. Man darf hinzufügen, dass sich die theologischen Fakultäten inzwischen auch gesellschaftlich komplett ins Abseits begeben haben. Niemanden "draußen" interessiert es, was Goertz, Striet oder Julia Knop glauben (äußern zu müssen). Sogar der ausweglose "Synodale Weg" interessiert vorrangig seine Teilnehmer; und einige Kritiker, weil sie das offene Schisma herannahen sehen. Mitunter leuchtet einem deutschen Universitätsprofessor auch mal etwas ein. Georg Essen meint: "Mit Blick auf die Verfassungsordnung der Kirche halte ich das Konzil aber mehr für ein Problem als für eine Lösung. In seinen Dokumenten hat es zwar einen pastoralen Ton angeschlagen, aber an den entscheidenden Eckpunkten dogmatisch nichts geändert." Eben.

Oder anders gesagt: Küngsein und Konzilsein ist zweierlei. Wer die Partei von Hans Küng und seiner Nachbeter ergreift, der entfernt sich vom Konzil. Geringer qualifizierte Theologen als es die Konzilstheologen waren, wünschen sich deswegen schon seit geraumer Zeit das "Dritte Vatikanum". Man hat ja in der allmählich aussterbenden Generation die Bücher von Küng gelesen, vom Konzil aber höchstens die parteiischen Einführungen, die Rahner/Vorgrimler den Texten in ihrem Kompendium voranstellten. Im Vorlesungsbetrieb reduzierte man das Konzil gern auf einige Parolen, etwa auf die von der "anthropozentrischen Wende". Wer aber wissen will, was die Kirche ist, wozu sie auf Erden ist, warum sie mystischer Leib Christi und Haus Gottes und Volk Gottes ist, der lese, auch heute noch, "das Konzil" - und nicht Küng. Zu den besonderen Torheiten der schrecklichen Vereinfacher gehört die immer wieder proklamierte "Notwendigkeit" von Veränderung. "Kirche im Werden." Heißt das: vom Reich der Notwendigkeit ins Reich der Freiheit? Darin spricht sich ein vulgärer deutscher Idealismus aus, der seine Herkunft von Hegel/Fichte/Schelling (und anderen) kaum mehr kennt. Mit welcher Begründung kann denn die "Kirche im Werden" morgen besser sein als heute (oder gestern), wenn wir ihre nächste Daseinsstufe aus Unvernunft und Unglaube im Ungehorsam gegen "Schrift und Tradition" errichten wollen? Reinhold Schneider forderte 1946 eine "Heimkehr des deutschen Geistes" zu Christus. Diese unterblieb.Warum sollen denn Kant oder Nietzsche oder Heidegger unserer Religion mehr "Sitz im Leben" verschaffen als Augustinus, Thomas von Aquin und John Henry Newman?

Die von Hans Küng mit äußerster Vehemenz betriebene Demontage des kirchlichen Lehramts (nicht nur der Päpste) wird auf der seligen Insel des hauptberuflichen Deutschkirchentums heute auch von vielen mitgetragen, die ihm in der defekten Christologie, Trinitätslehre oder Sakramententheologie (bei ihm folgerichtig nur nebensächlich) nicht folgten. Nebenbei bemerkt: Die Glaubenskongregation hat im Pontifikat des Papstes Franziskus deutlich mehr Lehrurteile veröffentlicht als in den acht Jahren zuvor. Davon berichten bischöfliche Medien so gut wie gar nichts. Es ist hier nunmal die Gegenpartei an der Macht. Die Geburtsjahrgänge von etwa 1940 bis etwa 1960 hatten unter Theologen vielleicht im deutschen (österreichischen, niederländischen usw.) Konzils- und Nachkonzilstumult nur ausnahmsweise eine Chance, sich zuverlässig zu orientieren. Allerdings haben nicht wenige von ihnen der nächsten Generation den Zugang zu den unvergleichlichen Schätzen Christi inmitten der Kirche brutal versperrt, teils aus Narretei, teils aus Überzeugung und nicht selten aus Motiven, die dem eigenen, wenig frommen Lebenswandel entsprangen.

Das 21. Jahrhundert jedoch wird mit seinen neuen Herausforderungen mit ziemlicher Gewissheit erzwingen, dass wir alle, zumindest soweit der ehemals abendländische Einfluss reicht, uns wieder den Quellen der hergebrachten Religion nähern. Im Blick zurück wird man vielleicht sagen, dass sogar die Piusbruderschaft mehr zur Rezeption des jüngsten Konzils beigetragen hat als der "Hans im Glück". In dessen Weltethos-Weinberg könnte noch so mancher Philologe, Politologe oder Philosoph mit leichter Hand die sauren Trauben des postmodernen Paradigma ernten, dank des enormen Wohlstands der Stiftung. Es sei jedem gegönnt. Die Arbeit im 'Weinberg des Herrn' jedoch ist eine andere.



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