Der Volksbischof Gottes - Bischof Walter Mixa wurde 80

26. April 2021 in Deutschland


Wegen der Corona-Pandemie "feierte einer der verdientesten und leidgeprüftesten Männer der katholischen Kirche in Deutschland seinen 80. Geburtstag praktisch allein, auch wenn das Telefon unermüdlich klingelte." Gastbeitrag von Michael Hesemann


Augsburg (kath.net) Es hätte ein Festhochamt geben können und einen anschließenden Empfang, auf dem die vielen, die ihn zu schätzen gelernt haben, ihm gratuliert und ihn gefeiert hätten. Doch die Corona-Pandemie hat solchen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun feierte einer der verdientesten und leidgeprüftesten Männer der katholischen Kirche in Deutschland seinen 80. Geburtstag praktisch allein, auch wenn das Telefon unermüdlich klingelte. Was wiederum dann doch zur Tragik seines Lebens und Zeugnisses als glaubensstarker Bischof in Merkels „bestem Deutschland aller Zeiten“ und als Romtreuer in der von Zeitgeistlern dominierten Deutschen Bischofskonferenz passt.

Walter Mixa provoziert. Er provoziert durch seine kindliche Frömmigkeit und Menschennähe, die sich so wohltuend abhebt von der kalten Abgehobenheit manches Mitraträgers und ihn zu einem echten Volksbischof macht. Er provoziert, wenn er in seinen Predigten Klartext redet, statt sich in unverbindlichen Formeln und Floskeln zu verlieren, wie es hierzulande so beliebt ist. Er provoziert durch seine Spontaneität und Herzlichkeit, die sich als gelebte Nächstenliebe erweist. Und er provoziert durch sein kompromissloses Ja zu den Lehren der Kirche, an der er kein Iota dem Zeitgeist zu opfern bereit ist, weil er von ganzem Herzen daran glaubt, dass Gott es gut mit uns meint, besser als alle windschnittigen Ideologen und linken Populisten.
Als bodenständiger Oberschlesier, geboren 1941 im heute polnischen Königshütte, war er aus ähnlichem Holz geschnitzt wie der aus Unterschlesien stammende unvergessene Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, mit dem er zeitlebens befreundet war. Die Nähe zum katholischen Polen und seiner starken Marienverehrung, die Konfrontation mit dem protestantischen Preußentum und die Erfahrung der Flucht hat diese Männer geprägt und zu knorrigen Eichen werden lassen, an denen sich das Wildschwein des Modernismus vergeblich reibt. Solche Männer gehen unbeirrt einen geraden Weg, lieben Klarheit und Einfachheit, sind tief im Glauben verwurzelt und lassen sich durch nichts irritieren oder gar korrumpieren. Sie sind als Flüchtlinge aufgewachsen und haben Diskriminierung und Marginalisierung erlebt, vor denen sie sich längst nicht mehr fürchten. So auch Walter Mixa, als er mit seiner Familie 1945 nach Heidenheim an der Brenz kam, eine kleine Stadt östlich von Ulm an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Dort besuchte er das naturwissenschaftliche Gymnasium und war in seiner Freizeit aktiv im „Bund Neudeutschland“, einer katholischen Jugendbewegung. Als seine Berufung feststand, wechselte er auf die Spätberufenenschule in Fockenfeld in unmittelbarer Nähe von Konnersreuth, wo damals die berühmte Stigmatisierte Therese „Resl“ Neumann segensreich wirkte, deren Seligsprechungsprozess gerade läuft. Dort machte er 1964 Abitur, bevor er zwischen 1964 und 1970 in Fribourg und Dillingen Theologie und Philosophie studierte.

1970 weihte ihn der große Augsburger Bischof Josef Stimpfle, ein Bollwerk des romtreuen Katholizismus, zum Priester. Anschließend wirkte er als wissenschaftlicher Assistent des Gründungsdekans der Augsburger katholisch-theologischen Fakultät, Herrmann Lais, und promovierte über „Das Werden der Person durch Glaube, Hoffnung und Liebe nach Martin Deutinger“. Als Pfarrvikar und Religionslehrer in Weilach bei Schrobenhausen begann seine kirchliche Karriere; ab 1975 war er Stadtpfarrer von Schrobenhausen und zugleich Leiter der Priesterfortbildung des Bistums Augsburg. 1984 wurde er zum „Ehrenkaplan Seiner Heiligkeit“ ernannt, dann zum Dekan von Schrobenhausen. 1986, vor 35 Jahren also, folgte die Bischofsweihe und Ernennung zum Bischof von Eichstätt durch den hl. Johannes Paul II. als 80. Nachfolger des hl. Willibald. Damit war er automatisch Großkanzler der einzigen katholischen Universität Deutschlands in Eichstätt und ganz in seinem Element. Für die Studenten war er ein väterlicher und verständnisvoller, aber in der Lehre glasklarer Hirte. 1998 gründete er als besondere Einrichtung des Bistums Eichstätt das Collegium Orientale zum besseren Kennenlernen der mit Rom unierten Kirchen östlicher Riten. Er wurde zum Prior der bayerischen Grabesritter und Ehrenmitglied zweier katholischer Studentenverbindungen. Das hohe Ansehen, dass er mittlerweile beim Papst genoss und seine verbindliche Art qualifizierten ihn für eine ganze Reihe von Aufgaben innerhalb der DBK und als Militärbischof, eine Aufgabe, die ihm der Papst im Jahr 2000 übertrug. Auf dem Weltjugendtag 2005 in Köln organisierte der stets umtriebige Bischof Mixa eine Werkwoche der Militärseelsorge mit 200 Soldaten der Bundeswehr und Teilnehmern aus 20 Ländern der Erde. Dabei scheute er kein Tabu. Den Einsatz der Bundeswehr im Kongo nannte er zurecht einen „Krieg“ und machte sich damit Feinde in der Bundesregierung, die bislang nur ein geschöntes Bild von einem „humanitären Einsatz“ propagiert hatte. Er kritisierte die Familienpolitik von Ursula von der Leyen, die nach DDR-Vorbild auf Fremdbetreuung von Kindern setze und Frauen zu „Gebärmaschinen“ reduziere. Er warnte vor den Folgen des militanten Atheismus und totalitärer Regime wie dem Kommunismus und dem Nationalsozialismus mit ihren diesseitigen Erlösungsversprechen. Sein Engagement für den Lebensschutz, sein deutliches „Nein“ zu Abtreibung und Homo-„Ehe“ brachten ihm, der einfach nur katholisch war, die Etikettierung als „erzkonservativen Hardliner“ ein und führten zu der perfidesten Diffamierungskampagne, die bis dato gegen einen deutschen Bischof eingefädelt worden war.

Zwischenzeitlich, im Juli 2005, hatte Papst Benedikt XVI. ihn zum Bischof von Augsburg ernannt. Auch hier ging Mixa mit der ihm eigenen Gabe, sich und andere zu begeistern, an die neue Aufgabe heran. Sein Ziel war, das Bistum in einen Leuchtturm der Neuevangelisierung, ein Zentrum der kirchlichen Medienarbeit zu verwandeln. Er gründete einen Fernsehsender, ließ in Augsburg den Mantel für diverse Bistumszeitungen erstellen und baute den diözesanen St. Ulrich-Verlag zum zweitgrößten katholischen Verlag Deutschlands auf. Das alles gelang, ohne dafür Kirchensteuergelder zu verplanen; alle drei Unternehmen schrieben schwarze Zahlen, weil ihre Produkte einfach gut waren.

Doch seit der Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Herbst 2009 blies der Kirche in Deutschland ein kälterer Wind ins Gesicht. Hatte Merkel im Januar 2009 den Papst in die Ecke von Holocaustleugnern gestellt, dominierte ab Januar 2010 das Thema Missbrauch die Angriffe auf die Kirche. Es schien, als wolle man sie sturmreif schießen für die von Politik und Mainstream geforderten Reformen, den Weg freimachen für eine dem Zeitgeist angepasste Revision ihrer Lehre, wie sie ein Jahrzehnt später der „Synodale Weg“ auf seine Fahne schrieb. Da stand ein bodenständiger, volkstümlicher, eloquenter, stets liebenswert-freundlich agierender und damit von Grund auf sympathischer Vertreter des romtreuen Katholizismus wie Mixa im Weg. Er musste fortgeräumt werden.

Das Feuer eröffnete die linke „Süddeutsche Zeitung“, die sich noch für keine Kampagne gegen die Kirche zu schade war. Mixa wurde unterstellt, in seiner Schrobenhausener Zeit Heimkinder verprügelt und Stiftungsgelder veruntreut zu haben, was sich beides letztendlich als unwahr erwies. Die „Hauptzeugin“ war eine Alkoholikerin, die phantasierte, sie habe sich nach einer Ohrfeige des Priesters mehrfach um die eigene Achse gedreht; eine physikalische Unmöglichkeit! Den Kauf eines Piranesi-Stiches aus Rom hatte Mixa schließlich aus eigener Tasche finanziert. Dass er trotzdem Papst Benedikt angesichts des Pressewirbels seinen Rücktritt anbot, zeichnete ihn als Ehrenmann aus.

Also fuhren seine Gegner ein härteres Kaliber auf. Ein Augsburger Freimaurer im kirchlichen Dienst erstattete Anzeige wegen Missbrauchs, als Mixa nach Feierabend einem Ministranten erlaubte, mit ihm über seine Berufung zu sprechen. Wie bei jeder eingehenden Anzeige nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlung auf, um sie nach kürzester Zeit wieder einzustellen: Der junge Mann und seine Eltern klärten so lückenlos auf, dass es nicht den geringsten Verdachtsmoment gab. Doch das Glas war zu diesem Zeitpunkt längst zerbrochen. Ein Münchner Kardinal und ein Freiburger Erzbischof waren bereits nach Rom geflogen und hatten den Papst bedrängt, Mixas Rücktritt anzunehmen, um Schaden von der Kirche in Deutschland abzuwenden.
Fortan war dieser herzensgute Bischof zur persona non grata geworden. Nur sein tiefer Glaube rettete ihn durch die schwerste Krise seines Lebens, durch das Misstrauen der Mitbrüder, die Stigmatisierung durch den längst wiederlegten Verdacht. Trotz voller Rehabilitation durch die Staatsanwaltschaft erlaubte ihm sein ehemaliges Bistum nicht einmal, sein 40jähriges Priesterjubiläum angemessen zu feiern. Der Medienkonzern, sein Lebenswerk, wurde trotz schwarzer Zahlen zerschlagen. Nichts sollte mehr an Augsburgs engagiertesten Bischof erinnern, der zum Ausgestoßenen geworden war.

Noch immer leidet der heute 80jährige an den Wunden, die ihm die Verleumdungen auch durch seine Amtsbrüder zugefügt haben, doch verbittert wurde er dadurch nie. Er begeistert noch heute die Gläubigen, wenn er in Marienheiligtümern die Festmessen zelebriert, ist nahbar und warmherzig und strahlt tiefes Gottvertrauen und kindliche Liebe zur Gottesmutter aus. Seine Predigten fesseln und begeistern noch immer, seine kräftige Stimme und sein wohlklingender Gesang vermitteln echte Freude am Glauben. Es ist die Tragik der deutschen Kirche, ihn fast verloren, ja marginalisiert zu haben. Neuevangelisierung misslingt, wenn man ihre engagiertesten und begeisterungsfähigsten Vorkämpfer mundtot macht.

Seinen 80. Geburtstag feierte der „Bischof der Herzen“ und „Volksbischof Gottes“ in der ländlichen Idylle von Gunzenheim im Landkreis Donau-Ries, das zum Bistum Eichstätt gehört. Seine Dackeldame „Waldimaus“ sorgt dafür, dass er nach einigen gesundheitlichen Rückschlägen ausreichend Bewegung bekommt und nicht nur im Herzen jung geblieben ist. Die Reduzierung kirchlichen Lebens durch die Corona-Maßnahmen hält er für eine Katastrophe – doch auch hier hört niemand auf den so unbequemen, zeitgeistkritischen Propheten aus Oberschlesien.

Archivfoto Bischof Mixa (c) Michael Hesemann

 


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