Big Bätzing: 'nicht fruchtbar, nicht hilfreich'

30. April 2021 in Kommentar


Worte des Vorsitzenden, die nicht bewirken wollen, was sie aussagen könnten - Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck


Köln (kath.net)

Ein Gartenzwerg hat keine Autorität im Schrebergarten Ihrer Majestät, der autonomen Theologie. Also spricht er kein Machtwort. Bewusst, gewollt? Um sich nicht vollends lächerlich zu machen, hat der DBK-Vorsitzende Bätzing jetzt einige Male eine "gelbe Karte" nach links gezeigt, wenn auch kaum briefmarkengroß. Wegen des Rahner-"Rassismus" flötete er zärtlich, es wäre schön, wenn die so herrlich zornige Theologin "den zugespitzten Satz" zurücknehmen könnte. Die unheilige Johanna bedankte sich, indem sie Bischof Oster von Passau zu einer "Entschuldigung" quasi ex cathedra aufforderte. Frechheit siegt!

Die für den 10. Mai vorbereiteten Aufmärsche der Regenbogenkrieger sind Bischof Bätzing unangenehm. Denn sie stören seine Agenda. Zugleich mit der äußerst minimalen Distanzierung von den "Segen-für-alle"-Kampfgruppen beteuerte er, "auf der Basis grundlegender Wahrheiten des Glaubens und der Moral, der fortschreitenden theologischen Reflexion und ebenso in Offenheit für neuere Ergebnisse der Humanwissenschaften und der Lebenssituationen heutiger Menschen" sei die Ehelehre der Kirche "weiter" zu entwickeln. Mit der "Basis grundlegender Wahrheiten" dürfte gemeint sein, dass ein Großteil der kirchlichen Überlieferung gerade keine Basis biete, nicht grundlegend und daher entbehrlich sei, speziell die "Theologie des Leibes" des heiligen Papstes Johannes Paul II. Die "fortschreitende" theologische Reflexion erscheint gleichsam als eine solche, die befugt sei, ältere Erkenntnisse, speziell lehramtliche Entscheidungen wie "Humanae vitae" (1968), über Bord zu werfen, da wir ja "Kirche im Werden" sind. Zur propagierten "Offenheit" für die Wissenschaft wurde schon oft und von vielen gefragt: Da die Wissenschaft selber "offen" bleibt, wie verbindlich soll da irgendeine vergängliche Schlagzeile des Tages sein? Michel Foucault - oder doch lieber Thomas von Aquin? Zweiter war unbestritten Wissenschaftler. Die "Offenheit" für die Lebenssituationen meint wieder: Normativ sei das Leben selber, nicht aber Naturrecht oder Vernunft, kirchlich angeleitet. Alle vier "Argumente" weisen in die Irre, zumal sie im Kern nur ein einziges sind: "Rom" sei für die deutsche Kirche nur ausnahmsweise zuständig, wenn ihre gutsituierten Meinungsführer es gestatten.

Georg Bätzing meldet immer dann Gesprächsbedarf an und fordert eine differenzierte Betrachtungsweise, wenn ihm Altlasten katholischer Identität nicht in den Kram passen. "Kram" meint hier den autonomen, existenzialistisch grundierten Entwurf einer "Neuen Kirche" als Selbstzweck. Maßstab für den Kramladen ist anscheinend, was den Beschäftigten in den Diözesen an religiöser Umwölkung dee Arbeitsverhältnisse noch zumutbar ist. Andere "heutige Menschen" nimmt ein deutscher Bischof kaum zur Kenntnis.

Wie darf man sich den Lebensweg eines solchen Bischofs vorstellen, ungefähr zwischen 1950 und 1960 geboren? Der aufgeweckte Bauernjunge hatte keine große Lust zu arbeiten, auf dem Feld oder im Stall. Er spielte lieber Messdiener. Beim Schulschwimmen beneidete er die besser gebauten Kameraden. Er blieb enthaltsam: bis kurz vor der Priesterweihe. Dann gab es kein Zurück mehr, aber die Böckle-Moral ermutigte geradezu zum Meineid. Ein kursorischer Überblick über die moderne Theologie entlastete ihn auch von der Befassung mit verstaubter Dogmatik. Das Redetalent reichte für weniger langweilige Predigten aus, die allerdings sowieso nicht "durchdacht" sein müssen. Vor allem aber bewegte sich der engagierte Kleriker immer konform und zuverlässig im Apparat, mit besonderer Vorliebe für die Priesterausbildung. Die Karriere war angeblich nie beabsichtigt, aber Gott sei Dank unvermeidbar. Keineswegs jeder Bischof ist so ein moralischer Bankrotteur, aber die Aufstiegskriterien garantieren für nichts mehr. Hoffentlich bekehren sich noch einige. Kardinal Brandmüller vermutete neulich, dass es hierzulande ungefähr sieben bischöfliche Zwerge gebe, die mit der Kirche innerlich schon gebrochen haben. Eine Tübinger Professorin wird sich selbst von diesen nicht belehren lassen!

Mit einigem sozialpsychologischen Aufwand ließe sich eine eigene Kommunikationstheorie deutsch-diözesanen Handelns erarbeiten, die abgeschwächt auch für Österreich oder die Schweiz gelten kann. Im deutschen System wird seit Jahrzehnten allzuviel Geld umgewälzt. Oberstes Gebot ist es daher, von der allgemeinen Geldkrankheit immer zu schweigen. Im Übrigen ist der Jargon, den man "Bischofsdeutsch" nennen könnte, schwer zu erlernen. Die Dinge werden so gut wie nie beim Namen genannt. Die "Kommunikation" ist ein Glasperlenspiel aus Andeutungen, Beschwichtigungen, etwas Charisma und manchmal auch Drohungen. Es sind Sprachkünstler am Werk, je gekünstelter - umso besser. Die gelehrigsten Zauberlehrlinge steigen im System zu den lukrativsten Pfründen auf. Das "Theologendeutsch" der Fakultäten ist noch etwas komplizierter, angereichert mit philosophischen, politologischen und soziologischen Vokabeln, aber noch weniger auf Außenwirkung irgendwohin berechnet. Die "deutsche Kirche" ist ein Geldspeicher und ein Sprachgefängnis zugleich. Wer in den Geldspeicher hinein will, der muss auch das Sprachgefängnis betreten. Wer seine Vokabeln nicht gelernt hat, etwa als Priesterkandidat unvorsichtig auf "überkommene, überwundene" Begrifflichkeit zurückkommt, der muss abreisen.

Man darf heute davon ausgehen, dass ein Bischofswort selten das meint, was es auszusagen vorgibt. Teils absichtlich, teils aus Unfähigkeit. Wenn sich dann einer zur Deutlichkeit aufrafft, wie etwa Stefan Oster, geht er ein hohes Risiko ein. Allerdings wollte Unterstützung für das Rassismus-Diktum der Professorin diesmal nicht so recht in Fahrt kommen. Die Heranziehung des Rassismus, um feministische Thesen zu untermauern, war allzu dämlich. Inhaltlich ist Bätzing von der Künglerin namens Rahner gar nicht so weit entfernt. Er posaunte schon bei Amtsantritt, dass für ihn im DBK-Vorsitz die "Frauenfrage" oberste Priorität habe. Dieselbe wurde auch noch nachträglich in den "Synodalen Weg" eingebaut. Erreicht wird damit gar nichts, weil es auch hier unumstößliche Prinzipien in der Kirche Gottes gibt. Eine Frau ist eine Frau und ein Mann ist ein Mann. Diesen Satz würde sogar Papst Franziskus notfalls unter Inanspruchnahme seiner Unfehlbarkeit als wahr definieren; auch wenn es kein traditioneller Glaubenssatz ist, sondern bis vor kurzem noch als wissenschaftlich erwiesenes Faktum galt.

Die Menschheit wird es Papst Paul VI. noch danken, dass er 1968 affirmativ entschied, dass der "eheliche Akt" jener ist, der für die Weitergabe des Lebens offen bleibt. Denn von diesem Punkt her ist geklärt, was eine Ehe ist; mithin auch mit-geklärt, dass daran ein Mann und eine Frau beteiligt sind. Tertium non datur. Das Bätzing'sche Sinnen und Trachten scheint darum zu kreisen, vor allem diesen Felsbrocken aus dem Weg zu räumen. Er überschätzt seine Kräfte. Der Geltungsanspruch der Kirche schließt zwar geschichtliche Entwicklungen ein. Aber sie verfällt nicht der "Geschichtlichkeit". Nicht die Geschichte lehrt uns, wer Christus ist. Sondern Christus ist und bleibt der Herr der Geschichte. Seine Kirche urteilt darüber, welche Entwicklungen zu ihm hin führen und welche nicht. Es gibt eine Ehe-Institution göttlichen Rechts. Von ihr abweichende, allenfalls ehe-ähnliche Lebensverhältnisse sind und bleiben defizitär. Was soll daran nicht zeitgerecht sein? In der Weltkirche verkommt die stolze "deutsche Theologie", mit allen ihren Sprachstörungen, mehr und mehr zu einem verwilderten Schrebergarten am Ufer des Neckar. Pensionierte Professoren erzählen sich dort Witze aus der revolutionären Nachkonzilszeit. Aus dem Nachbargarten, voller Disteln in rosa und lila, schrillt es gelegentlich: "Rassismus, Rassismus". Die alten Herren lachen: "morbus Bätzing". Das ist, wenn ein Wort keinen erkennbaren Sinn mehr hat. Aber auch diese Krankheit ist heilbar: Im Anfang war das Wort. Vom ewigen Wort des Vaters her wird unsere Kommunikation noch zu retten sein, als Weg, Wahrheit und Leben.

 


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