Umstrittene Theologin Rahner zieht Rassismus-Begriff zurück

30. April 2021 in Deutschland


Bischof Oster und Theologin Rahner veröffentlichten gemeinsame Stellungnahme - Regensburger Bischof Voderholzer veröffentlicht Faktencheck zum Streit


Passau – Regensburg (kath.net)

Zum Rassismus-Streit zwischen dem Passauer Bischof Stefan Oster und der umstrittenen Theologin Rahner gab es heute neue Entwicklungen.

 

Am frühen Nachmittag haben Oster und Rahner eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. kath.net dokumentiert den Wortlaut dieser Stellungnahme:

 

Nach intensiven und offenen persönlichen Telefonaten wollen Prof. Johanna Rahner und Bischof Stefan Oster gemeinsam folgendes erklären. Johanna Rahner räumt ein, den Rassismus-Begriff in eine angespannte kirchliche Debatte eingebracht und an einer bestimmten Stelle zugespitzt formuliert zu haben. Sie sieht, dass diese Zuspitzung in der ersten medialen Berichterstattung so forciert wurde, dass dadurch eine differenzierte Analyse der von ihr herausgearbeiteten strukturellen Parallelen zwischen der Debatte um Rassismus im politischen Amerika und der Debatte um Diskriminierung von Frauen in der Katholischen Kirche missverstanden und verkürzt werden konnte. Obwohl sie dafür keine Verantwortung trägt, bedauert sie dies dennoch, weil dadurch der Verdacht ermöglicht wurde, pauschale Rassismus-Vorwürfe erhoben zu haben.

Stefan Oster räumt ein, den Vorwurf des Rassismus medial verkürzt aufgenommen und auf sich selbst und andere bezogen weitergedacht zu haben. Seine empörte Reaktion erfolgte aufgrund der bereits zugespitzten Berichterstattung, durch die er Johanna Rahner unterstellt hat, ein lehramtliches Nein zur Frauenordination pauschal als Rassismus einzuordnen. Stefan Oster hat mit dieser Reaktion und der Ausweitung des Themas auf grundsätzliche Fragestellungen in Kauf genommen, dass seine Analyse als Drohkulisse verstanden werden konnte. Eine solche aufzubauen, lag nicht in seiner Absicht. Er bedauert, Johanna Rahners Vortrag undifferenziert und gefiltert zur Kenntnis genommen und dadurch Frau Rahners theologisches Bemühen negativ dargestellt zu haben.

Johanna Rahner zieht den angeschärften Begriff des ‚Rassismus‘ für die Debatte um Frauenrechte in der Kirche zurück und entschuldigt sich für den, in einer emotional aufgeladenen Atmosphäre in ‚Christ und Welt‘ erhobenen Verdacht, Stefan Oster habe ihre Äußerungen absichtlich falsch wiedergegeben.  Stefan Oster entschuldigt sich für die verkürzte Rezeption des theologischen Vortrags und bedauert, Johanna Rahners Stellung als katholische Theologin hinterfragt und sie damit zusätzlich zu öffentlichen Klarstellungen genötigt zu haben.

Mit dieser Stellungnahme wollen Stefan Oster und Johanna Rahner deutlich machen, dass auch in einer erhitzten Atmosphäre medialer Konfrontationen immer noch ein ehrliches Gespräch möglich ist. Beide anerkennen an der jeweils anderen Person den aufrichtigen Wunsch, auch bei unterschiedlichen Positionen und Perspektiven an einer guten Zukunft für die katholische Kirche und im Geist Jesu Christi arbeiten zu wollen.

 

Kurz nach der Stellungnahme hat der Regensburger Bischof Voderholzer eine Faktencheck zum Streit veröffentlicht - Wortlaut auf kath.net:

 

Wer lügt? Ein Blick auf die Fakten gibt Aufschluss.

 

Unter dem Titel „Der Bischof als Agitator“ hat Frau Professor Johanna Rahner in der ZEIT-Beilage Christ & Welt vom 29. April 2021 Bischof Stefan Oster zu einer öffentlichen Entschuldigung aufgefordert, weil er sie ihrer Meinung nach mithilfe einer Lüge zu Unrecht kritisiert hat.

 

Was behauptet Bischof Oster?

 

Er schreibt auf seiner Homepage: „Jüngst hat etwa die Tübinger Dogmatik-Professorin Johanna Rahner in der Frage nach der Frauenweihe lehramtstreue Katholikinnen und Katholiken, und damit einschließlich den Papst, zu ‚Rassisten‘ erklärt, zumindest wenn der Wortlaut der KNA-Meldung stimmt, die das Portal katholisch.de aufgegriffen und mit reißerischer Überschrift verarbeitet hat.“

 

Was hat Frau Professor Rahner gemäß Redemanuskript (welches sie selbst in ihrem C&W-Beitrag zitiert) gesagt?

 

„Denn Diskriminierung ist ein Problem, das nur bewältigt werden kann, wenn es benannt wird. Und wenn wir diese Diskriminierung nicht als solche benennen, wird sich daran nichts ändern. Wer aber daran nichts ändern will, ist nichts anderes als ein Rassist.

 

These 7: Auch wer jetzt nichts tut, tut etwas

 

Will man nämlich in der Frage nach Frauen in kirchlichen Leitungsämtern und der Frage von Beteiligungsgerechtigkeit und Gestaltungsteilhabe vorankommen, wird man sich dazu durchringen müssen, die Problematik aus jenem, sich bewusst als antimodern inszenierenden Klima der katholischen Kirche des 19. Jh. herauszulösen, das bis heute eine effektive Lösung der Frage verhindert. Diese antimoderne Grundkonstellation und die ihr entspringenden geschlechtsspezifischen Exklusionsmechanismen haben aus einer traditionellen Diskriminierung im Rahmen des gesellschaftlich Gegebenen eine systemische Diskriminierung von Frauen in der Kirche gegen den gesellschaftlichen Mainstream werden lassen. Ja, die Frage nach der Diskriminierung von Frauen in der Kirche lässt sich nicht auf die Frage der Zulassung der Frau zu den Weiheämtern reduzieren. Aber: An der Beantwortung dieser Frage entscheidet Grundsätzliches.“ (Hervorhebung RV)

 

Regeln des Textverständnisses einhalten

 

Zu der Behauptung von Frau Prof. Rahner, sie habe mit ihrer Aussage gar nicht die Weihe für Frauen gemeint, daher solle sich Bischof Oster entschuldigen, muss man nur den Text von Frau Rahner im Zusammenhang lesen und die Regeln der Erfassung eines Textes in seinem Gesamtzusammenhang anwenden. Frau Rahner hat in dem Beitrag, in dem sie sich rechtfertigt und zum Gegenangriff übergeht, nur die Passage vor dem Rassismus-Satz zitiert, nicht die Passage danach, in der sie den Zusammenhang zwischen Diskriminierung, die rassistisch ist, und der Frage nach der Zulassung der Frauen zu Weiheämtern explizit herstellt.

 

Bei der Wahrheit bleiben

 

Ich kann nicht nachvollziehen, wie sie dazu kommt, Bischof Oster der bewussten Fehlinterpretation, und damit der Lüge (sie erinnert ihn ja ausdrücklich an das achte Gebot) zu bezichtigen und von ihm eine Entschuldigung zu erwarten. Sie sollte zu ihren Aussagen stehen oder sie zurücknehmen, aber nicht anderen jetzt unlautere Diskussionsmethoden vorwerfen. So hat es auch der Vorsitzender der DBK, Bischof Georg Bätzing verstanden und Frau Rahner gebeten, ihre Aussage zurückzunehmen.

 

 

Foto: (c) Pressestelle Bistum Passau

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