Spiritus Paraclitus – wer Gott nicht mag, mag auch den Menschen nicht

10. Mai 2021 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Unterwegs nach Pfingsten. Montag der sechsten Woche der Osterzeit: „Der Geist der Wahrheit wird Zeugnis für mich ablegen“.

„Der Heilige Geist kommt auf Christus herab wie eine Taube, um zu offenbaren, dass er der eingeborene Sohn des ewigen Vaters ist (vgl. Mk 1,10). Diesen Aspekt unterstreicht der hl. Johannes auch in seinem Evangelium, dort wo Jesus zu den Jüngern sagt: »Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei mir seid« (Joh 15,26–27)“.

Joseph Kardinal Ratzinger: Der Glaube an den dreifaltigen Gott und der Friede in der Welt. Predigt am Dreifaltigkeitsfest, 6. Juni 2004, in Bayeux, in: Werte in Zeiten des Umbruchs, Freiburg 2005, 148–153, 150 f.:

„Jesus verheißt den Geist der Wahrheit (Joh 16,13), den er dann in derselben Rede mehrmals den ‚Parakleten’ nennt. Was heißt das? Im Lateinischen wurde dieses Wort mit ‚Consolator’ übersetzt – der ‚Tröster’. Ganz wörtlich bedeutet das lateinische Wort: der, der in unsere Einsamkeit hereintritt und sie teilt; der in der Einsamkeit mit uns ist, so dass sie aufhört, Einsamkeit zu sein. Die Einsamkeit ist deshalb für den Menschen Raum der Traurigkeit, weil er die Liebe braucht und Einsamkeit, in die keine Liebe hineinleuchtet, Einsamkeit, die Liebesverlust ist, zugleich die innerste Bedingung unseres Lebens bedroht.

Wer Gott nicht mag, mag auch den Menschen nicht. Das Ungeliebtsein ist der Kern menschlichen Leids, menschlicher Traurigkeit. Das Wort Consolator sagt uns: Wir sind nie ganz einsam, nie ganz von der Liebe verlassen. Gott ist durch den Heiligen Geist in unsere Einsamkeit hereingetreten und bricht sie auf. Das ist der wahre Trost – Trost nicht nur mit Worten, sondern Trost in der Kraft der Wirklichkeit“.

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„Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr legt Zeugnis ab, weil ihr von Anfang an bei mir seid. Das habe ich euch gesagt, damit ihr keinen Anstoß nehmt. Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen, ja es kommt die Stunde, in der jeder, der euch tötet, meint, Gott einen heiligen Dienst zu leisten. Das werden sie tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben. Ich habe es euch aber gesagt, damit ihr euch, wenn die Stunde kommt, daran erinnert, dass ich es euch gesagt habe. Das habe ich euch nicht gleich zu Anfang gesagt; denn ich war ja bei euch“ (Joh 15, 26 – 16, 4a).

Benedikt XVI., aus der Katechese zur Generalaudienz am 26. April 2006:

Der Geist erscheint als Garant der aktiven Präsenz des Geheimnisses in der Geschichte, als derjenige, der die Verwirklichung des Geheimnisses durch die Jahrhunderte hindurch gewährleistet. Es ist dem Parakleten zu verdanken, daß die Erfahrung des Auferstandenen, die von der apostolischen Gemeinschaft in der Anfangszeit der Kirche gemacht wurde, von den nachfolgenden Generationen stets gelebt werden kann, da sie im Glauben, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft des durch die Zeit pilgernden Gottesvolkes weitergegeben und gegenwärtig gemacht wird. Und so erleben wir jetzt, in der Osterzeit, die Begegnung mit dem Auferstandenen nicht nur als etwas Vergangenes, sondern wir erleben sie in der gegenwärtigen Gemeinschaft des Glaubens, der Liturgie und des Lebens der Kirche. In dieser Weitergabe der Heilsgüter, die in der Kraft des Geistes die christliche Gemeinschaft zu einer ständigen Vergegenwärtigung der ersten Gemeinschaft macht, besteht die apostolische Tradition der Kirche. Sie wird so genannt, weil sie aus dem Zeugnis der Apostel und der Gemeinschaft der Jünger in der Anfangszeit entstanden und unter der Führung des Heiligen Geistes in die Schriften des Neuen Testaments und in das sakramentale Leben, in das Glaubensleben aufgenommen worden ist. Und auf sie – auf diese Tradition, die die ganze, stets aktuelle Wirklichkeit der Gabe Jesu ist – nimmt die Kirche ständig Bezug durch die ununterbrochene Sukzession des apostolischen Dienstes: sie ist ihre Grundlage und ihre Richtschnur.

Benedikt XVI., aus der Predigt am 8. Januar 2012: Fest der Taufe des Herrn

Paraclitus

Ihr seid gekommen – das habt ihr laut und deutlich gesagt –, damit eure Neugeborenen das Geschenk der Gnade Gottes erhalten, den Samen des ewigen Lebens. Ihr Eltern habt dies ausdrücklich gewollt. Ihr habt an die Taufe gedacht, noch bevor euer Sohn oder eure Tochter das Licht der Welt erblickt haben. Eure Verantwortung als christliche Eltern hat euch sofort an das Sakrament denken lassen, das den Eintritt in das göttliche Leben in der Gemeinschaft Seiner Kirche bezeichnet. Wir können sagen, daß dies eure erste Entscheidung hinsichtlich der Erziehung war, als Zeugen des Glaubens gegenüber euren Kindern: dies ist eine grundlegende Entscheidung!

Aufgabe der Eltern, unterstützt von den Taufpaten, ist es, den Sohn oder die Tochter zu erziehen. Erziehen ist sehr anspruchsvoll und zuweilen beschwerlich für unsere menschlichen Fähigkeiten, die immer begrenzt sind. Aber das Erziehen wird zu einer wundervollen Aufgabe, wenn man sie in Zusammenarbeit mit Gott vollbringt, der der erste und wahre Erzieher jedes Menschen ist.

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Das Evangelium berichtet uns von Johannes dem Täufer. Johannes war ein großartiger Erzieher seiner Jünger, weil er sie zur Begegnung mit Jesus führte, für den er Zeugnis abgelegt hat. Er hat sich nicht selbst erhöht, er wollte die Jünger nicht an sich selbst binden. Und doch war Johannes ein großer Prophet, sein Ruhm war sehr groß. Als Jesus kam, hat er sich zurückgezogen und auf ihn hingewiesen: »Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich… Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen« (Mk 1,7–8). Der wahre Erzieher bindet die Menschen nicht an sich selbst, er ist nicht besitzergreifend. Er möchte, daß der Sohn oder Schüler lernt, die Wahrheit zu erkennen und eine persönliche Beziehung zu ihr aufzubauen. Der Erzieher erfüllt seine Aufgabe bis zum Ende, er läßt es nicht an seiner aufmerksamen und treuen Präsenz fehlen; aber sein Ziel ist, daß der zu Erziehende die Stimme der Wahrheit zu seinem eigenen Herzen sprechen hört und ihr auf einem persönlichen Weg folgt.

Kehren wir noch einmal zurück zum Zeugnis. In der zweiten Lesung schreibt der Apostel Johannes: »Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt« (1 Joh 5,6). Er bezieht sich auf den Heiligen Geist, den Geist Gottes, der Zeugnis ablegt für Jesus, indem er bezeugt, daß er der Christus ist, der Sohn Gottes. Das sieht man auch bei der Taufe im Jordan: Der Heilige Geist kommt auf Christus herab wie eine Taube, um zu offenbaren, daß er der eingeborene Sohn des ewigen Vaters ist (vgl. Mk 1,10). Diesen Aspekt unterstreicht der hl. Johannes auch in seinem Evangelium, dort wo Jesus zu den Jüngern sagt: »Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei mir seid« (Joh 15,26–27). Das ist uns ein großer Trost bei unserer Aufgabe, zum Glauben zu erziehen, weil wir wissen, daß wir nicht allein sind und daß unser Zeugnis vom Heiligen Geist unterstützt wird.

Es ist sehr wichtig für euch Eltern, aber auch für die Taufpaten, fest an die Gegenwart und das Wirken des Heiligen Geistes zu glauben, ihn durch das Gebet und die Sakramente anzurufen und in euch aufzunehmen. Denn er ist es, der den Verstand des Erziehers erhellt und sein Herz entflammt, damit er die Kenntnis und die Liebe Jesu zu vermitteln weiß. Das Gebet ist die erste Bedingung, um erziehen zu können, denn im Gebet machen wir uns bereit, Gott die Initiative zu überlassen, ihm die Kinder anzuvertrauen, der sie schon vor uns und besser als wir kennt und genau weiß, was ihr wahres Wohl ist. Und wenn wir beten, sind wir zugleich bereit, auf die Eingebungen Gottes zu hören, um unseren Teil gut zu erfüllen, der uns in jedem Fall zukommt und den wir in die Tat umsetzen müssen. Die Sakramente, insbesondere die Eucharistie und das Bußsakrament, erlauben uns, unser erzieherisches Wirken in Einheit mit Christus zu vollbringen, in Gemeinschaft mit ihm und beständig erneuert von seiner Vergebung. Das Gebet und die Sakramente erlangen uns jenes Licht der Wahrheit, das uns fähig macht, zugleich zärtlich und stark zu sein, Sanftmut und Entschiedenheit zu gebrauchen, im rechten Moment zu reden oder zu schweigen, in rechter Weise zu tadeln und Fehler zu korrigieren.

Liebe Freunde, rufen wir also alle gemeinsam den Heiligen Geist an, damit er überreich auf diese Kinder herabkomme, sie nach dem Bild Jesu Christi weihe und sie auf ihrem Lebensweg stets begleite. Wir vertrauen sie der mütterlichen Führung der allerseligsten Jungfrau Maria an, damit sie an Alter, Weisheit und Gnade zunehmen mögen und wahre Christen werden, treue und freudige Zeugen der Liebe Gottes. Amen.

 

 


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