Schönborn: Im Vatikan gilt Medjugorje bereits als Heiligtum

18. Juni 2021 in Weltkirche


Wiener Kardinal bestätigt in Interview positive Haltung der Ruini-Kommission zu ersten Erscheinungen - Von Papst Franziskus "ganz entscheidende Schritte für Medjugorje"


Wien (kath.net/KAP) Die Frage der Anerkennung der berichteten Marienerscheinungen in Medjugorje kommt im Vatikan nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn voran: "Soweit ich weiß, wird Medjugorje in Rom schon in der Liste der Heiligtümer geführt", erklärte der Wiener Erzbischof im Interview mit der "Oase des Friedens", einer Zeitschrift der Medjugorje-Bewegung in Österreich, zum nahenden 40. Jahrestag des Beginns der Ereignisse von Medjugorje. Schönborn hatte zu Jahreswechsel 2009/10 als erster hochrangiger Kirchenvertreter den in Bosnien-Herzegowina liegenden Wallfahrtsort besucht.

In dem Dorf südwestlich von Sarajevo berichten seit dem 24. Juni 1981 damals noch im Kindes- und Jugendalter befindliche "Seher" von Erscheinungen der Jungfrau Maria, die bei den meisten von ihnen bis heute weiter im Jahres-, Monats- oder sogar Tagesrhythmus andauern sollen. Aus dem Vatikan gab es bisher kein abschließendes Urteil über die Ereignisse, wohl aber mehrere Prüfungen durch von den Päpsten eingesetzte Kommissionen. Die bislang letzte und ausführlichste unter der Leitung von Kardinal Camillo Ruini fand von 2010 bis 2014 statt, ihr Ergebnis wurde nicht veröffentlicht.

Schönborn sagte, er habe den Ruini-Abschlussbericht selbst gelesen. Es werde darin zum Ausdruck gebracht, "dass die Kommission zur Überzeugung gelangt ist, die ersten Erscheinungstage als authentisch zu beurteilen, ohne sich dabei vorläufig über das Weitere auszusprechen", bestätigte der Wiener Erzbischof entsprechende Medienberichte der vergangenen Jahre. Auch die nunmehrige Anerkennung von Medjugorje vorerst als "Heiligtum" - ein Ausdruck davon dürfte die Berücksichtigung von Medjugorje durch Papst Franziskus bei der von ihm initiierten weltweiten Rosenkranz-Gebetsinitiative Ende Mai gewesen sein - kann vor dem Hintergrund dieser positiven Einschätzung gesehen werden.

Für Papst "Früchte" entscheidend

Über die Haltung des Papstes in der Medjugorje-Frage erklärte Schönborn, Franziskus habe "ganz entscheidende Schritte für Medjugorje gesetzt" und sich das Thema "persönlich ans Herz genommen", wofür man ihm "nicht genug danken" könne. Den Ruini-Bericht habe der römische Pontifex mehrmals öffentlich als "ganz positiv" gelobt, was "sein Vertrauen zu dem, was der Himmel uns in Medjugorje schenkt" zeige. Als "entscheidenden Schritt" wertete der Kardinal schließlich die Entsendung von Erzbischof Henryk Hoser als päpstlichen Delegaten für Medjugorje: Der Ort sei damit "unter den Schutz des Papstes gestellt" worden.

Papst Franziskus wird im Zusammenhang mit Medjugorje häufig durch seinen Ausspruch zitiert, er sehe Maria nicht als Oberpostbeamtin, die den Menschen zu genau festgelegten Zeiten Nachrichten zukommen lässt. Schönborn zufolge habe der Papst mit diesen Worten die Aufmerksamkeit darauf lenken wollen, dass Medjugorje und das Wirken der Jungfrau selbst die entscheidende Botschaft seien. In den Maria zugeschriebenen Nachrichten gehe es vor allem um die Umkehr, die in Medjugorje auch laufend geschehe. Mehrmals habe der Papst darauf verwiesen, dass es besonders auf die "Früchte" ankomme, betonte Schönborn.

Den Vorbehalten mancher gegenüber den von den Sehern übermittelten Botschaften, diese brächten "nichts Neues", hielt der Erzbischof entgegen, er selbst wäre "beunruhigt", verhielte es sich anders. So wie Mütter ihren Kindern in kleinen Variationen immer dasselbe sagten - etwa "Hast du dir die Zähne geputzt?", "Hast du dir die Hände gewaschen?", "Hast du deine Hausaufgaben gemacht?" - verhalte es sich auch mit Medjugorje. Schönborn: "Das Entscheidende ist nicht, dass wir jedes Mal etwas Neues erwarten, sondern dass wir jedes Mal an das erinnert werden, was zum christlichen Leben gehört." Dass Millionen Menschen weltweit monatlich Botschaften wie "Betet!", "Kehrt um!", "Tut Buße!", "Hört auf meinen Sohn!", "Danke, dass ihr mir zugehört habt!" lesen, sei unstrittig "etwas Erfreuliches", betonte der Kardinal.

Gespür der Gläubigen

Den großen Zustrom von Pilgern in den herzegowinischen Wallfahrtsort trotz der noch ausstehenden kirchlichen Anerkennung deutete Schönborn als "Riecher der Menschen für die Gegenwart des Übernatürlichen". Das in Medjugorje stark spürbare "Gespür der Gläubigen"(Sensus fidei) sei ein "sicheres Maß für den Weg der Kirche", mache auch deren Lebendigkeit aus und erinnere daran, dass der katholische Glaube zuerst ein Beziehungsgeschehen sei, so der Wiener Erzbischof.

Auch er selbst habe bei seinem Besuch in Medjugorje die "innere Überzeugung" gespürt, dass die Gottesmutter Maria - sie wird in der Landessprache Kroatisch als "Gospa" (Herrin) bezeichnet - persönlich gegenwärtig sei, erklärte der Kardinal. Er sei bei seinem Aufenthalt auf die beiden von Pilgern frequentierten Berge um Medjugorje gestiegen und habe mit den vier zu diesem Zeitpunkt in Medjugorje anwesenden "Sehern" gesprochen.

Schönborn fiel dabei besonders eine große "Normalität" ins Auge, die er als "eines der ganz starken Zeichen, dass Medjugorje gesund ist" deutete. "Da ist nichts Übertriebenes, kein Aufpeitschen der Gefühle oder Überborden des Emotionalen", so sein Eindruck, und weiter: "Auch der Moment der Stille während des Rosenkranzes, wo Marija [eine "Seherin", Anm.] die besondere Nähe der Gospa erleben durfte - das war so normal, wie ich mir auch vorstelle, dass es in Nazareth, in der Heiligen Familie, zugegangen sein muss."

 

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