Paulus – wahrer Apostel

30. Juni 2021 in Aktuelles


Franziskus: der Primat der Gnade verwandelt die Existenz und macht sie würdig, in den Dienst des Evangeliums gestellt zu werden. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Paulus, zum Apostel berufen, nicht von Menschen oder durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und durch Gott, den Vater, der ihn von den Toten auferweckt hat [...] Ihr habt doch von meinem früheren Lebenswandel im Judentum gehört und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte. [...] Als es aber Gott gefiel, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, in mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich ihn unter den Völkern verkünde, da zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate“ (Gal 1,1.13.15-16).

Letzte Generalaudienz vor der Sommerpause mit Pilgern und Besuchern im Damasus-Hof des Apostolischen Palastes. Die Gläubigen, die daran teilnehmen wollten, konnten unter Beachtung der sanitären Hinweise durch das Bronzetor auf dem Petersplatz eintreten. Es waren wie immer bei dieser Gelegenheit keine Eintrittskarten erforderlich.

Papst Franziskus setzte seine vor einer Woche begonnene Katechesenreihe zum Brief des Paulus an die Galater fort. Der zweite Teil stand unter dem Thema: „Paulus – wahrer Apostel“.

Bereits in der ersten Betrachtung hätten wir gesehen, dass sich diese Gemeinden, denen Paulus einst selbst das Evangelium gebracht hätte, in einem Konflikt befunden hätte. Andere Missionare hätten die apostolische Autorität des Paulus bestritten und entgegen seiner Lehre von der Freiheit der Christen die vollumfängliche Einhaltung des alten jüdischen Gesetzes verlangt.

Paulus sei ein profunder Kenner des Geheimnisses Christi. Schon zu Beginn seines Briefes folge er nicht den niedrigen Argumenten, die seine Verleumder verwendet hätten. Der Apostel „fliegt hoch“ und zeige auch uns, wie wir uns bei Konflikten in der Gemeinschaft verhalten sollten. Erst gegen Ende des Briefes werde explizit gemacht, dass der Kern der geweckten Hetze die Beschneidung sei, also die wichtigste jüdische Tradition. Paulus entscheide sich, tiefer zu gehen, denn „es geht um die Wahrheit des Evangeliums und um die Freiheit der Christen, die ein wesentlicher Bestandteil davon ist“.

Er bleib nicht an der Oberfläche der Probleme stehen, wie zu tun wir oft versucht seien, um eine sofortige Lösung zu finden, die uns vorgaukle, dass wir alle mit einem Kompromiss einverstanden sein könnten. So funktioniere das mit dem Evangelium nicht, und der Apostel habe sich sich für den anspruchsvolleren Weg entschieden. Er schreibt also: „Geht es mir denn um die Zustimmung der Menschen oder geht es mir um Gott? Suche ich etwa Menschen zu gefallen? Wollte ich noch den Menschen gefallen, dann wäre ich kein Knecht Christi“ (Gal 1,10).

Paulus sei fest davon überzeugt, dass seine Sendung und Lehre ihren Ursprung in Jesus Christus habe, in Gottes ewigem Plan. Als Beweis dafür diene ihm das unerklärliche Erlebnis seiner Bekehrung. Paulus wage zu sagen, dass er alle im Judentum übertraf, er sei ein eifriger Pharisäer gewesen, untadelig in der Gerechtigkeit, die aus dem Halten des Gesetzes komme. Zweimal betone er, dass er ein Verfechter und Verteidiger der „Traditionen der Väter“ und ein „überzeugter Verfechter des Gesetzes“ gewesen sei. Vom pharisäischen Verfechter des Gesetzes und eifernden Verfolger der Christenaber sei er zu einem hingebungsvollen Verkündiger eben dieses Glaubens geworden – zum Apostel Jesu Christi.

Paulus sei immer noch davon ergriffen, dass Gott sich seiner, eines sündigen und schwachen Menschen, bedienen gewollt habe, um seinen Heilsplan zu verwirklichen. So dürften auch wir uns getrost dem Plan Gottes überlassen, der uns zum Dienst am Evangelium berufe und mit seiner Gnade dazu befähige. Es sei, als wolle er den Galatern sagen, dass er alles andere als ein Apostel hätte sein können. Er sei von Kindesbeinen an zu einem tadellosen Beachter des mosaischen Gesetzes erzogen worden, und die Umstände hätten ihn dazu gebracht, die Jünger Christi zu bekämpfen. Es sei dann jedoch etwas Unerwartetes geschehen: „Gott hatte ihm durch seine Gnade seinen Sohn offenbart, der gestorben und auferstanden war, damit er ein Verkünder von ihm unter den Heiden werden konnte“.

„Wie undurchschaubar sind doch die Wege des Herrn!“, so der Papst abschließend. Wir berührten es jeden Tag mit unseren eigenen Händen, aber besonders, wenn wir an die Momente zurückdächten, in denen der Herr uns gerufen habe. Wir dürften niemals die Zeit und die Art und Weise vergessen, in der Gott in unser Leben eingetreten sei: „in unseren Herzen und Gedanken jene Begegnung mit der Gnade festhalten, als Gott unsere Existenz veränderte. Wie oft kommt einem angesichts der großen Werke des Herrn spontan die Frage in den Sinn: wie ist es möglich, dass Gott sich eines Sünders, eines zerbrechlichen und schwachen Menschen bedient, um seinen Willen zu verwirklichen? Und doch ist da nichts Zufälliges dabei, denn alles ist in Gottes Plan vorbereitet worden“.

Gott webe unsere Geschichte, „und wenn wir vertrauensvoll seinem Heilsplan entsprechen, erkennen wir das“. Der Ruf beinhalte immer eine Mission, zu der wir bestimmt seien. Deshalb seien wir aufgefordert, uns ernsthaft vorzubereiten, im Wissen, dass es Gott selbst sei, der uns sende und uns mit seiner Gnade unterstütze: „Lassen wir uns von diesem Bewusstsein leiten: der Primat der Gnade verwandelt die Existenz und macht sie würdig, in den Dienst des Evangeliums gestellt zu werden“. Der Primat der Gnade decke alle Sünden.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern deutscher Sprache, heute feiern wir das Fest der ersten heiligen Märtyrer der Stadt Rom, die ihren christlichen Glauben mit der Hingabe ihres Lebens bezeugten. Der Herr schenke auch uns die Gnade, mutig und standhaft für den Glauben einzustehen, den die Apostel und die Heiligen uns weitergegeben haben.

 


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