Dann werden wir am Ende auch ein gutes Zeugnis des Himmels bekommen

9. Juli 2021 in Kommentar


Gibt es also eigentlich auch eine Art „geistliche- oder, bitte nicht esoterisch verstehen- spirituelle Intelligenz“? - BeneDicta am Freitag von Linda Noé


Linz (kath.net)

Hurra, Zeugnistag! Heute ist es endlich so weit, für alle Schüler in unserem Bundesland. Unser Jüngster bekommt zum ersten Mal in seinem Leben ein Jahreszeugnis. Ein aufregender Tag! Seit vielen Jahren gibt es nicht nur eine knappe Ziffernnote, sondern im Vorfeld auch einen Lernzielkatalog und verbale Beurteilung, der genauere Informationen über die jeweiligen Stärken und Schwächen gibt. Ob es verschiedene Arten der Intelligenzen gibt neben der logisch-mathematischen (zum Beispiel eine musische, soziale…), wird seit den 80er Jahren angestoßen durch Howard Gardner diskutiert. In der Wissenschaft hat diese Theorie eine weniger große Bedeutung als in der modernen Pädagogik.

Heute habe ich mir, durch die Beurteilungen am Zeugnistag angestoßen, eine Frage gestellt, die interessanterweise auch aufgrund des heutigen Tagesevangeliums im Raum steht. (Evangelium Tag für Tag). Jesus sagt dort zu den Jüngern in Matt 10,16: „Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!“ Gibt es also eigentlich auch eine Art „geistliche- oder, bitte nicht esoterisch verstehen- spirituelle Intelligenz“? Die von Jesus genannte Klugheit und Arglosigkeit scheint in diesem Vers jedenfalls die Bedingung dafür zu sein, dass wir wie Schafe unter die Wölfe gesandt werden können- etwas, das ohne die genannte Ausstattung offensichtlich weder möglich noch sinnvoll ist.

Neben der grundsätzlich notwendigen Erneuerung des Denkens auf dem Weg mit Christus, über die ich schon einige Male an dieser Stelle geschrieben habe, (Epheser 4,23 „und erneuert euren Geist und Sinn!“) fällt mir zu der von Jesus gewünschten „Intelligenz“ als Erstes die so wichtige „Unterscheidung der Geister“ ein.

Ignatius von Loyola hat seine Exerzitien ganz auf dieses Thema aufgebaut. Nicht jeder Christ hat Zeit und Möglichkeit, ignatianische Exerzitien zu machen, aber ich glaube, es ist dringend notwendig, sich darin zu üben und damit auseinanderzusetzen, was die Unterscheidung der Geister im Alltag für jeden von uns bedeutet.

Wir wissen als Christen vielleicht in der Theorie sehr gut, woher unsere Hilfe kommt, aber sind doch oft bestürzt und hilflos gegenüber den Herausforderungen mit uns selbst, unseren Mitmenschen und den vielfältigen Lebenssituationen. Viele von uns dachten vielleicht auch, wenn auch ein wenig unterbewusst eventuell, dass ihre Nöte auf magische Weise verschwinden würden, sobald wir gläubig geworden sind oder gebetet haben. Das ist ein Problem, denn das Erkennen der Quelle des jeweiligen Problems ist, so glaube ich, sehr oft auch ein wichtiger Schlüssel zu dessen Überwindung mit Gottes Hilfe, nicht alles löst Gott ganz ohne unser Zutun, wie wir wissen. „Ich setzte voraus, dass es dreierlei Gedanken in mir gibt: solche, die mein eigen sind und allein meiner Freiheit und meinem Willen entspringen, während die beiden andern von außen kommen: der eine vom guten, der andere vom bösen Geist.“ sagt der Heilige Ignatius, der große Lehrer in der Unterscheidung der Geister.

Parallel dazu könnte man über die Herausforderungen unseres Lebens, die von außen zu uns kommen sagen, dass sie aus diesen drei verschiedenen Quellen kommen können:

1) Prüfungen können von Gott selbst kommen: Der Heilige Jakobus erinnert uns daran „Seid voll Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet. Ihr wisst, dass die Prüfung eures Glaubens Ausdauer bewirkt. Die Ausdauer aber soll zu einem vollendeten Werk führen; denn so werdet ihr vollendet und untadelig sein, es wird euch nichts mehr fehlen. (Jakobus 1,2-4). In diesem Fall dürfen wir uns also sogar freuen, uns unter Gottes Hand beugen und bewähren.

2) Dämonische Anfechtungen: Eine zweite Art von Herausforderungen, denen Gläubige begegnen können, sind die, die von unserem Feind kommen. Er ist ein Dieb, der kommt, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten (Johannes 10,10). Es ist gut, sich in diesen Fällen daran zu erinnern, dass unser Kampf sich "nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut richtet, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“ (Eph 6,12). Wenn wir einer solchen Prüfung begegnen, heißt es, mit Gottes Hilfe zu widerstehen und uns auch daran zu erinnern, dass wir in Christus den Sieg haben und nicht alleine sind!

 3) Die dritte Art von Prüfungen wären demnach die, die von uns Christen oft dem Teufel oder sogar Gott zugeschrieben werden, obwohl sie in Wirklichkeit ganz einfach das Ergebnis von menschlicher Sünde, Fehlentscheidung oder Versagen sind. Laut dem Wort Gottes ist die Folge der Sünde der Tod, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn dort, wo wir und/oder unsere Mitmenschen blind dafür bleiben, Verwüstung angerichtet wird, als einfache Konsequenz. Gewissenserforschung, Beichte und Buße sind hier der erste Weg, um Veränderung zu erleben (anstatt sich zum Beispiel in einer Sache selbst als gerechter Märtyrer vor Gott zu fühlen, ohne sich verändern zu müssen, wie es durchaus passieren kann.)

Die Unterscheidung der Geister ist ohne Frage ein riesiges Thema, aber vielleicht können diese Gedanken ein Anstoß dazu sein, sich wieder einmal damit auseinanderzusetzen (meiner Erfahrung nach wird selten darüber gepredigt) - oder eventuell sogar einmal ignatianische Exerzitien zu besuchen? Bitten wir im Alltag jedenfalls neu den Heiligen Geist, uns zu befähigen, die Quelle unserer jeweiligen Not zu erkennen, damit wir klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben unter den Wölfen als Schafe leben können. Dann werden wir am Ende auch ein gutes Zeugnis des Himmels bekommen.

Ps.: ich freue mich über Ihre eigenen Gedanken und Erfahrungen zu diesem weitreichenden Thema eventuell in den Kommentaren.


© 2021 www.kath.net