Das mosaische Gesetz

11. August 2021 in Aktuelles


Franziskus: Paulus zeigt - Bund und Gesetz nicht unlösbar miteinander verbunden. Wer an Jesus Christus glaubt, ist zum Leben im Heiligen Geist berufen, der vom Gesetz befreit und es zugleich erfüllt gemäß dem Gebot der Liebe. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) “Warum gibt es dann das Gesetz? Wegen der Übertretungen wurde es hinzugefügt, bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung gilt. Es wurde durch Engel erlassen und durch einen Mittler bekannt gegeben.  Steht also das Gesetz gegen die Verheißungen Gottes? Keineswegs! Wäre ein Gesetz gegeben worden, das die Kraft hat, lebendig zu machen, dann käme in der Tat die Gerechtigkeit aus dem Gesetz; aber die Schrift hat alles unter der Sünde eingeschlossen, damit die Verheißung aus dem Glauben an Jesus Christus denen gegeben wird, die glauben” (Gal 3,19.21-22).

Generalaudienz mit Pilgern und Besuchern in der Aula “Paolo VI”, dies aus Gründen des Klimas und der Rehabilitation von Papst Franziskus nach seiner schweren Darmoperation. Der Papst setzte seine Katechesenreihe zum Brief des Paulus an die Galater fort. Der vierte Teil stand unter dem Thema: „Das Gesetz des Mose”:

Im Galaterbrief gehe Paulus dem Verhältnis zwischen dem mosaischen Gesetz und der Neuheit des christlichen Lebens aus dem Heiligen Geist nach. Das Gesetz stehe in enger Verbindung mit dem Bund Gottes mit seinem Volk.

Die Beobachtung des Gesetzes – der Tora – “garantierte dem Volk die Güter des Bundes und seine besondere Beziehung zu Gott. Die Nichteinhaltung stellte einen Verrat am Bund dar”. Eine wirkungsvolle Zusammenfassung dessen, was die Tora sei, finde sich in diesem Text aus dem Deuteronomium:

“Der Herr, dein Gott, wird dir Gutes im Überfluss schenken, bei jeder Arbeit deiner Hände, bei der Frucht deines Leibes, bei der Frucht deines Viehs und bei der Frucht deines Ackers. Denn der Herr wird sich, wie er sich an deinen Vätern gefreut hat, auch an dir wieder freuen. Er wird dir Gutes tun. 10 Denn du hörst auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, und bewahrst seine Gebote und Satzungen, die in dieser Urkunde der Weisung einzeln aufgezeichnet sind, und kehrst zum Herrn, deinem Gott, mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele zurück” (Dt 30,9-10).

Die Befolgung des Gesetzes habe dem Volk die Vorteile des Bundes und die besondere Verbindung mit Gott garantiert. Als Gott den Bund mit Israel geschlossen habe, habe er ihnen die Tora angeboten, damit sie seinen Willen verstünden und in Gerechtigkeit leben könnten. In vielen Fällen, vor allem in den Büchern der Propheten, werde deutlich, dass die Nichteinhaltung der Gebote des Gesetzes einen echten Verrat am Bund darstelle und die Reaktion des Zorns Gottes hervorrufe. Die Verbindung zwischen dem Bund und dem Gesetz “war so eng, dass die beiden Realitäten untrennbar miteinander verbunden waren”.

Paulus zeige nun auf, dass Bund und Gesetz nicht unlösbar miteinander verbunden seien.

Der Bund Gottes mit Abraham gründe auf dem Glauben an die Erfüllung der Verheißung, das Gesetz sei später wegen der Übertretungen hinzugefügt worden (vgl. Gal 3,21). Doch auch wenn es nicht in der Verheißung enthalten gewesen sei, so komme das Gesetz von Gott und habe eine klare Rolle in der Heilsgeschichte. Es schenke aber nicht das Leben und die Erfüllung der Verheißung.

Vor diesem Hintergrund sei es leicht zu verstehen, dass die Missionare, die die Galater infiltriert hätten, ein gutes Spiel gehabt hätten, wenn sie behaupteten, dass die Zugehörigkeit zum Bund auch die Einhaltung des mosaischen Gesetzes einschließe. Doch gerade in diesem Punkt könnten wir die geistige Intelligenz des Paulus und die großen Einsichten entdecken, die er zum Ausdruck gebracht habe und die von der Gnade getragen worden seien, die er für seine Mission der Evangelisierung erhielt.

Der Apostel erkläre also den Galatern, dass der Bund und das Gesetz in Wirklichkeit nicht untrennbar miteinander verbunden seien. Das erste Element, auf das er sich stütze, sei, dass der von Gott mit Abraham geschlossene Bund auf dem Glauben an die Erfüllung der Verheißung beruhte und nicht auf der Einhaltung des Gesetzes, das es damals noch nicht gegeben habe. Der Apostel schreibe: “Damit sage ich: Das Testament, dem Gott zuvor Gültigkeit verliehen hat, wird durch das vierhundertdreißig Jahre später erlassene Gesetz nicht ungültig, sodass die Verheißung aufgehoben wäre. Würde sich das Erbe nämlich aus dem Gesetz herleiten, dann eben nicht mehr aus der Verheißung. Gott hat aber durch die Verheißung Abraham Gnade erwiesen” (Gal 3,17-18). Mit dieser Argumentation habe Paulus ein erstes Ziel erreicht: “das Gesetz ist nicht die Grundlage des Bundes, weil es später kam”. Es sei ein Weg.

Dies sei in Christus verwirklicht worden. “Diese erste Darlegung des Apostels an die Galater”, so der Papst abschließend, “stellt die radikale Neuheit des christlichen Lebens vor: alle, die an Jesus Christus glauben, sind berufen, im Heiligen Geist zu leben, der sie vom Gesetz befreit und es zugleich nach dem Gebot der Liebe erfüllt”. Darin bestehe also die radikale Neuheit des christlichen Lebens: “Wer an Jesus Christus glaubt, ist zum Leben im Heiligen Geist berufen, der vom Gesetz befreit und es zugleich erfüllt gemäß dem Gebot der Liebe”.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich grüße ich die Gläubigen aus den Ländern deutscher Sprache. Der Heilige Geist stärke uns im Glauben an Jesus Christus und mache uns stets bereit, unseren Nächsten zu helfen. Einen schönen Aufenthalt in Rom.

 


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