Sie verlassen die Kirche im besten Alter

20. September 2021 in Kommentar


Das unerträgliches Sozialgeschwätz von Bischof Bode - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

„Only the good die young.“ Das ist in etwa die Message, die dem in den letzten Tagen mehrfach zitierten Satz von Bischof Bode im Podcast von Business Insider zugrunde liegt. Der Sänger Billy Joel wollte die jungen Menschen aus der Kirche herausrufen mit seinem Song. Der Bischof bejammert das Faktum, dass es zu klappen scheint. "Bei uns gehen im Moment hundert Menschen pro Woche aus der Kirche raus und zwar im besten Alter", sagte der Osnabrücker Bischof im Podcast "Die soziale Frage" von Business Insider am vergangenen Donnerstag. Das seien keine Menschen, so Bode, die am Rand der Kirche stünden. Er fürchte, ergänzte der Osnabrücker Oberhirte, eine "Sogwirkung auf andere Kirchenmitglieder.“ Keiner wolle auf einem untergehenden Schiff sein.

Es ist eine steile These, die man statistisch auf ihren Gehalt untersuchen müsste. Es wäre in der Tat interessant, zu sehen, wer denn genau geht. Bislang ist man auf ungenaue Schlussfolgerungen angewiesen. Jedoch ist schon der Einstieg in das Podcast-Interview mit Joana Lehner, einer Volontärin der Axel Springer Akademie, ein Fingerzeig auf das Kernproblem. Lehner erklärt im Einstieg ihre persönliche (Un)Glaubenskarriere. Getauft, Erstkommunion weil es so muss, Gefirmt, weil sich auch andere haben firmen lassen und eigentlich abständig, weil auch die Familie nur an Weihnachten zur Kirche geht. Wer mehr als einmal Firmvorbereitung in einer Gemeinde gemacht hat, kennt hunderte junger Menschen, die – auch als Erwachsene - exakt dasselbe herunterbeten, wie Joana Lehner.

Hier hatte ein Bischof, der ja genau davon angefragt war, einmal die Möglichkeit zu erklären, wozu die Kirche da ist, nämlich die Menschen zum Heil zu führen. Stattdessen kommt ein geradezu unerträgliches Sozialgeschwätz, dass in einem fehlverwendeten Kirchenväterzitat mündet, dass ein Christ kein Christ sei. Zwar stimmt es, dass zum Christsein die Gemeinschaft untrennbar hinzugehört. Selbst der Eremit in seiner Klause ist immer in Gemeinschaft mindestens der Heiligen, die schon Gott schauen und sicher in Gemeinschaft derer, für die er betet. Der Bischof lässt die paulinische Definition von Christ sein elegant unter den Tisch fallen. Christ ist, wer glaubt und sich taufen lässt. Der Glaube – all dessen, was die Kirche an ewigen Wahrheiten lehrt - gehört untrennbar dazu. Die Taufe allein genügt einfach nicht und ohne den Glauben trägt die Firmung keine Früchte. Der Bischof begegnet dort einem Kirchenmitglied unserer Tage, der getauft aber nicht im Sinne der Kirche gläubig ist. Da gilt es Zeugnis zu geben, dass die Kirche zugleich heilsnotwendig ist, von Gott erhaltende Gnadengaben zu schenken beauftragt ist und den Auftrag hat, den Glauben zu bewahren und weiterzugeben.

Wer mit jüngeren und älteren Menschen ins Gespräch kommt, erlebt immer wieder, dass besonders über die Kirche, die eben nicht nur handelndes Subjekt des Glaubens ist, sondern auch selber geglaubtes Objekt ist, fatale Irrtümer herrschen. Der Bischof verpasst hier eine Chance, über die Wirklichkeit der Kirche aufzuklären. Nulla salus extra ecclesiam. Das gilt noch immer und es ist eine Wahrheit, mit der sich jeder Bischof auseinandersetzen sollte, der leichtfertig Menschen gehen lässt. Die Kernfrage heutiger Pastoral muss lauten: Wie geben wir den getauften Ungläubigen eine Zeugnis und einen Impuls zur Umkehr. Ohne die Wahrheit wird das nicht gehen. Besonders junge Menschen sind sehr empfindlich, wenn ihnen jemand mit Wischiwaschi daher kommt.

Es ist keine Frage, dass die Kirche in Deutschland, wie in vielen anderen westlichen Ländern, hinsichtlich ihrer Sozialstruktur komplett am Ende ist. Für das, wofür auch ein Bischof Bode steht, gibt ein kluger Mensch keinen Cent mehr. Der Gedanke, ihnen das Geld zu entziehen liegt nahe, doch sind die meisten Diözesen über Vermögen so saturiert, dass die Kirchensteuer längst kein Druckmittel (mehr) ist. Abgesehen von wenigen Bistümern wie zum Beispiel Hamburg werden die Massenaustritte derzeit nicht kirchensteuerwirksam. Es treten die aus, die (bis dato) keine oder wenig Kirchensteuern zahlen. Es treten die aus, die wie Joana Lehner aus irgendeinem Grund getauft und gefirmt sind und nur eine diffuse Bindung an die Kirche haben, sobald ein nennenswerter Betrag an Kirchensteuer auf der Gehaltsabrechnung steht.

Es stimmt, dass auch Leute aus der sogenannten Mitte der Kirche gehen. Es sind viele, die sich seit Jahren in den Gremien der Pfarreien engagieren und die stets von einem falschen Kirchenbild ausgingen. In ihrer Welt können die Kirchenoberen die Kirche nach den Vorstellungen des Zeitgeistes umbauen. Da kann man die Kirche von einer absoluten Monarchie in eine Demokratie umbauen. Das ist eine Kirche, in der päpstliche Weisungen wie Humanae vitae als unverbindliche Empfehlungen angesehen werden können. Das ist eine Kirche, die mit jedem Trend ins Bett geht und ihren Mitgliedern selbiges Verhalten locker nachsieht und auch dann noch Sakramente hinhält, wo erst einmal nur Umkehr und Beichte helfen würden.

Es stimmt, dass viele von denen, die Pfarrer oft die Stützen ihrer Gemeinde nennen, nun gehen und es stimmt aber auch, dass die Wege auf denen sie die Kirche verlassen von jenen komfortabel angelegt und gepflastert wurden, die wie Bischof Bode die unangenehmen Seiten des Glaubens, die Härten des Christentums, wo es nicht romantisch zuckersüß zugeht oder wo Barmherzigkeit mal der Ernstfall wird, weil nichts anderes mehr geht, einfach verschweigen.

Bezeichnend ist der Satz, keiner wolle auf einem untergehenden Schiff sein. Nein, in der Tat, dass will keiner. Aber der Kirche – und auch darüber schweigt der Bischof hinweg – ist Bestand verheißen. Der Kirche ist Bestand verheißen, nicht aber einem pseudofrommen Schwätzerclub, wo man mal über alles reden kann, weil ja alle so nett sind. Letzterer wird scheppernd und mit synodalem Krachen gegen die Wand fahren, weil all jene, die der Kirche auf dem synodalen Weg oder anderswo die letzte Chance geben, sich anschließend schleunigst einen neuen Heilsweg suchen werden, der ohne so fiese Sachen wie Moral und Zölibat auskommt.

Am Ende ist man schon etwas traurig, denn auch das muss man sich selber eingestehen, diese Volkskirche, in der man aufgewachsen ist, hatte zuweilen auch etwas Heimisches mit ihren schönen Traditionen, Festen und feierlichen Gottesdiensten. Aber eigentlich hat man es längst gewusst, den Traditionen fehlte schon lange der Grund, den Festen der Inhalt und feierlichen Gottesdiensten die Wahrhaftigkeit.

Die Zukunft der Kirche lag schon immer und liegt auch heute da, wo man den Glauben auch in seinen unangenehmen Seiten kraftvoll und überzeugend gemeinsam lebt. Es gibt diese Orte und es wird sie immer geben. Dass Dome und Kathedralen darunter sein müssen, steht nirgends geschrieben.

 

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