Italien: Jesuitische Zeitschrift plädiert für 'Sterbehilfe'

26. Jänner 2022 in Chronik


Der Autor argumentiert mit der Schadensbegrenzung, weil eine ansonsten wohl erfolgreiche Volksabstimmung eine noch viel radikalere Reform brächte. Kritiker befürchten einen weiteren Sieg für die „Wegwerf-Kultur“.


Rom (kath.net/Catholic News Agency/mk) Fast 60 Organisationen haben einen Artikel in der katholischen jesuitischen Zeitschrift La Civiltà Cattolica kritisiert, der einen Gesetzesentwurf unterstützt, mit dem das italienische Parlament die Beihilfe zum Selbstmord legalisieren will. Hintergrund des vor wenigen Tagen veröffentlichten Artikels ist eine parallel zum Gesetzgebungsverfahren initiierte Volksabstimmung, die einer viel radikaleren Reform den Boden bereiten will. Nach dem von über einer Million Italienern unterstützten Begehren sollen für den assistierten Suizid und auch die Tötung auf Verlangen überhaupt nur mehr in engen Grenzen Strafen verhängt werden, nämlich etwa bei Minderjährigkeit des Opfers oder einem durch Täuschung erlangten Einverständnis.

In der Zeitschrift argumentiert der Jesuitenpater Carlo Casalone, Mitglied der päpstlichen Akademie für das Leben und Professor für Moraltheologie an der Gregoriana in Rom, dass angesichts der größeren Gefahr dieses Volksbegehrens die Unterstützung des im Parlament debattierten Entwurfs zur Freigabe der Beihilfe zum Selbstmord in gewissen Grenzen im Sinne der Schadensbegrenzung moralisch akzeptabel sei. Der Priester befürchtet nämlich eine hohe Zustimmung der Bevölkerung  zum Volksbegehren. Das parlamentarische Gesetz sei zwar „imperfekt“ und stehe im Konflikt mit der katholischen Lehre, sei aber im konkreten Fall das geringere Übel.

Ebendiese Einschätzung greifen die eingangs genannten Organisationen, viele davon aus dem Lebensschutz, in ihrer Kritik an: „Es ist überraschend, dass eine offizielle Publikation Positionen riskiert, die - wenn auch indirekt - der „Wegwerf-Kultur“ Raum geben könnten, vor deren negativen Auswirkungen Papst Franziskus ständig warnt“, äußerten sie in einer gemeinsamen Erklärung.

La Civiltà Cattolica wird von den Jesuiten in Rom produziert und muss vor der Veröffentlichung vom vatikanischen Staatssekretariat genehmigt werden.


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