Die unbekannten Jahre von Joseph Ratzinger - Zum 95. Geburtstag von Benedikt XVI.

16. April 2022 in Interview


Der Priester Prof. Alexander Krylov hat anlässlich des Geburtstages von Joseph Ratzinger eine ungewöhnliche Dokumentation über vier wenig bekannte Jahre aus dem Leben des späteren Papstes gemacht - kath.net-Interview von Petra Lorleberg - Mit VIDEO


Köln-Bonn (kath.net/pl) Eine ungewöhnliche Dokumentation erscheint zum 95. Geburtstag von Benedikt XVI. am Freitag, 15. April, bei YouTube. Der Film, der fasziniert und Lust auf mehr weckt, wurde nicht von einem professionellen TV-Team, sondern von einem katholischen Priester gemacht. Dr. Alexander Krylov hat in seinen jungen Jahren als Journalist und später als Medienwissenschaftler gearbeitet und ist heute als spätberufener Priester im Erzbistum Köln tätig. Mit ihm sprechen wir über seinen neuen Film.

kath.net: Worüber erzählt diese neue Dokumentation?

Prof. Dr. Alexander Krylov: Diese Dokumentation erzählt über vier wenig bekannte Jahre aus dem Leben des emeritierten Papstes. Das sind aber die Zeit, die für seine weitere Lebensbahn eine wichtige Bedeutung hatte. Wir sprechen über vier Bonner Jahre (1959-1963), in denen er seine Arbeit als Professor begann, am 2. Vatikanum mitgearbeitet hat und große Anerkennung in nationalen und internationalen theologischen Kreisen bekam. Wir lernen den jungen Wissenschaftler Ratzinger in Bonn aus vier Perspektiven kennen: als jungen Professor und als Konzilstheologe, wir begegnen ihm in seiner privaten Umgebung und erfahren, was aus menschlicher Sicht über ihn gesagt wird.

kath.net: Wie kamen Sie dazu eine Dokumentation über Benedikt XVI. zu drehen?

Prof. Krylov: Seine theologischen Schriften haben mein Interesse an Theologie in großem Maße, noch vor meiner Entscheidung Priester zu werden, vorbestimmt. Wenn ich mich mit der einen oder anderen theologischen Frage beschäftige, frage ich mich selbstverständlich, was dazu Professor Ratzinger sagte. Später habe ich immer wieder Menschen getroffen, die ihn sehr schätzen und ihn privat gut kennen. So habe ich ihn nicht aus Zeitungen, sondern aus Zeugnissen vieler für mich wichtigen Personen kennengelernt.

Im Herbst 2018 habe ich seinen Bruder in Regensburg besucht. Wir hatten ein langes und vertrauliches Gespräch.

Besonders bewegend war für mich im Oktober 2018 die Privataudienz beim emeritierten Papst und seine sehr persönlichen Worte für meinen priesterlichen Dienst.

Eine große Rolle haben auch meine Kaplansjahre in Bonn-Bad Godesberg gespielt. Hier habe ich öfter Erzählungen über Professor Ratzinger gehört. Die Tatsache, dass ich u.a. Geschichte studierte und Medienerfahrung habe, hat mich dazu bewogen diese Erinnerungen und das Wissen der Experten zu dokumentieren und weiterzugeben.

kath.net: Welche Zeugen und Experten treffen wir in Ihrem Film?

Prof. Krylov: Für den Film habe ich Gespräche mit zehn Personen aufgenommen. Da ist z. B. Weihbischof Klaus Dick, der seit seiner Promotionszeit eine freundschaftliche Beziehung zu Benedikt XVI. pflegt.

Mein großes Glück war, Frau Esther Betz kennenzulernen. Sie hat Professor Ratzinger im Zug getroffen, als er zum Antritt seiner Professorenstelle nach Bonn fuhr. Seitdem stehen sie in einem freundschaftlichen Kontakt. Ihre Erinnerungen erzählen auch zwei damalige Studenten von Prof. Ratzinger – Klaus Brüssermann und Michael Nienaber.

Viele spannende Details erfahren wir von solchen Kennern des emeritierten Papstes, wie Karl-Heinz Menke, Manuel Schlögl oder Martin Lohmann.

Besonders freute ich mich über die Möglichkeit, Herrn Erzbischof Georg Gänswein im letzten Herbst im Kloster Mater Ecclesiae zu besuchen und seine Perspektive im Film einzuarbeiten.

kath.net: An so einem langen Film arbeiten normalerweise große TV-Teams, Sie haben alles alleine gemacht – das Drehbuch, die Interviews, die Videoaufnahmen und auch den Schnitt. Wie ist das möglich?

Prof. Krylov: Professioneller Filmemacher bin ich aber nicht. Ich weiß schon, wie die Medien funktionieren und habe gelernt, wie man eine Botschaft vermittelt. Aber den Umgang mit Kameras habe ich erst seit Corona gelernt. Da habe ich angefangen, kurze Filme für die Erstkommunionkinder und später für die Jugendlichen und auch für die Erwachsenen zu drehen. Ich hoffe, dass die Zuschauer nicht zu streng mit mir sind, mir war es wichtig, die dokumentierten Informationen weiterzugeben. Moderne Technik macht das alles möglich.

kath.net: Sie haben einen eigenen YouTube-Kanal, „YouPriest“, wäre es für Sie nicht interessant, mehr in diesem Bereich zu machen?

Prof. Krylov: In keinem Fall möchte ich meinen priesterlichen Dienst für etwas anderes tauschen, egal wie interessant die Dinge sein mögen. Mein Videokanal entstand nicht, weil ich journalistisch tätig sein möchte, sondern weil wir als Kirche eine Botschaft haben. Ich sehe diesen Kanal als ein Hobby und beschäftige mich damit an manchen terminfreien Montagen, nicht mehr.

Andererseits sind alle Priester in gewissem Sinne – Journalisten. Wir sind berufen, die Gute Nachricht Jesu Christi in die Welt zu tragen. In meinen Gebeten berichte ich auch in die andere Richtung – ich erzähle Gott über das Gute und das Schwierige aus unserer Welt. Auch über den Krieg, der jeden von uns sehr bedrückt.

Gott hat selbstverständlich Milliarden andere Quellen, die ständig mit ihm im Kontakt sind. Trotzdem bin ich überzeugt, dass er auch meinen Berichten zuhört. Die große und bewegendste Nachricht dieser Tage und der ganzen Geschichte ist die Auferstehung Jesu Christi. Eine besondere Freude, dass wir an Ostern in diesem Jahr auch den 95. Geburtstag von Benedikt XVI. feiern können.

VIDEO - Die Dokumentation „Die unbekannten Jahre: Professor Ratzinger“ - In voller Länge:

 

Papst em. Benedikt XVI. mit Prof. Dr. Alexander Krylov im Jahr 2018

 


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