Spaniens Kirche: Abtreibungsgesetz überschreitet "rote Linie"

18. Mai 2022 in Aktuelles


Bischofskonferenz-Vorsitzender Omella über künftig mögliche Abtreibung ab 16 ohne Bedenkzeit und ohne Zustimmung der Eltern: "Angriff auf das ungeborene Leben"


Madrid (kath.net/KAP) Scharfe Kritik für die Lockerung der Abtreibungsgesetze in Spanien durch die linke Regierungskoalition kommt vonseiten der katholischen Kirche. Eindeutig werde mit dem neuen Gesetz eine "rote Linie" überschritten, reagierte der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Juan Jose Omella, der das Gesetz schon zuvor als "barbarisch" bezeichnet hatte. Dem Beschluss zufolge sollen künftig in Spanien Minderjährige ab 16 Jahren einen Schwangerschaftsabbruch ohne elterliche Zustimmung und ohne Bedenkzeit vornehmen lassen können. Man dürfe erst mit 18 Jahren wählen, solle aber nun schon mit nur 16 eine derart schwerwiegende Entscheidung treffen, bemerkte Omella. "Ich finde, hier sollten Eltern etwas zu sagen haben."

Am Dienstag hatte die Zentralregierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez die Novelle des "Gesetzes über sexuelle und reproduktive Gesundheit und freiwillige Schwangerschaftsunterbrechung" bewilligt. Zu den weiteren beschlossenen Maßnahmen gehören eine staatlich bezahlte Arbeitsbefreiung für Frauen bei Regelschmerzen sowie nach Abtreibung, die Einführung von Sexualkunde als Pflichtstoff aller Schulstufen staatlicher Schulen und die kostenlose Verteilung der "Pille" wie auch der "Pille danach" in öffentlichen Einrichtungen. Für betroffene Mädchen solle dadurch die Abtreibung an Spitälern erleichtert und mehr Sicherheit gewährleistet werden, begründete Gleichstellungsministerin Irene Montero die Liberalisierung, für die der noch ausständige Beschluss im Parlament als fast gesichert gilt.

"Angriff auf das Leben"

Kardinal Omella bezeichnete den geplanten Schritt als einen "Angriff auf das ungeborene Leben". Er forderte die Politiker auf, lieber Frauen zu unterstützen, die trotz finanzieller und sozialer Probleme nicht abtreiben wollen. Dass die Regierung gerade jetzt neue Abtreibungsvorschriften entwerfe, ist aus Sicht des Kardinals kein Zufall. Er kritisierte, auf diese Weise solle von aktuellen Krisen und Skandalen abgelenkt werden.

Scharfe Kritik übte Omella auch daran, dass laut dem Regierungsbeschluss zur "Gewährleistung der Abtreibung in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen" ein Register für Ärzte erstellt werden soll, die sich aus Gewissensgründen weigern, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Ein solches Register existiert bereits im Bereich der aktiven Sterbehilfe und soll in beiden Fällen allen staatlichen Krankenhäusern garantieren, dass für die jeweilige Praxis ausreichend einsatzbereites Personal zur Verfügung steht. Mit derartigen Registern solle die Ärzteschaft unter Druck gesetzt werden, befürchtete der Kardinal.

Auch Bischofskonferenz-Generalsekretär Lois Argüello sprach in einer am Dienstag verbreiteten Videobotschaft vom Überschreiten "roter Linien" für den Schutz des Lebens von dessen ersten bis zum letzten Augenblick, welcher die "moralische Gesundheit" und "Hoffnung" eines Volkes sei. Der nunmehrige Beschluss eines Rechts auf Abtreibung zementiere das "Recht des Stärkeren über den Schwächeren" und vernichte menschliches Leben im Mutterleib, so Argüello. Die Gesellschaft und auch die Kirche müssten alles daransetzen, "einen Schritt nach vorne zu machen, um das Leben zu schützen und schwangere Frauen zu unterstützen" - durch wirtschaftliche, berufliche und wohnliche Maßnahmen, die für ein Empfangen des Kindes förderlich seien.

Kein scharfes Vorgehen gegen Leihmutterschaft

Das Regelwerk war selbst innerhalb der Regierungskoalition umstritten. Etliche noch weiter gehende Vorhaben wurden aus dem Entwurf gestrichen, darunter striktere Sanktionen gegen kommerzielle Leihmutterschaft. Diese wird zwar als Form der "Gewalt gegen Frauen" festgeschrieben und über eine strengere Verfolgung von Vermittlungsagenturen verfügt, doch werden die Gerichte nicht, wie ursprünglich geplant, international Menschen verfolgen, die Leihmütter im Ausland beauftragen. Als Formen der "reproduktiven Gewalt" werden zudem auch "geburtshilfliche" und "gynäkologische" Varianten genannt, sowie die Zwangssterilisation von Frauen mit Behinderungen, Zwangsschwangerschaft sowie die Zwangsabtreibung.

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