Bischof von Odessa: Teilmobilisierung enttarnt Putins "Lüge"

22. September 2022 in Aktuelles


Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk: Proteste in russischen Städten zeigen, "dass etwas in Bewegung ist" - Wladimir Putin ein "Terrorist und Kriegsverbrecher", Russland für Zerstörungen zu Verantwortung zu ziehen


Kiew/Wien  (kath.net/KAP) Mit der Teilmobilisierung Russlands durch Präsident Wladimir Putin stürzt nach Aussage des Bischofs von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, ein "Lügengebäude" zusammen: "Nicht nur die ganze Welt versteht nun klar, was Putins Absicht ist, sondern auch sein eigenes Land. Sprach man dort früher nur von einer Spezialoperation, der man in Russland zustimmen konnte, so begreifen die Jugendlichen nun, dass sie in einen Krieg ziehen müssen, und dass dieser Krieg ein Verbrechen ist. Die Proteste in vielen russischen Städten zeigen, dass etwas in Bewegung kommt", so der katholische Oberhirte der Schwarzmeer-Stadt am Donnerstag im Interview mit Kathpress.

Das Lügen und Drohen sei eine im Kommunismus lange eingeübte Methode, die Putin bei seiner Rede am Mittwoch nur noch weitergeführt habe, sagte der dem Franziskanerorden zugehörige Bischof. "Die Welt ist vorsichtig geworden, wenn Russlands Präsident glauben machen wollte, die jüngsten Raketenangriffe in der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja, auf Elektrizitätswerke, Wohnblöcke oder Schulen seien vonseiten der Ukraine gekommen." Dass so viele Zivilisten und auch Kinder getötet worden seien, so viele ihre Häuser verloren hätten und ohne Wasser und Strom auskommen müssten, sei Folge dessen, "dass der Terrorist aus Moskau alles kaputt gemacht hat".

Szyrkoradiuk hatte erst am Dienstag wegen seiner Teilnahme am Medjugorje-Friedensgebet Wien besucht und sich zuvor auch gegenüber Journalisten zur Lage in der Ukraine geäußert. Auch bei diesem Anlass bezichtigte der Bischof den russischen Präsidenten der Lüge, etwa wenn dieser eine "Befreiung der in der Ukraine lebenden Russen" als Begründung der "Spezialoperation" nenne. Was in der Ukraine geschehe, sei "keine Befreiung, sondern Völkermord" und Putin ein "Kriegsverbrecher", dessen Treiben vom restlichen Europa durch den Kauf von Öl und Gas gesponsert werde.

Sanktionen seien deshalb berechtigt und notwendig, da sie der Kriegsfinanzierung Russlands ein Ende setzten. Zwar sei in vielen Regionen der Ukraine früher eine "Russifizierung" forciert worden, weshalb viele Russen im Land lebten - in seiner Bischofsstadt Odessa beispielsweise rund ein Drittel der Bevölkerung, räumte der Bischof ein. Praktisch alle aus dieser Gruppe hätten sich jedoch infolge der russischen Invasion aufseiten der Ukraine positioniert, sähen sich nun als Ukrainer und würden nun auch für die Ukraine - und somit gegen Russland - kämpfen. "Putin hat, ohne dies gewollt zu haben, aus unserem Land jene Einheit gemacht, die vorher nie erreichbar schien", betonte Szyrokoradiuk.

Die Ukraine verteidige ihre Heimat, während Russland nicht wisse, wofür es kämpfe. Zum Frieden in der Ukraine kann es laut Szyrokoradiuks Überzeugung nur durch vollständige Befreiung des Landes von Russland kommen. Werde in allfälligen Verhandlungen ein "Kompromiss" erzielt und Russland besetzte Gebiete - inklusive der Regionen im Osten und der Krim - zugestanden, könne dies keine dauerhafte Lösung sein. "Die jüngste Geschichte hat uns gezeigt, dass Russland dann wiederkommen und sich die restlichen Gebiete auch noch holen wird." Russland müsste weiters dazu gebracht werden, dann auch Verantwortung für die Zerstörungen und Kriegsverbrechen zu übernehmen, forderte der Bischof.

 

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