Die Kirche steht auf dem Kopf. Ein Überblick.

2. Oktober 2022 in Kommentar


Der Satan ist ins Innere der Kirche gedrungen, Verwirrung und Spaltung. Weil er die Kirche zerstören will, will er die Sakramente zerstören, er will, dass die Anbetung Gottes seiner eigenen Verehrung weicht - Ein Kommentar von Joachim Heimerl.


Wien (kath.net)

„Die Kirche steht auf dem Kopf." So könnte man es sagen, wenn man  ihren derzeitigen Zustand beschreibt. Man hat den Eindruck, nichts soll so bleiben, wie es war; noch schlimmer: letztgültige Wahrheiten sollen plötzlich „unwahr" werden, und das nur, weil sie angeblich niemand mehr versteht; sie hätten quasi ihr „Verfallsdatum" überschritten.

Dass die Kirche stattdessen „das Salz der Erde und das Licht der Welt" sein soll (vgl. Mt 5, 13), das war einmal und das interessiert scheinbar niemand mehr. Heute geht es darum, dass sie zum Zeitgeist passt. Jesus Christus wird einfach „passend" gemacht, man darf ruhig sagen: Er wird verleugnet. Und so wie dies Judas und Petrus getan haben, tun es heute eben auch Bischöfe. - Die deutschen haben hier, wie immer, eine Steilvorlage gemacht; man wundert sich, dass kein einziger Bischof aus der „deutschen Bischofskonferenz" aussteigt, geschweige denn aus dem „Synodalen Weg". Auch wenn einige hier die lauwarme Praxis der „Enthaltung" pflegen, sei Ihnen gesagt: Es gibt keine Enthaltung in Glaubensdingen, schon gar nicht für Bischöfe: „Euer Ja sei ein Ja, Euer Nein ein Nein" (Mt. 5, 37).

Offensichtlich ist eingetreten, was bereits Papst Paul VI. verspürt hat: Der Satan ist ins Innere der Kirche gedrungen und wirkt dort durch Verwirrung und Spaltung. Weil er die Kirche zerstören will, will er die Sakramente zerstören, er will, dass die Anbetung Gottes seiner eigenen Verehrung weicht.

Oft wird dies an signifikanten Ereignissen deutlich, an Bildern wie denen, als sich 2019 indigene Gläubige auf dem vatikanischen Hügel vor einem heidnischen Götzenbild niederwarfen. Derlei war seit der römischen Kaiserzeit dort nicht mehr geschehen, schon gar nicht in Anwesenheit eines Papstes. - Deutlicher konnte die Visitenkarte des Teufels nicht sein, gerade so, als wollte er sagen: „Seht! Ich bin hier! Im Zentrum der Kirche!"

Dabei kann man sein Wirken in der Kirche schon länger verfolgen: Sie ist von vielfachen Bruchstellen durchzogen, in Deutschland wie auf der ganzen Welt. Die Einheit Kirche ist damit so gut wie vorbei. Die Frage ist nur noch, wann definitive Schismen auftreten werden und wer sie vollzieht.

Gewiss hat sich eine erste Bruchstelle nach dem Zweiten Vatikanum ergeben, und zwar in der Frage der Liturgie. Nach dem Motu proprio„Traditionis custodes" (2021) hat sich die nun noch einmal vertieft. Ohne Not ist die Liturgie zum Austragungsort unversöhnlicher Positionen geworden. Dies sieht man beispielsweise in Frankreich oder den USA. Die Einheit der Gläubigen ist in der Liturgiefrage hier passé, die der Bischöfe sowieso. Die Anhänger der alten Liturgie fühlen sich im Stich gelassen, teilweise sehen sie sich regelrecht verfolgt. Hinzu kommt: Wie strikt die neuen Regeln umgesetzt werden, liegt am jeweiligen Bischof. Von einer echten Einheit fehlt jede Spur.

Ein ähnlicher Effekt ergab sich im Zuge des nachsynodalen Schreibens „Amoris laetitia" (2016). Der Text zur Sexualmoral wurde völlig unterschiedlich rezipiert. Die Zulassung geschiedener Wiederverheirateter zur Heiligen Kommunion wird seitdem ebenso unterschiedlich gelöst; auch sie variiert von einem Bistum zum anderen - und das, obwohl das Kirchenrecht sie untersagt. Immerhin:

Die Ehe ist und bleibt ein Sakrament, eine Wiederheirat nach ziviler Scheidung Ehebruch. Diese definitive Aussage des Lehramts scheint inzwischen kaum noch zu interessieren. Nicht selten geraten Beichtväter in Bedrängnis, wenn sie nicht absolvieren, was man nicht absolvieren darf. Die Einheit in Lehramt und sakramentaler Praxis ist auch hier vorbei; jeder tut, was er für richtig hält oder nach dem Willen seines Bischofs dafür halten soll. - Die Kirche ist in die Fänge einer „Avantgarde" geraten, die sich als eine neue, „modernere" Kirche versteht und verkennt, dass man in Wahrheit so nur vor einem Scherbenhaufen steht.

Am deutlichsten zeigt dies die „Segnung" gleichgeschlechtlicher Paare, die nach beständiger Lehre eine „Segnung" der Sünde und damit einen blasphemischen Akt darstellt. Schlimmeres kann kaum passieren; und doch gehört es mittlerweile zum „Katholischen" angeblich dazu; vom homosexuellen Missbrauch an Knaben ist freilich keine Rede mehr. Offensichtlich werden Heiliger Geist und Ungeist nicht mehr unterschieden, solange man sich nur vage auf „Amoris laetitia" beruft. Anders als auf dem vatikanischen Hügel unterstreichen derlei keine heidnischen Götzen mehr. Dafür verkünden Regenbogenfahnen das neue „Evangelium". Man will bei den Menschen „ankommen", das ist ja klar; aber das war schon immer der breite Weg, der ins Verderben führt (vgl. Mt 7,13), man könnte ihn ebenso den „Synodalen Weg" nennen, wie man dies in Deutschland tut.

Auf diesem Weg wollen reformistische Kreis die Kirche aushebeln und entsprechend hoch sind die Erwartungen, die man medial erzeugt. Was zählt ist nicht mehr die Kirche, die Christus gestiftet hat, sondern die Kirche, die man sich erhofft. Jede Bischofssynode soll die Kirche deshalb neu erfinden. Das war bereits bei der Amazoniensynode (2019) so und das zeichnet sich bei der 2023 kommenden Synode ebenfalls ab.

Man hat den Eindruck, die Kirche wird zwischen den Synoden zerrieben, wenigstens von denen, die einen Umsturz planen, mit anderen Worten von den deutschen Bischöfen und ihrem Klientelsystem. - Seitdem die ihren separatistischen Weg beschritten haben, ist die kirchliche Welt völlig aus den Fugen geraten. Bischöfe und Laien stimmen nicht nur über den Glauben ab, sondern richten ihn regelrecht hin. Was hier „beschlossen" wird, ist lange abgemacht; selten hat man die Öffentlichkeit für so dumm verkauft. Hinzu kommt die freche Behauptung, man würde sich ohnehin nur beraten und „Voten" in die Weltkirche tragen. Gleichzeitig werden diese „Voten" aber zeitnah umgesetzt: Frauen sollen predigen, natürlich sollen sie auch taufen und trauen. „Diakonin" und „Priesterin" werden sie irgendwann sowieso. Was zählt, ist nicht mehr die Treue zur Kirche, sondern die „Frauenfrage". Die Sakramente fallen der Kirchenpolitik zum Opfer. Derzufolge sei alles erlaubt, was eben „synodal" sei. Die kommende Bischofssynode hat man damit rechts überholt, den Wagen in Deutschland allerdings schon mal an die Wand gefahren.

Ohne Zweifel ist diese kommende Synode ein Problem, vermutlich wird sie zum Desaster. Dies nicht, weil sie stattfindet, sondern weil sie im Vorfeld den fatalen Eindruck erweckte, man könne die Ortskirchen in aller Welt befragen und dieses Votum wäre eine Art katholisches „Plebiszit".

Dass Synoden dazu da sind, den Glauben im Licht der Offenbarung und Überlieferung zu vertiefen, kam an der „Basis" einfach nicht an, auch nicht die Tatsache, das „katholisch" eben nie „demokratisch" ist.

Obwohl sich an der Befragung kaum ein (!) Prozent der Katholiken beteiligte, erwartet man überall nun eine kirchliche Revolution. - Die wird ausbleiben und doch wird die Kirche spätestens dann an ihren Bruchstellen zerreißen. Was auch immer der Papst nach der Synode beschließt: Ein Schisma ist unvermeidlich, dafür sind die unterschiedlichen Erwartungen zu hoch und die Gräben zu tief.

Der Zeitpunkt, dies zu verhindern, ist wohl vorbei. Es rächt sich, dass man dem Wunsch des Papstes nicht folgte: „Bekehrt euch und verkündet das Evangelium!" Vom Kopf auf die Beine lässt sich die Kirche nur dann wieder stellen, wenn sie sich erinnert, dass ihr Haupt Jesus Christus ist, wenn sie sich zu IHM bekehrt und nicht zum Zeitgeist. Überall wo dies geschieht, blüht die Kirche auf. Meist geschieht dies in den Oasen, wo man die eucharistische Anbetung und die Beichte pflegt, nicht selten die „alte Messe". Nur dort steht die Kirche nicht auf dem Kopf, sondern auf sicherem Grund: auf Jesus Christus. Und nur dort, wo Jesus Christus ist, wird jenseits aller Brüche die wahre Kirche sein. Die andere „Kirche" wird bleiben, wo sie hingehört: beim Teufel.


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