Est? – „Ob die Deutschen die vom Pontifex gebaute Brücke erneut einreißen?“

24. November 2022 in Kommentar


„Ich frage mich, wie Johannes Paul der Große mit der Causa Germania umgegangen wäre und bilde mir ein, die Antwort zu kennen. Aber der Heilige hatte nie den nahezu kompletten Oberklerus einer Nation gegen sich.“ Gastkommentar von Thommy M. Schott


Bonn (kath.net) War es das jetzt? Sind die Reformideen vom Tisch? Die deutschen Bischöfe waren ad-limina beim Papst und Millionen Laien, aber auch Geistliche erwarteten Klarheit über die (Un-)Verbindlichkeit des Synodalen Weges. Eigentlich gab es drei Möglichkeiten: (1) Rom fällt, (2) die Reformer kehren um oder (3) deren Exkommunikation samt Kirchenspaltung. Nichts davon geschah.

Ad-limina-plus

Der deutsche Ad-Limina-Besuch 2022 war mehrfach außergewöhnlich. Zum einen ging es nicht nur um die sonst üblichen Berichte aus den Bistümern, sondern um die Reformziele des Synodalen Wegs und maximal um die Frage, wie der Vatikan auf die Gefahr der Kirchenspaltung reagiere. Zum anderen oder gerade deshalb reisten die Deutschen nicht nacheinander in Gruppen wie sonst und wie es für Bischofskonferenzen von der Größe der deutschen üblich ist, sondern (fast) alle zusammen.

Unsinn oder Umkehr?

Seit 2019 verunsichern sie uns mit ihren schrägen Ideen, wollen uns mit Frauen verheiratete Priesterinnen, aber auch unverheiratet Liierte in einer demokratisch regierten Kirche aufzwingen. Die Reinheit unserer Priester soll der gelingenden Sexualität Platz machen, auch der homosexuellen, auch der unverheirateten, für Synodale nur eine alternative Art der Kommunikation. Längst war die Frage, ob das alles noch katholisch ist. Ihr Motiv sei die Aufarbeitung des Missbrauchs, der sei von Zölibat und Machtstruktur verursacht und habe nebenbei auch zu Kirchenaustritten und Priestermangel geführt.

Wussten Sie, dass die MHG-Studie mitnichten nachweist, dass der Missbrauch an den Machtstrukturen der Kirche oder am Zölibat liegt? Wussten Sie, dass es mindestens vier namhafte Studien gibt, die das Gegenteil nachweisen? Wussten Sie, dass es keine unabhängige repräsentative Erhebung gibt, die die Behauptung der „überwältigenden Mehrheit“ stützt, die angeblich hinter den Reformthemen steht? Die synodal gescheiterte Sexualreform wollen sie auf einem anschließenden Synodalen Rat doch noch durchbringen, kein Abpfiff also, nur Halbzeitpause. Gut gelaunt ging’s nun im Mannschaftsbus nach Rom.

Selfies am Petrusgrab

Jetzt machten sie Selfies am Petrusgrab. Beim beklagenswerten Anblick manch leidender Hirtenmimik frage ich mich, was solche am Grab des Märtyrers wollten. An sich können Weichmacher dem Fels ja nichts anhaben. Sicher aber prallten an der Schwelle Welten aufeinander, was die Hoffnung auf die Räson des Heiligen Vaters erhöhte.

Erwartung

Die Spannung unter deutschen Katholiken auf die Reaktion Roms war deshalb so groß, weil der Pontifex seit seinem Brief an die deutschen Katholiken in 2019 nicht mehr in gleicher Weise interveniert hatte, obwohl der synodale Reformismus offensichtlich aus dem Ruder lief. Außer seinen Vertrauten rätselt die ganze Welt seit drei Jahren, wie Seine Heiligkeit die Eskalation zwischen den wenigen Synodalen und den Millionen deutschen Rechtgläubigen lösen würde. Das Ergebnis ist für mich bitter, denn irgendwie scheinen die 1789-er-Zwei-Nuller weiter im Spiel zu sein, eine Deeskalation gab es diesmal nämlich (noch) nicht, vielleicht um der Einheit willen.

Indes sagte der Nachfolger Petri einmal, er werde den Synodalen Weg danach beurteilen, wie jener seine Forderung um Neuevangelisierung umsetze. Und die vatikanische Pressestelle hatte kürzlich in einem nicht unterzeichneten Schreiben klargestellt, die deutschen Bischöfe hätten keine Befugnis, eine neue Regierungsform, neue Dogmen oder eine neue Moral in die Weltkirche einzuführen. Aber genau das ist ihre Absicht. Der Papst erklärte später, das Schreiben sei vom Staatssekretariat erlassen worden, also hochoffiziell, wenn auch rückwirkend. Man könnte sich nun über die Geduld Franziskus` wundern oder ärgern, aber sie entspricht vorbildlich der Barmherzigkeit des Vaters. Ob die väterliche Geduld eine frostige war, werden wir vielleicht über andere Kanäle erfahren.

Handel durch Wandel?

Viele Synodale haben bei sich einen Wandel wahrgenommen, sagen sie. Als habe der Heilige Geist ihnen eingegeben, Sakramente durch Nettigkeiten zu ersetzen. Am Altar sieht man sie nur noch selten. Hoc est enim beginnen die Wandlungsworte, gesprochen durch den Priester, einen zölibatär lebenden Mann. Est - das ist. Mein Leib, mein Blut. Sagt der König der Könige im Angesicht seines nahenden Martyriums. Aber Synodale sind keine Märtyrer, sondern republikanische Halskreuzableger. Bei Wandlung sieht es anders aus. Während sie die Hostie nur unter Bedingungen wandeln lassen, wandeln sie sich selbst wie die Barbapapas. Die Wesensänderung tritt nach ihrem Kirchenbild nicht an der Hostie ein, sondern am Reformer selbst. Wandlung vollzieht sich vom Romtreuen bei seiner Ernennung zum Apostaten 2019plus. Das ist für deutsche Bischöfe monetär recht ungefährlich, denn sie werden anders als Priester nicht von der Kirche, sondern von der deutschen Republik bezahlt. Im Gegenzug leisten sie ihren Amtseid auf die Landesverfassung, Ministerpräsidenten aber nicht unbedingt auf die Bibel. Da das so einfach ist, könnten sie sich jetzt wieder zurückwandeln, von Apostaten in fromme Bischöfe. Aber die Knetmasse des Reformismus ist nach 4/5 des Synodalen Weges fast trocken und der Spielraum der Gleichberechtigung geht gegen Null.

Jene allumfassende Gleichberechtigung fließt aus dem Feminismus, der bekanntlich auch die Pille und die Legalisierung der Kindstötung hervorgebracht hat. Fiese Fakten des sozialen Abgrunds verkaufen deutsche Bischöfe uns als zeitgemäß. Unterdessen drang durch, dass der Vatikan ein Gender-Papier vorbereitet. Wird das die rote Linie im Bereich Sexualmoral?

Nur eine Backpfeife

Statt eines päpstlichen Paukenschlags gab`s ad-limina nur eine theologische Backpfeife, Kurienkardinal Kurt Koch fragte die Besucher, welcher ökumenische Konsens der „Art von Interkommunion“ zugrunde liege, aber er blieb ohne Antwort. Die Frage des Kurienfuchses war ja wohl auch ironisch und Koch wird nachher gelacht haben über die naive Vermittlungstheologie der Deutschen. Was passiert eigentlich mit der Hl. Eucharistie im Mund derer, die sich nur "erinnern"? Sie gelangt ja nicht wieder in den Tabernakel. Ist das nicht ein Raub der Eucharistie?

Zur Verabschiedung aus Rom also eine gemeinsame Verlautbarung vom Heiligen Stuhl und der DBK. Dass das Schriftstück gemeinsam errichtet wurde, scheint schon irgendwie synodal. Die päpstliche Bereitschaft zu dieser Gemeinsamkeit kann aber auch durch die römische Hoffnung auf eine Selbstbindung der Synodalen motiviert sein. Ein Friedensvertrag hält besser, wenn der Besiegte mit unterzeichnet. In jenem Kommuniqué des Heiligen Stuhls und Deutscher Bischofskonferenz v. 18.11.2022 heißt es in der deutschen Übersetzung: „… wobei er (i.e.: Kardinalstaatssekretär Parolin, Anm. d. Unterz.) auf die Gefahr von `Reformen der Kirche, aber nicht innerhalb der Kirche` hinwies“. Die Kurienkardinäle Ladaria und Ouellet hätten als Theologen ihre Bedenken an Methodik, Inhalten und Vorschlägen des Synodalen Weges formuliert. Jedenfalls können Reformixer nun nicht weiter behaupten, sie hätten von dieser Kritik nichts gewusst. Gleichzeitig setzt das Kommuniqué die Synodalen in eine Position, aus der heraus sie verhandeln könnten, wobei offen bleibt, welche Positionen für den Vatikan „unverhandelbar“ sind.

Und nun?

Verlassen die Reformer erschöpft die bunten Bühnen und kehren zurück zu ihren Schafen? Nein, ihr Drehbuch hat den Höhepunkt noch nicht erreicht. Trickreich werden sie uns ihre Ziele auf niedrigstem Niveau anzudrehen versuchen. Bischof Overbeck spricht immerzu von Epochenende, trickst mit der Zeit, ZdK-Alt-Präsident Sternberg prahlt mit überwältigenden Mehrheiten, die es nicht gibt, trickst mit Legitimation.

Im Übrigen heißt es in der gemeinsamen Erklärung weiter: „… Dabei wurde deutlich, wie wichtig … es ist, einige der … Fragen zu definieren und zu vertiefen, wie zum Beispiel diejenigen, die sich auf die Strukturen der Kirche, das Weiheamt und seine Zugangsbedingungen, die christliche Anthropologie … beziehen. …“. Also doch Demokratie, Frauenordination und Homosexuellenehe?

Das Hin und Her mag daran liegen, dass es sich um eine gemeinsame Erklärung des Lehramts einerseits und der Esoterik andererseits handelt. Ein angesprochenes Moratorium sei verworfen, aber auch der Vorschlag gemacht worden, „angesichts der entstandenen Missverständnisse weiteres Nachdenken und gegenseitiges Zuhören zu fördern“. Vermutlich stand also die deutsche Verweigerung eines den Synodalen Weg aussetzenden Moratoriums unter der römischen Bedingung, künftig die Eingaben des Heiligen Stuhls umzusetzen und sich nicht wie bisher zynisch für die nette Unterstützung zu bedanken.

Ich verstehe das so: (1) Der Synodale Weg darf weitergehen, aber nicht mehr so schräg. (2) Für die Abstimmung mit dem Vatikan gibt es, soweit ersichtlich, kein Format.

Ich frage mich, wie Johannes Paul der Große mit der Causa Germania umgegangen wäre und bilde mir ein, die Antwort wie so viele meiner Generation zu kennen. Aber der Heilige hatte nie den nahezu kompletten Oberklerus einer Nation gegen sich, nicht mal bei der Schein-Frage mit Kardinal Lehmann Ende der 1990-er.

Bätzings poströmische Aspekte

Nein, wir können noch keinen Haken dran machen. Gerade den Hellebarden der Schweizergarde entkommen, diktiert Bätzing einen Tag nach dem Erscheinen der gemeinsamen Erklärung ein eigenes Statement. Er wolle „einige Aspekte ergänzen“. Ohne jedes Mandat lobt er die Fortschritte, die die vatikanischen Dikasterien durch die Kurienreform zeigten. Es habe die deutschen Bischöfe beeindruckt, wie „sich einige Dikasterien vorbereitet haben“. Einige andere also nicht, so der mutmaßliche Schluss. Es gehe „nicht um Deutungshoheit“, so der Limburger Bischof, wobei zwischen seiner Stellung als Bischof und der des Bischofs von Rom noch sehr viel Luft ist, auch was die Deutungskompetenz betrifft und erst recht die Kompetenz, hierüber zu entscheiden. Autor eines Priester-Knigge ist er nicht. Er sei dankbar, dass man gemeinsam auf dem Weg bleibe, „es endet ein Arbeitsbesuch von hoher Nachdenklichkeit“ … „es geht jetzt an die Phase der Nacharbeit“. Das kann alles Mögliche heißen, so dass ein jeder wie üblich zur selbstgefälligen Interpretation eingeladen ist.

Ob die Deutschen die vom Pontifex gebaute Brücke erneut einreißen? Bätzings Statement scheint bereits die rigorose Kritik aus Rom einmal mehr in „gute Gespräche“ umzudeuten, dann kann man so weitermachen wie bisher. Für die ZdK-Präsidentin Stetter-Karp – das ist die mit der Forderung nach flächendeckender Abtreibungsmöglichkeit – ist die römische Kritik dagegen „brüskierend“. Die Vereinspräsidentin geriert sich als Sprachrohr für Deutschlands Katholiken. In Wirklichkeit war Stetter-Karp nie Repräsentantin von 23 Millionen deutschen Katholiken, das ZdK besteht ja nur aus ein paar Dutzend Logen und Cartellen. Manch Auftritt erinnert an den Mops, der so laut bellt, weil er sich einbildet, eine Dogge zu sein.

Prompt unterstützen sogenannte Vatikan-Experten aus Deutschland die Karp`sche Lüge und sprechen von dem „großen Reformprojekt der deutschen Katholiken, bei dem Bischöfe und Laien gemeinsam …“ usw. Natürlich sind es nicht „die deutschen Katholiken“, die wurden ja vom Synodalen Weg bewußt ausgeschlossen. Und die paar „Laien“, die „gemeinsam“ mit den Bischöfen reformieren wollen, sind ausgewählte promovierte und habilitierte Lobbyisten meist aus der Politik, die bekannt sind für ihre Streichelzooliebe zur Genderle(h)ere, und nicht etwa Laien, die ohne Reformfirlefanz einfach nur katholisch sein wollen.

Wer denkt eigentlich mal an die Millionen deutschen Katholiken, die nach Klarheit in der fides ecclesiae verlangen? Den Synodalen sind die Gläubigen egal, das wissen wir schon, ihnen ist das Wegnehmen des Zölibats als Zeichen ihres Tuns wichtiger. Aber auch und vor allem Rom hat Verantwortung für uns Laien, von denen bald Hunderttausende zu den Piusbrüdern abwandern könnten. Lieber begibt man sich doch in eine lehramtstreue Exklave als wie Bauern im Schach zwischen Rom und Frankfurt als erste zu fallen.

Ich selbst bleibe noch, werde aber Exzellenzen wie Marx, Bätzing und Overbeck auch künftig den Gehorsam verweigern, denn die werden auch als Gefesselte im Verließ der Engelsburg noch skandieren: „Der Heilige Vater ist voll auf unserer Linie“.

Ciao Roma, a presto!

kath.net-Buchtipp:
Einspruch, Exzellenzen!
Tacheles zum Synodalen Weg | Thommy M. Schott
Taschenbuch, 235 Seiten
2022 Fe-Medienverlag
ISBN: 978-3-86357-364-5
Preis Österreich 13.20 Euro


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