'Es ist höchste Zeit. Dies ist keine Übung!'

20. Jänner 2023 in Kommentar


Die heutige Kirche kann dieses dunkle Zeitalter nur dann überleben, wenn sie aufhört, normal zu sein - Über die Wichtigkeit der Benedikt-Option für das Überleben des Christentums - Ein Kommentar von Roland Noé.


Linz (kath.net)
„Wenn wir überleben wollen, müssen wir zu den Wurzeln unseres Glaubens zurückkehren, im Denken wie auch im Handeln. Wir werden unser Leben – und unsere Sicht auf das Leben – radikal verändern müssen. Kurz gesagt, wir werden die Kirche sein müssen, ohne Kompromisse, koste es, was es wolle.“. Mit drastischen Worten hat Rod Dreher bereits 2017 in seinem Bestsellerbuch „Die Benedikt Option“ die Christen darauf eingeschworen, dass es allerhöchste Zeit ist, eine Strategie für Christen in einer nachchristlichen Gesellschaft zu überlegen. Erzbischof Georg Gänswein schreibt zu dem Buch, dass es heute eine Ökumene der „allgemeinen Gottesverfinsterung“ gäbe und man jetzt eine Wasserscheide eines Epochenwandels erlebt. Bei Rod Drehers Buch handle es sich um eine praktikable „Anleitung zum Bau einer Arche, weil er weiß, dass es keinen Staudamm gibt, mit dem sich die große Flut noch aushalten ließe, die nicht erst seit gestern dabei ist, das alte christliche Abendland zu überschwemmen…“

Für Gänswein steht fest, dass die Krise der Kirche in ihrem Kern eine Krise des Klerus ist und dass nun die Stunde der souveränen Laien geschlagen habe, vor allem in den neuen und unabhängigen Medien und der Erzbischof betont ausdrücklich, dass die Wahrheit über den Ursprung der Gründung durch den auferstandenen Herrn und Sieger auch durch das satanische „Nine/Eleven“ der Katholischen Weltkirche – den Missbrauchsskandal – weder geschwächt noch zunichte gemacht werden kann.

Im Buch selbst geht es darum, sich daran zu erinnern, wie die Mönchsklöster in einer unchristlichen Zeit überlebt haben. Ihr Ziel hieß: quaerere Deum (Gott suchen“). Dreher möchte mit seinem Buch die Kirche wachrütteln und dazu ermutigen, aktiv zu werden, um sich zu kräftigen, solange noch Zeit dazu ist. „Meine Hoffnung ist, dass Du Dich von ihnen inspirieren lässt und Dich in Deinem lokalen Umfeld mit gleichgesinnten Christen zusammentust, um Antworten auf die Herausforderungen zu entwickeln, denen die Kirche sich in der realen Welt ausgesetzt sieht. Es ist höchste Zeit. Dies ist keine Übung“, schreibt Dreher.

Der US-Journalist erinnert dazu an Benedikt XVI.: Er habe eine Welt vorausgesagt, in der die Kirche in Zirkeln von engagierten Gläubigen leben wird. Diese werden den Glauben intensiv leben und die in gewissem Sinne vom gesellschaftlichen Mainstream abgekoppelt sein müssen, um an der Wahrheit festzuhalten.

Dreher betont, dass diese Entscheidung, die wir heute treffen, von höchster Relevanz sind: „Die Entscheidungen, die wir heute treffen, haben Auswirkungen auf das Leben unserer Nachkommen, auf unsere Nation und unsere Zivilisation. Der Theologe betont, dass Jesus Christus zwar versprochen habe, dass die Pforten der Hölle Seine Kirche nicht überwinden werden. Er habe aber nicht versprochen, dass die Hölle Seine Kirche im Westen nicht überwinden wird. Das hängt von uns ab und von den Entscheidungen, die wir hier und jetzt treffen, so Dreher.

Dreher weist darauf hin, dass derzeit viele Kirchen von einer „heimtückischen Art von Säkularismus“ ausgehöhlt würden. Dies führe dazu, dass dort eine Version vom ‚Christentum‘ gelehrt werde, der jedwede Kraft und Lebensfähigkeit fehle. In den USA haben Soziologen dieses Phänomen bereits 2005 untersucht und von einem „Moralisch-Therapeutischer Deismus“ (MTD) gesprochen. Damit ist gemeint, dass die meisten einer schwammigen Pseudoreligion anhängen, die bestehenden christlichen Kirchen unterwandern, das biblisch fundierte Christentum von innen her zerstörten und es durch eine Pseudo-Christentum ersetzen.

Doch Dreher vermittelt auch Hoffnung in seinem Buch und schreibt: „Habt keine Furcht! Wir sind schon einmal in einer solchen Situation gewesen. In den ersten Jahrhunderten des Christentums überlebte und wuchs die frühe Kirche unter römischer Verfolgung, und ebenso nach dem Zusammenbruch des Imperiums im Westen. Wir Christen einer späteren Zeit müssen von ihrem Beispiel lernen – und ganz besonders vom Beispiel des Heiligen Benedikt.“

Dreher zufolge gehe es darum, dass wir mehr Zeit abseits von der Welt verbringen müssen, um für die Welt da sein zu können. Auch Jesus habe sich zum Gebet in die Wüste zurückzog, ehe Er die Menschen lehrte. Zuerst müssten wir die Kirche erneuern, bevor man sich Ziele darüber hinaus zuwende. „Das oberste Ziel von ‚Benedikt-Options‘-Christen in der Welt konventioneller Politik ist es, den Raum zu sichern und auszuweiten, innerhalb dessen wir selbst sein unsere eigenen Institutionen aufbauen können.“

Als das wichtigste Ziel sieht Dreher derzeit, die Freiheit christlicher Institutionen zu bewahren, um zukünftige Generationen im Glauben zu nähren. Religionsfreiheit ist das Thema Nummer 1.

Dann gehe es darum, dass wir vor Ort beginnen. „Benedikt-Options“-Gemeinschaften sollen klein sein und sollten auf „natürliche Weise“ von unten wachsen und nicht durch eine zentrale Planung verordnet werden. „In dem Maße, wie der Westen sich der spirituellen Trägheit hingibt, wird es immer mehr Menschen geben, die nach etwas Echtem, etwas Sinnvollem und, ja, etwas Gesundem suchen. Es ist unser Auftrag als Christen, ihnen das anzubieten“, betont Dreher.

Im Kern der Benedikt-Option geht es laut Dreher (der viel Kontakt auch mit Mönchen hat) darum, dass die wichtigste politische Tätigkeit unserer Zeit darin besteht, eine innere Ordnung in Harmonie mit dem Willen Gottes wiederherzustellen. Alles Weitere erfolge auf natürliche Weise daraus. Er erinnert dazu auch an den tschechischen Philosophen Vaclav Havel und seinen Kampf gegen die kommunistische Diktatur. Sein täglicher Kampf war, dass der Mensch würdig, frei und in Wahrheit leben könne. „Lass dich von der Schlichtheit dieser Aufgabe nicht täuschen. Es handelt sich um Politik auf der fundamentalsten Ebene. Es ist Politik in Kriegszeiten, und wir führen nichts Geringeres als einen Krieg um das, was C.S. Lewis ‚die Abschaffung des Menschen‘ nannte.“ „Der beste Widerstand gegen die Totalität ist es einfach, sie aus der eigenen Seele zu vertreiben, aus der eigenen Umgebung, aus dem eigenen Land, aus dem zeitgenössischen“, schreibt Vaclav Havel.

Dreher gibt dann in seinem Buch auch ganz konkrete Tipps, wie man diese Benedikt-Option im eigenen, kleinen Bereich umsetzen kann: „Schalte den Fernseher ab. Leg das Smartphone weg. Lies Bücher. Spiel Spiele. Mach Musik. Feiere mit deinen Nachbarn. Es genügt nicht, nur das Schlechte zu vermeiden – man muss auch das Gute ergreifen. Gründe eine Kirchgemeinde… Eröffne eine klassische christliche Schule oder schließe dich einer bestehenden an und unterstütze sie. Lege einen Garten an und beteilige dich an einem lokalen Wochenmarkt. Bring deinen Kindern bei, Instrumente zu spielen, und gründe eine Band….“

Für Dreher stehe fest, dass Christen eine Minderheit sind. „Wir sind jetzt eine Minderheit, also lasst uns eine kreative Minderheit sein – eine, die warme, lebendige, lichterfüllte Alternativen zu einer zunehmend kalten, toten und dunklen Welt anbietet.“ Der Verlust politischer Macht ist womöglich genau das, was die Seele der Kirche retten könne. „Wenn Benedikt-Option eine echte Erneuerung der christlichen Kultur bewirken will, muss sie das kirchliche Leben in den Mittelpunkt stellen. Alles Weitere folgte daraus. Das beste Zeugnis, das Christen einer nachchristlichen Gesellschaft gegenüber ablegen können, besteht darin, einfach die Kirche zu sein – eine so leidenschaftliche und kreative Minderheit wie nur möglich.“

Die heutige Kirche könne dieses dunkle Zeitalter nur dann überleben, wenn sie aufhört, normal zu sein. „Wir werden eine tiefere Hingabe an unseren Glauben entwickeln müssen, und wir werden das in einer Weise tun müssen, die in den Augen der Zeitgenossen sonderbar erscheint. Indem wir die Vergangenheit neu entdecken, den Sinn für Liturgie und Askese zurückgewinnen, unser Leben auf die kirchliche Gemeinschaft ausrichten und die kirchliche Disziplin festigen, werden wir, mit Gottes Gnade, wieder zu den eigenartigen Leuten werden, die wir immer hätten sein sollen.“

Der Theologe betont, dass ein großer Anteil am heutigen Glaubensabfall daher komme, dass unsere Kinder die Geschichte des Christentums nicht kennen und auch nicht begreifen, warum das wichtig sein soll. Außerdem bestehe ein Zusammenhang zwischen der vernachlässigen liturgischer Ernsthaftigkeit – oder dem gänzlichen Aufgeben von Liturgie – und dem Verlust christlicher Rechtgläubigkeit. „Wenn wir die Wahrheiten des christlichen Glaubens über die Zeiten hinweg bewahren wollen, dann müssen wir auch unsere Liturgie bewahren.“

Dreher betont aber, dass es durchaus Hoffnung gibt: „Wenn die Kirchen durch die Liturgie in rechter Weise auf Christus ausgerichtet sind und ihr inneres Leben durch Askese und Disziplin gepflegt wird, dann resultiert daraus eine Schönheit, die in scharfem Kontrast zur Welt steht. In dem Maße, wie die Zeiten hässlicher werden, wird die Kirche heller und heller strahlen und so mit ihrem Licht Menschen anziehen. Darum sollten wir Christen uns nicht scheuen, Schönheit und Güte als unsere besten Werkzeuge für die Evangelisierung zu betrachten.“

Der wirksamste Weg zur Evangelisation bestehe darin, den Leuten dazu zu verhelfen, „Schönheit und Güte“ zu erfahren. „Von diesem Ausgangspunkt helfen wir ihnen zu begreifen, dass in Wahrheit alles Schöne von dem ewigen Gott ausgeht, der uns liebt und der will, dass wir in einer Beziehung mit Ihm eintreten. Für Christen kann das zum Beispiel bedeuten, durch Musik, Theater oder andere Formen der Kunst Zeugnis zu geben." Vor allem aber bedeute es auch, den anderen durch den Aufbau und der Pflege echter Freundschaften und durch den Dienst an Armen, Schwachen und Hungrigen Liebe zu zeigen.

Und Nein, die Kirche wird nicht untergehen. Dreher erinnert dazu an ein Gespräch eines französischen Kardinals mit Napoleon: „Eine Legende besagt, in einem Streitgespräch mit einem Kardinal habe Napoleon darauf hingewiesen, dass es in seiner Macht stände, die Kirche zu vernichten.“ „Majestät“, entgegnete der Kardinal, „wir – die Geistlichkeit – haben seit 1800 Jahren unsere Möglichstes getan, die Kirche zu zerstören. Es ist uns nicht gelungen. Und Euch wird es auch nicht“ gelingen.

Eine Einladung an unsere Leser: Geben wir die Hoffnung nicht auf und starten wir 2023 im Geiste der Benedikt-Option Projekt oder schicken Sie uns per E-Mail Zeugnisse von kleinen oder größeren Projekten im deutschsprachigen Raum, die bereits in diesem Geiste laufen. Wir wollen die Benedikt-Option 2023 zu einem Schwerpunkt der kath.net-Arbeit machen und darüber berichten. Es gibt viel zu tun, lasst uns beginnen!

E-Mail: hope@kath.net

 

BUCHTIPP: Die Benedikt Option, Rod Dreher , Paperback, 408 Seiten, 13,50 EURO

 

 


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