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| Auf Christus schauen – gerade in Zeiten der Verwirrung20. Februar 2024 in Kommentar, 4 Lesermeinungen Wenn weltliches Denken in der Kirche Raum gewinnt - Ein Kommentar von Christof Gaspari VISION 2000 Wien (kath.net/http://vision2000.at) „Tretet ihr jetzt aus der Kirche aus?“, fragt eine vertraute Stimme meine Frau am Handy. „Nein, wie kommst du darauf?“, ist ihre Antwort. „Der Papst hat die Segnungen homosexueller Paare erlaubt. Ich bin bestürzt,“ bekommt sie zu hören. Auch wir sind bestürzt. Unglaublich! Parallel dazu entstand eine Welle der Ablehnung des Dokuments. Einzelne Bischöfe, ganze Bischofskonferenzen, ja das gesamte Symposium der Afrikanischen Bischofskonferenzen lehnte das Fiducia Supplicans ab. Eine schon lange in der Kirche schwelende Uneinigkeit tritt deutlich ans Licht. Die Reihe großer Persönlichkeiten auf dem Stuhl Petri von Pius XII. bis Benedikt XVI. hat diese lange schon vorhandene Spaltung etwas verdeckt. Die Gläubigen konnten sich darauf verlassen, dass Dokumente aus Rom die Lehre der Kirche wiedergaben. Die oben erwähnte Erklärung zur Segnung von Paaren in „irregulären“ Beziehungen ist jedoch ein Bruch in dieser Tradition. Denn vor nicht einmal drei Jahren hatte die Glaubenskongregation, also dieselbe Behörde, die der Segnung nun grünes Licht gibt, eindeutig erklärt: „Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist.“ (Rom, am 22.2.21) Damit war die Sache im Grunde genommen geklärt: Die Kirche hält an ihrer 2000-jährigen Lehre fest. Sie lautet: „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ,dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind’. (…) Sie sind in keinem Fall zu billigen.“ (KKK 2357) Gleichzeitig wird betont, man müsse diesen Personen „mit Achtung, Mitleid und Takt begegnen“. Lang und breit bekennt sich die jüngste Erklärung zwar zur tradierten Lehre über die Ehe, führt dann aber aus pastoralen Gründen in „Fortentwicklung“ der oben zitierten Feststellung aus 2021 eine Art „Segnung light“ für „irreguläre“ Beziehungen ein. Ein Kunstgriff, der kaum jemanden überzeugt hat. Sowohl Gegner wie Befürworter sehen die Erklärung als Bruch mit der bisherigen Haltung der Kirche an. Die einen bejubeln ihn, die anderen sind entsetzt. Fiducia Supplicans, die neue Erklärung, macht jedenfalls offenkundig, wie stark sich weltliches Denken in der Kirche eingenistet hat. Ein schwerer Schlag für das Vertrauen in die Autorität des Lehramtes. An diesem Dokument wird ein Vorgang deutlich, der sich seit Jahrzehnten im Westen abspielt: das Unterwandern von gültigen Prinzipien, die das Zusammenleben der Menschen bestimmen. Am Beispiel der Abtreibung lässt sich dieses Geschehen gut beschreiben. Jede Kultur beruht auf Vorentscheidungen, die nicht hinterfragbar sind, Tabus, die das Zusammenleben bestimmen. Eine dieser Säulen der christlich geprägten Kultur ist der unbedingte Schutz des Lebens – von seinem Anfang bis zum natürlichen Ende. Die Strategie der Unterwanderung stellt diese Tabus infrage. Im konkreten Fall war es der unbedingte Lebensschutz des ungeborenen Kindes. Erster Schritt: Das Ungeheure des Geschehens, das Töten eines Kindes, wird aus der Debatte ausgeblendet. Statt vom Kind spricht man vom Fötus oder vom Embryo. Die Debatte wird auf eine „Nebenfront“ abgelenkt: Die (tatsächliche) oft schwere Not von Frauen wird wirkungsvoll in die Auslage gestellt, ihr Recht, über ihren Körper zu verfügen, die tödlichen Folgen dilettantisch durchgeführter illegaler Eingriffe – und dass strafrechtlicher Schutz nichts nütze, weil Abtreibungen ohnedies massenhaft stattfinden würden. Kurzum: Die Sprache wird manipuliert, scheinbar rationale Gründe und der Appell an Verständns und Barmherzigkeit werden in den Vordergrund gerückt, während man den transzendenten Grund für das Bestehen des Tabus – dass der Mensch Abbild Gottes, also kostbar ist – ausblendet. Was da seit den siebziger Jahren geschehen ist, beschreibt der Chefredakteur von L’Homme Nouveau, Philippe Maxence, wie folgt: „Am 29. Oktober hat der französische Präsident seinen Wunsch bekannt gegeben, das Recht auf Abtreibung in die Verfassung zu schreiben. (…) Eine Ifop-Umfrage vom November 2022 kam zu dem Ergebnis, dass fast neun von zehn Franzosen (86%) für ein in der Verfassung festgeschriebenes Recht auf Abtreibung sind. (…) Vor der Abstimmung über die „Loi Veil“ (1975), mit der die Abtreibung straffrei gestellt wurde, war die Mehrheit der Franzosen eindeutig gegen diese Regelung. Nachdem das Gesetz beschlossen war, hat es seine Wirkung getan. Sie führt von der Strafbefreiung zum Recht, dann vom Recht zur demnächst erfolgenden Festschreibung in der Verfassung…“ Die Untat wird zum Recht, Leid und Tod der Kinder werden ausgeblendet. Was für ein Kulturbruch! Er gelang nicht zuletzt dadurch, dass das Tabu „unbedingter Lebensschutz“ formal in Kraft blieb – und nur in „Ausnahmefällen“ aus „Barmherzigkeit“ (nicht für das Kind!) aufgehoben wurde. Das erinnert stark daran, wie Fiducia Supplicans argumentiert. Auf diese Weise werden seit Jahrzehnten die Fundamente des christlichen Menschenbildes geschliffen. Eine neuheidnische Kultur hat sich etabliert, die nach dem Grundmodell des autonomen, über sich und seine Umwelt verfügenden Menschen konzipiert ist: Er bestimmt sein Geschlecht, handelt nach seinen sexuellen Vorlieben, bestimmt die Art und den Zeitpunkt seines Todes, handelt mit Organen von „Hirntoten“, gibt die Erzeugung von Kindern in Auftrag, beutet die Schöpfung und wirtschaftlich weniger entwickelte Länder aus… Die Parole hatte René Descartes im 17. Jahrhundert ausgegeben. Es gehe darum eine Philosophie zu entwickeln, „die uns die Kraft und Wirkungsweise des Feuers, des Wassers, der Luft, der Sterne…“ so zu durchschauen hilft, dass wir sie „zu allen Zwecken verwenden“ können, um „uns so zu Herren und Eigentümern der Natur“ zu machen. Das ist recht gut gelungen – und auf die Herrschaft über den Menschen ausgedehnt worden. Dass dieses Konzept jetzt an Grenzen stößt, merkt man an den vielen Krisen der Gegenwart, am Umsichgreifen von Süchten und psychischen Belastungen, an der wachsenden Unsicherheit und Einsamkeit… Das größte Elend wird jedoch deutlich in den Abtreibungszahlen: Weltweit werden laut jüngsten Meldungen 70 (!) Millionen Kinder im Mutterleib getötet! Abtreibung ist mit großem Abstand die häufigste Todesursache. Hier müssen wir innehalten und die Zahl nicht routiniert abhaken. Es gilt zu erkennen, welche dunkle Wolke von Schuld über unserer Erde liegt. Sie verblendet den Menschen, macht ihn gegen die Wahrheit immun, führt ihn auf weitere Abwege, in die Gottferne. Wir alle leben unter dieser Wolke. Da ist dem Satan ein großer Coup gelungen. Tatsächlich stehen wir nämlich in einem weitgehend unerkannten geistigen Kampf, auf den uns der Apostel Paulus eindringlich aufmerksam macht: „Wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“ (Eph 6,13) Darüber redet kaum jemand. Als Christen müssen wir uns jedoch dieser Realität stellen. Sobald wir dies tun, erkennen wir auch, woher uns Hoffnung zukommt. „Vor allem aber greift zum Schild des Glaubens. Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen,“ lädt uns Paulus ein. „Hört nicht auf zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist…“ (Eph 6, 16,18) Zwar ist die katholische Kirche eines der letzten Bollwerke gegen das sich etablierende Neuheidentum. Sie bleibt aber nicht vor Angriffen – auch von innen – bewahrt. Sie erfolgen nach der eben beschriebenen Methode: Viele Worte, verwaschene und missbrauchte Begriffe, Bekenntnis zum Grundsatz, aber Öffnung einer Türe, durch die weiterer Missbrauch eindringen wird. Und wieder einmal: Die Sünde wird klein geredet. Junge Leute könnten leicht den Eindruck haben, „irreguläre Beziehungen“ könnten vor Gott schon irgendwie bestehen. Sicher ist eines: Laue Kompromisse mit dem Zeitgeist werden fruchtlos bleiben. Wirkliche Evangelisierung erfolgt durch das Zeugnis möglichst vieler, dass ein Leben aus dem Glauben gelingt und erfüllend ist. Das können all jene bestätigen, denen eine Bekehrung zu Jesus Christus geschenkt wurde. Je bedrängender die Zeiten, umso mehr werden Menschen nach diesem Halt im Leben Ausschau halten. Orientierung zu einem solchen Leben bieten die Heilige Schrift, der Weltkatechismus, der unter dem heiligen Papst Johannes Paul II. im Zusammenwirken mit dem Weltepiskopat entstand und 1993 veröffentlicht wurde. Wer sich auf dieses Fundament stützt, ein reges Gebetsleben pflegt und sich Kraft für sein Leben als Christ in den Sakramenten holt, wird nicht in die Irre gehen – selbst wenn aus Rom zweifelhafte Nachrichten zu hören sind. Zurück zur eingangs gestellten Frage, ob wir aus der Kirche austreten: Natürlich nicht. Denn Jesus Christus ist der Herr der Kirche. Er wird sie sicher auch durch die derzeit schwierigen Zeiten leiten. Er ist unsere Hoffnung. In dem bleiben, was von Anfang an gilt Für euch gilt: Was ihr von Anfang an gehört habt, soll in euch bleiben; wenn das, was ihr von Anfang an gehört habt, in euch bleibt, dann bleibt ihr im Sohn und im Vater. Und die Verheißung des Sohnes an uns ist das ewige Leben. Und jetzt meine Kinder, bleibt in Ihm, damit wir, wenn er erscheint, die Zuversicht haben und bei Seinem Kommen nicht zu unserer Schande von Ihm gerichtet werden. (1Joh 2,24-28) Ihnen hat der Artikel gefallen? 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