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| ‚Cancel Culture’ – Diktatur einer Minderheit27. Juli 2023 in Deutschland, 4 Lesermeinungen ‚Moralisierende Diskussionstabus’ gefährden die vom Grundgesetz intendierte Meinungsvielfalt. Abhilfe kann nur aus der Gesellschaft kommen. Berlin (kath.net/jg) Abhilfe könne aber nur aus der Gesellschaft selbst kommen, und zwar „entweder durch die Zivilcourage Einzelner oder argumentierende Gegenwehr anderer Gruppen“, schreibt Kirchhof in einem Beitrag in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) weiter. Die Warnung sei an sich nicht neu, erhalte aber besonderes Gewicht, wenn der ehemalige Vizepräsident des deutschen Bundesverfassungsgerichts sie in der wichtigsten juristischen Fachzeitschrift äußere, merkt Diringer an. „Nicht die Realität oder die Sorge des Äußernden um richtige Lösungen entscheiden über die Zulässigkeit von Diskussionsbeiträgen, sondern das Wohlbefinden des Zuhörers, dessen Empfindsamkeit nicht durch unerwünschte Meinungen gestört werden darf“, zitiert Diringer den Juristen. „Moralisierende Diskussionstabus“ würden die von Artikel 5 des Grundgesetzes intendierte Meinungsvielfalt in gleicher Weise wie staatliche Zensur und Aufsicht, schreibt Kirchhof weiter. Anders als bei staatlichen Eingriffen würde die Berufung auf Grundrechte aber hier nicht weiter helfen. Auch das Zivilrecht gebe selten Schutz, etwa bei Verletzungen der Persönlichkeitsrechte, stellt Diringer fest. Zu den Mechanismen der Diskursverhinderung gehöre die „political correctness“, die Begriffsverbote einführe, „um gesellschaftliche Fragestellungen von vornherein zu unterbinden“, schreibt Kirchhof. Dass sie sich „wie Mehltau über die Bundesrepublik“ gelegt habe, habe Professor Ingo von Münch bereits 1999 in der NJW festgestellt, merkt Diringer an. Die „Cancel Culture“, auf Deutsch mit „Zensurkultur“ übersetzbar, ziele hingegen auf die Person des Andersdenkenden. Er solle daran gehindert werden, sich frei zu äußern. Das geschehe durch Diskreditierung bis hin zur Vernichtung seiner sozialen Existenz aber auch durch Gewalt, schreibt Diringer. Durch die Identitätspolitik, die auf der Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen basiere, sei die „Familie der Diskurszerstörung“ weiter gewachsen. Dazu gehöre die „Wokeness“, ein Wort, das aus der Vergangenheitsform des englischen Verbs „to wake“ (dt. „aufwachen“) abgeleitet worden sei. Ursprünglich sei damit ein „erwachtes Bewusstsein“ für Rassismus und soziale Ungerechtigkeit bezeichnet worden. Mittlerweile führe sie, wie Kirchhof formuliere, zu einem „Diktat einer Minderheit“, schreibt Diringer weiter.
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