Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Bischof von Speyer voll auf Zeitgeistkurs
  2. „Was, wenn Prof. Striet den Opfertod Christi leugnet und niemand zuhört?“
  3. Wenn der Erzbischof von München das Trump-Bashing vom Spiegel nachplappert
  4. Papst Franziskus hat neue Regeln für kommende Papst-Beerdigungen festgelegt
  5. Linke Abtreibungsagenda soll auf den letzten Ampelmetern umgesetzt werden
  6. ARD zeigt Kabarettistin mit schweren Impfschäden nach Corona-Impfung
  7. Attacke auf die Schwarze Madonna im Kloster Einsiedeln
  8. Erlösung durch Jesu Kreuzestod: Nein Danke?
  9. Neuer Prediger des Päpstlichen Hauses relativiert kirchliche Lehre zur Homosexualität
  10. Wird mich das Tattoo heiliger machen?
  11. JESUS statt 'synodales Gerede' - Ein Geheimrezept (nicht) nur für Bischöfe!
  12. 'Ich denke einfach, dass Gott unser Bestes verdient'
  13. Alle Macht den synodalen Räten?
  14. Erhebliches Defizit bei Vatikan-Pensionsfonds: Papst schlägt Alarm
  15. Pro-Palästinensische Demo: Traditionelle Eröffnung des Weihnachtsfensters abgesagt

Bosnien und Herzegowina: „Eine Blamage für Europa“

23. April 2018 in Weltkirche, 3 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Warum immer mehr Katholiken das Land verlassen und wie die Kirche dennoch Versöhnung lebt, erklärt Bischof Komarica im Gespräch mit Tobias Lehner von „Kirche in Not“ Deutschland.


München (kath.net/KIN) Seit 23 Jahren schweigen die Waffen in Bosnien und Herzegowina. Doch das Land gleicht einem Pulverfass, erklärt Bischof Franjo Komarica (Siehe Foto unten) Der 72-Jährige leitet die Diözese Banja Luka im Norden des Landes – und ist ein Freund klarer Worte, besonders wenn es um die katholische Minderheit geht. Diese sieht er nämlich nach wie vor an der Rückkehr gehindert und wirtschaftlich, sozial und religiös benachteiligt. Schwere Vorwürfe erhebt er gegen die Regierungen Europas: Sie verschlössen die Augen vor der religiösen Diskriminierung.

Warum immer mehr Katholiken das Land verlassen und wie die Kirche dennoch Versöhnung lebt, erklärt Bischof Komarica im Gespräch mit Tobias Lehner von „Kirche in Not“ Deutschland.

Kirche in Not: Bischof Komarica, der Bosnienkrieg ist seit dem Abkommen von Dayton im Jahr 1995 offiziell beigelegt. Aber wie sieht es in der Realität aus?

Bischof Franjo Komarica: Die Waffen schweigen zwar, aber der Krieg wird mit anderen Mittel fortgeführt. Es herrscht ein „kontrolliertes Chaos“ in Bosnien und Herzegowina. Mein Eindruck ist, als sei weder die Regierung noch die internationale Gemeinschaft am Aufbau eines Rechtsstaats interessiert, in dem Gleichberechtigung unter den Volksgruppen und Menschenrechte auch für Minderheiten garantiert werden. Bosnien und Herzegowina steht bis heute faktisch unter dem Semiprotektorat der Vereinten Nationen. Ein Teil der Staatsgewalt wird von einem „Hohen Kommissar“ ausgeübt (seit 2009 der Österreicher Valentin Inzko; Anm. d. Red.). Aber er sagt, ihm seien hinsichtlich der politischen Entwicklung die Hände gebunden. Das Land ist nach wie vor in drei Volksgruppen gespalten: Kroaten, Serben, Bosniaken. Die Kroaten sind mehrheitlich katholisch und die kleinste Bevölkerungsgruppe. Sie orientieren sich nach Europa. Die Serben, mehrheitlich orthodox, stehen stark unter dem Einfluss Russlands. Und die muslimischen Bosniaken orientieren sich immer mehr in Richtung Türkei und der islamischen Welt. So entstehen gefährliche Zentrifugalkräfte. Und das schadet nicht nur dem Land, das schadet auch Europa!

Kirche in Not: Wie meinen Sie das?


Bischof Komarica: Das serbische und das bosnische Volk werden durch den ausländischen Einfluss absichtlich in Feindschaft gehalten. Das Land ist nach wie vor ein Pulverfass! Und die Kroaten sind dazwischen. Sie wurden während des Kriegs zu hunderttausenden vertrieben und können auch mehr als zwanzig Jahre danach nicht zurück, obwohl ihnen im Dayton-Vertrag ein Rückkehrrecht zugestanden wurde. Das Gegenteil ist passiert: Viele gehen auch jetzt noch ins Ausland. Wir haben von Seiten der Bischofskonferenz immer wieder gefordert, den Dayton-Vertrag zu ergänzen, um der kroatischen Minderheit mehr Sicherheit zu geben. Sie sind nach wie vor nicht gleichberechtigt.

Kirche in Not: Was sind die Gründe für diese Ungleichberechtigung der katholischen Minderheit?

Bischof Komarica: Die Kroaten werden nicht als konstitutive Volksgruppe für Bosnien und Herzegowina behandelt. Auch viele ausländische Regierungen erklären, dass für sie Bosnien und Herzegowina nur aus zwei Völkern besteht: den Serben und den Bosniaken. Das hat schwerwiegende Folgen, wie ein Beispiel aus der Republik Srpska zeigt (die Republik Srpska wurde im Vertrag von Dayton als „zweite Entität“ des Bundestaates Bosnien und Herzegowina geschaffen und umfasst weite Teil im Norden und Osten des Landes; Anm. d. Red.). Dort sind in den 69 Pfarreien, die vor dem Krieg dort bestanden, nur etwa fünf Prozent der Katholiken zurückgekehrt. Und in den anderen Landesteilen wandern jetzt sogar noch Katholiken ab. Die Kroaten haben weder politische, noch rechtliche, noch finanzielle Unterstützung. Es ist ihnen nahezu unmöglich, ihre Häuser wiederaufzubauen oder eine Arbeit zu finden. Sie werden systematisch diskriminiert. Das ist ein schwerer Schaden für das ganze Land. Das sehen im Übrigen auch die anderen Religionen so: Ich habe kürzlich mit dem bosnischen Großmufti gesprochen. Auch er sagt: „Wir brauchen die Kroaten unbedingt hier!“

Kirche in Not: Der ranghöchste Muslim im Land hat also das Problem erkannt. Tun es auch seine Glaubensgeschwister? In jüngster Zeit war zu hören, dass sich auch in Bosnien und Herzegowina Muslime radikalisieren ….

Bischof Komarica: Ja, diese Entwicklung gibt es. Aber noch schlimmer als die religiöse ist die existenzielle Diskriminierung. Um es klar zu sagen: Auch unter Verfolgung können wir unseren Glauben bewahren – und das haben wir auch getan. Aber wenn die Katholiken kein Recht haben auf ihre Heimat und ihr Eigentum, dann wirkt das noch zerstörerischer. Ein Beispiel: Der Bürgermeister eines Ortes in meiner Diözese sagte mir: „Ihr dürft hier keine Kirche bauen.“ Dabei hatte es dort vor dem Krieg eine katholische Pfarrei gegeben! Er hat auch kein Recht dazu, denn in der Verfassung von Bosnien und Herzegowina ist Religionsfreiheit garantiert. Also habe ich Widerspruch eingelegt. Aber auch die übergeordnete Stelle hat mich abgewiesen. Schließlich bin ich zum Vertreter der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, zuständig für die Koordination des Wiederaufbaus; Anm. d. Red.) gegangen. Er sagte mir: „Bischof, ich verbiete Ihnen eine Kirche zu bauen!“ Ich habe ihm die Bilder der alten Pfarrkirche gezeigt und auch das Bild des Pfarrers, der im Krieg ermordet wurde. Er hat sich weder entschuldigt, noch den Kirchenbau erlaubt. Das ist ein offener Angriff auf die katholische Kirche. Mir wurde auch wiederholt gesagt: „Ihr Katholiken müsst aus dem Land verschwinden.“

Kirche in Not: Diese dramatische Situation der Katholiken in Bosnien und Herzegowina ist im Ausland nur wenig bekannt. Was fordern sie von der internationalen Gemeinschaft?

Bischof Komarica: Die Politiker müssen endlich Farbe bekennen und diese schwere Diskriminierung mitten in Europa verurteilen. Das gilt besonders für die Christen. Ich erwarte von denjenigen, die es ernst mit dem Glauben meinen, dass sie sich auch für die entrechteten Menschen in meiner Heimat einsetzen – mit Worten und Taten. Bislang verhallten unsere Appelle ungehört. Das ist eine Blamage für Europa! Quo vadis, Christentum in Europa? Wie wollen wir anderen Völkern unsere christlichen Werte näherbringen, wenn wir solch eine Entwicklung im eigenen Haus zulassen und wegschauen?

Kirche in Not: So viel Hass und Zwietracht wurde in Bosnien und Herzegowina gesät. Was kann die katholische Kirche dennoch tun, damit die Gesellschaft wieder zusammenfindet?

Bischof Komarica: Wir Katholiken sind die älteste Glaubensgemeinschaft des Landes. Wir fühlen uns verpflichtet, dass unsere Heimat zu einem gerechten und dauerhaften Frieden findet! Wir leisten Versöhnungsarbeit vor allem durch unsere sozialen Angebote und die Bildungsarbeit, vor allem in unseren katholischen Schulen. Auch wenn wir von der Politik für diesen Einsatz bestraft werden! Deshalb bin ich Hilfswerken wie „Kirche in Not“ so dankbar, dass sie auf unser Schicksal aufmerksam machen und uns unterstützen. Ich werde weiter für die Wahrheit eintreten, obwohl ich dafür bereits tätlich angegriffen wurde. Unsere Gegner werden gewinnen, wenn wir schweigen!

Das weltweite päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ steht seit über drei Jahrzehnten den Katholiken Bosniens und Herzegowinas bei. Die Hilfe umfasst vor allem den Wiederaufbau kriegszerstörter Kirchen, Klöster und die Renovierung eines Priesterseminars. Darüber hinaus unterstützt „Kirche in Not“ auch die Anschaffung von Fahrzeugen für die Seelsorge, den Aufbau von Pastoralzentren, die Ausbildung von Priestern und Ordensleuten und leistet Existenzhilfe für kontemplative Klöster. Auch die kirchliche Jugend- und Medienarbeit gehört zu den Förderprojekten. Um weiter helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden.

Kirche in Not Deutschland

Kirche in Not Österreich

Kirche in Not Schweiz

Junge Katholiken aus Sarajevo bei einer Wallfahrt


Franjo Komarica, Bischof von Banja Luka/Bosnien und Herzegowina



Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

 Konrad Georg 26. April 2018 
 

All das ist mir

Stubenhocker seit vielen Jahren bekannt.
In katholischen "Blättchen" (nur wg der Auflage), evangelischen und rechten Publikationen findet man immer wieder Nachrichten. Das Internet nicht zu unterschlagen.
Nur bei den "Qualitätsmedien" findet man derartiges nur sehr selten.


0
 
  23. April 2018 
 

Gut, daß

Mgr. Komarica neben den Einfluß der Türkei ebenso denjenigen der Russen erwähnt. Dieser nämlich ist für Katholiken in der fraglichen Region keineswegs weniger gefährlich. Gerade in dem in der sog "Republika Srpska" gelegenen leidgeprüften Bistum, dem der Bischof Komarica vorsteht zeigt sich das mehr als eindrücklich.


4
 
  23. April 2018 
 

Einfluss aus der Türkei

Es ist doch schon lange bekannt, dass die Balkanstaat von der Türkei beeinflusst und finanziell ummanipuliert werden - damit sich dort der Islam immer mehr ausbereitet und die Christen sich zudrängen. Diese Entwicklung ist bereits bekannt - aber wird von der EU natürlich ignoriert - weil die christlichen Werte die EU nicht interessieren. Wenn Europa seine christlichen Wurzeln und Werte verkennt und leugnet, wird es hier stück für stück für alle Nationen bergab gehen!


8
 

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Bosnien-Herzegowina

  1. Bosnien und Herzegowina: „Katholiken werden in jeder Hinsicht benachteiligt“
  2. Bosnien und Herzegowina: „Dayton-Vertrag hat keinen stabilen Frieden geschaffen“
  3. Bosnien und Herzegowina: Die Vergessenen
  4. Stärker als Kommunismus und Krieg
  5. „Für Katholiken gibt es keine Gleichberechtigung“
  6. Schönborn: EU-Beitritt Bosniens wäre "guter Schritt"
  7. „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“
  8. „Bosnien-Herzegowina ist der Lackmustest für die Prinzipien der EU“
  9. Bosniens Katholiken: Minderheit mit ungewisser Zukunft
  10. Bosniens Bischöfe beklagen Verdrängung der Kroaten







Top-15

meist-gelesen

  1. Heiliges Jahr - Große ROMREISE zu OSTERN 2025 - 9 Tage - Mit Assisi, Loretto, Manoppello und Padua
  2. JETZT ANMELDEN - Große Baltikum-Reise mit kath.net - Spätsommer 2025
  3. Wenn der Erzbischof von München das Trump-Bashing vom Spiegel nachplappert
  4. Unmittelbar vor der Todesspritze: Niederländerin (22) sagt NEIN zur Euthanasie
  5. Attacke auf die Schwarze Madonna im Kloster Einsiedeln
  6. Bischof von Speyer voll auf Zeitgeistkurs
  7. Linke Abtreibungsagenda soll auf den letzten Ampelmetern umgesetzt werden
  8. Erlösung durch Jesu Kreuzestod: Nein Danke?
  9. „Was, wenn Prof. Striet den Opfertod Christi leugnet und niemand zuhört?“
  10. Covid-Impfung verweigert – Katholikin erhält 12,7 Millionen Dollar nach ungerechtfertigter Kündigung
  11. Neuer Prediger des Päpstlichen Hauses relativiert kirchliche Lehre zur Homosexualität
  12. Beeindruckend: Volvo präsentiert Werbung, die eine ungeplante Schwangerschaft und das Kind bejaht
  13. Wird mich das Tattoo heiliger machen?
  14. JESUS statt 'synodales Gerede' - Ein Geheimrezept (nicht) nur für Bischöfe!
  15. Papst Franziskus hat neue Regeln für kommende Papst-Beerdigungen festgelegt

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz